Ratingen Bernd Stelter kann viel mehr als nur Karneval

Ratingen · Der bekannte Entertainer, der auch ein glänzender Kabarettist sein kann, überzeugte mit seinem Programm in der Dumeklemmerhalle.

Manch einer mag sich gedacht haben, was denn bitte schön an einem Adventsabend in Ratingen ein Auftritt von Bernd Stelter sollte. Der gehöre doch bitte schön in den Karneval, aber nicht in die Dumeklemmerhalle. Ein scheinbar weit verbreitetes Vorurteil, denn anders ist es wohl kaum zu erklären, dass gerade einmal rund 250 Menschen im Saal saßen. Die waren spätestens nach den rund zweieinhalb Stunden mit dem sympathisch rüber kommenden Stelter eines Besseren belehrt worden: Dieser Mann kann weitaus mehr als Karneval und Gute-Laune-Musik, dieser Mann ist ein Kabarettist, wie es leider nur noch wenige in diesem Land gibt — und dabei auch noch ein verdammt guter Liedermacher mit sehr viel Tiefgang.

Sicher, Stelters Party-Gassenhauer "Ich hab' drei Haare auf der Brust", bei dem die Zuschauer nahezu geschlossen mitsangen, durfte nicht fehlen, aber es waren vor allem die leisen Töne am Flügel, die in Erinnerung blieben: zum Beispiel die grandiose Zugabe "Ich bin ein Clown" über das Lächeln eines Clowns — sensibel, fast liebevoll nahm Stelter das Publikum mit auf die Reise in die Gefühlswelt eines Zirkusclowns. Das war beeindruckend — vor allem, weil es eben überraschend war.

Schon im ersten Teil seines Programms "Mundwinkel hoch" hatte Stelter gezeigt, dass er weit mehr kann, als man es von seinen (übrigens sehr guten) Auftritten in der fünften Jahreszeit kennt: Mit seiner Ballade über seine Gefühle anlässlich des Mauerfalls, den er selbst in Berlin während eines Auftritts erlebte, schaffte er es binnen kürzester Zeit, das Publikum zum Nachdenken über einen doch so wichtigen Begriff wie Freiheit zu bewegen. Das hatte schon Gänsehaut-Charakter. Natürlich durfte aber auch herzhaft gelacht werden.

Mit seinem Programm tourt Stelter zwar schon im dritten Jahr durch die Lande, aber inaktuell oder gar weniger lustig ist es deswegen noch lange nicht. Wenn Stelter in eng anliegender Sporthose seine Erfahrungen aus dem Fitnessstudio vorspielt, ist das brüllend komisch. Oder Stelter als 16-Jähriger mit in den Kniekehlen hängender Hose: So mancher im Saal dürfte da an den eigenen Sohnemann gedacht haben. Die Reihe ließe sich beliebig fortführen, wobei Stelter etwas schafft, was nur die Wenigsten seiner Zunft mittlerweile beherrschen: Er gleitet nie ins Schlüpfrige ab. Wer da nicht lacht, ist selber schuld. Zumal Stelter eingangs ja erklärt hat: Lachen ist gesund. Es verbessert die Durchblutung, Cholesterin wird verbrannt, die Herzinfarktgefahr gesenkt. Zwanzig Sekunden lachen entspricht der körperlichen Leistung von drei Minuten schnellem Rudern. "Am Ende der Show sollten Sie also kalorientechnisch mit dem Deutschlandachter von Koblenz nach Duisburg gebrettert sein", meinte Stelter. Mindestens.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort