Das Ausstellungsprogramm So wird das Jahr 2023 im Museum Ratingen

Ratingen · Für das Jahr 2023 hat das Museum Ratingen große Pläne. Es gibt allein drei Sonderausstellungen. Wir stellen Künstler und Themen vor.

Arbeitsfoto aus dem Atelier von Jan Kolata. Seine Ratinger Ausstellung eröffnet das Museumsjahr.

Arbeitsfoto aus dem Atelier von Jan Kolata. Seine Ratinger Ausstellung eröffnet das Museumsjahr.

Foto: RP/VG Bildkunst Bonn 2023

Die lichten und weitläufigen Ebenen des Neubaus werden ganz unterschiedlich bespielt mit abstrakter sowie gegenständlicher Malerei, Video- und Klanginstallationen und keramischer Plastik begleitet von Aquarellmalerei. Herausragende Werke aus der Ratinger Sammlung erscheinen in neuem Licht zusammen mit einer Auswahl der Dauerleihgaben der Sammlung Ganteführer mit Fokus auf Art Informel und Tachismus im Dialog mit dokumentarischen Fotoporträts der gezeigten Künstler. Außerdem noch zu sehen bis Ende Januar sind die laufende Werkschau mit Fotoarbeiten von Ralf Brueck (Finissage am Sonntag, 29. Januar, 11.30 Uhr) und die aktuelle Sammlungspräsentation Fahrt ins Blaue (verlängert bis 26. Februar).

Das neue Ausstellungsjahr beginnt am 24. Februar, Eröffnung 19 Uhr, mit einer Ausstellung der abstrakten Malerei von Jan Kolata, Jahrgang 1949. Der Schwerpunkt liegt auf den neuen, teils großformatigen Bildern des letzten Jahrzehnts, die im Erdgeschoss des Museums präsentiert werden. Kolata studierte an der Düsseldorfer Kunstakademie, wo er 1977 bei Erich Reusch seinen Abschluss machte. Später lehrte Kolata selbst in Münster und Basel, bis 2016 hatte er eine Professur für Malerei an der Technischen Universität Dortmund, zudem rege Ausstellungstätigkeit im In- und Ausland.

Das visuelle Eintauchen in Kolatas farbintensive, vielschichtige Farbwelten ist ein Genuss. Sein spielerischer und zugleich analytischer Umgang mit dem Farbmaterial scheint unerschöpflich, die Wirkung von Farbe und Raum wird intensiv untersucht. Die Arbeit mit „gesteuertem Zufall“ bei der Entstehung der Bilder spiegelt den Malprozess selbst - ein Schütten, Verstreichen und Wischen der Farbströme von allen Seiten. Dieses Darstellen der Transformation des Farbflusses zur Momentaufnahme von Malerei und eine unergründliche Räumlichkeit erreicht Kolata durch transparente Lasuren oder dichte Überlagerungen von Farbschichten. Auch neue großformatige Arbeiten entstehen eigens für die Ausstellung.

Mit Jan Stieding, Jahrgang 1966, folgt ab 31. März eine weitere malerische Position. Diese Einzelausstellung – Thema „Draußen“ – des ebenfalls in Düsseldorf lebenden, gegenständlichen Malers findet im Obergeschoss des Museums statt. Durch die zeitliche Überschneidung mit Jan Kolatas Ausstellung können zwei unterschiedliche Positionen aktueller Malerei in Gegenüberstellung betrachtet werden.

Jan Stieding begann 1991 sein Studium an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden und wechselte dann an die Kunstakademie Düsseldorf, wo er Meisterschüler von Jörg Immendorff und später nach seinem Abschluss 1998 auch dessen Assistent wurde.

Jan Stieding greift in der malerischen Umsetzung, die sich frei an der Grenzlinie zwischen figurativer Darstellung und Abstraktion (Unschärfe, Verwischung) bewegt, den Zeitgeist auf. Die aktuelle Werkserie Birken begann er im Lockdown des Jahres 2021. Sie besteht aus fortlaufenden kleinformatigen Gemälden, die der Künstler draußen in der freien Natur malt. Stetig wiederkehrendes Motiv ist der Birkenstamm. Hiervon ausgehend entstehen im Atelier groß- und mittelformatige Bilder. Weiße Birkenstämme leuchten vor weißem Farbraum, mal in der Gestik der Äste, mal in ihren typischen Kontrasten, doch stets als lebendige Wesen. Wie Tagebuchnotizen geben sie eine subjektive Sichtweise auf eine Zeit im Ruhezustand wieder, die den konzentrierten Blick auf die umgebende Natur und das Private einfordert.

Die in Ratingen geborene Medienkünstlerin Annebarbe Kau, Jahrgang. 1958, bespielt ab 12. Mai (bis 20. August) den Projektraum im Erdgeschoss des Museums als Kontrapunkt zu den beiden Malereiausstellungen. Die Meisterschülerin von Nam June Paik  zeigt eine Videocollage auf fünf Monitoren mit Filmen aus unterschiedlichen Schaffensphasen. Das früheste Video entstand während eines Stipendiums in New York in den 80er Jahren, eigens für Ratingen konzipiert ist ihr aktuelles Thema ‚Diamanten‘. Die Künstlerin begibt sich auf Spurensuche nach Schätzen innerhalb des eigenen Œuvres, die sie kombiniert mit neuen Aufnahmen von 2023 in den Schatzkammern von Dresden.

Zum Auftakt der Kultursaison im Herbst wird am 20. August, 11.30 Uhr,  eine neue Sammlungspräsentation eröffnet: Moderne und zeitgenössische Werke veranschaulichen Stationen der Kunstentwicklung seit 1945. Für die Präsentation im Erdgeschoss kann das Museum Ratingen aus dem Vollen schöpfen – eigener Sammlungsbestand und hochkarätige Dauerleihgaben aus der Sammlung Ganteführer werden zusammen gezeigt in monografischen Künstlerräumen. Es sind Positionen des Informel wie Peter Brüning, Emil Schumacher, Gerhard Hoehme und Hann Trier, ergänzt durch Fotoporträts. Diese crossmediale Auflockerung verdeutlicht lebendig die Relevanz herausragender klassischer Positionen für die Jetztzeit.

Im Werk von Carol Pilars de Pilar  nimmt der Mensch eine zentrale Rolle ein. Seit 2004 entstehen Porträts auf Papier, ihre Modelle malt die Künstlerin ohne Vorzeichnung direkt in Aquarellfarbe. Dabei lässt sich eine intensive Hinwendung zu den porträtierten Personen spüren, deren Alter und Herkunft sehr unterschiedlich sind. In jüngster Zeit macht die Künstlerin Audioaufnahmen, in denen die Porträtierten von ihrem Leben und Erfahrungen im Alltag erzählen.

Eine solche neue Soundinstallation in 30 Sprachen ist auch Teil der Ratinger Ausstellung, zu erleben vom 22. September 2023 bis 4. Februar 2024.  Die verschiedenen Sprachen vermischen sich zu einer vielstimmigen Melodie, einzelne Stimmen erkennbar, andere fremd. Der Besucher hört die Klänge und schreitet durch eine Installation von langen Stoffbahnen. Ganz gegensätzlich hierzu zeigt die Künstlerin außerdem expressive, eher kleine Tonfiguren. Die unterschiedlichen Figuren werfen Fragen zu den Themen Weiblichkeit, Männlichkeit und Transgender auf. Carol Pilars de Pilar, geboren in Bad Godesberg, begann 1980 als Restauratorin an verschiedenen Museen und arbeitet seit 1985 als freischaffende Künstlerin, sie lebt in Düsseldorf. Die Ausstellung im Museum Ratingen findet im Obergeschoss statt. Die eingehende Beobachtung der menschlichen Figur und das Medium Keramik schlagen eine Brücke zur museumseigenen Porzellansammlung von Johann Peter Melchior.

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