Ratingen Auf Schatzsuche in St. Peter und Paul

Ratingen · In der Kirche gibt es Schätze zu entdecken, die den größten Teil der Zeit im Verborgenen bleiben. Kostbare Kelche gehören dazu.

 Aus diesem Silberpokal wurde Johanniswein getrunken.

Aus diesem Silberpokal wurde Johanniswein getrunken.

Foto: Blazy Achim

Auf die Monstranz richtet sich der Blick beinahe automatisch, wenn ein Besucher die Kirche St. Peter und Paul betritt. In gedämpftem Licht leuchtend steht sie - hinter Panzerglas. Der wohl bedeutendste Kunstschatz der Pfarre stammt aus dem Jahr 1394 - und ist sicherheitstechnisch mit allen Mitteln der Moderne geschützt.

 Das Ciborium ist ein Aufbewahrungskelch für Hostien.

Das Ciborium ist ein Aufbewahrungskelch für Hostien.

Foto: Blazy Achim

Details dazu verrät Hans Müskens selbstverständlich nicht. Dem kundigen Führer durch die Kirche sind ganz andere Dinge wichtiger. Zum Beispiel, dass man durch das Panzerglas auch ein fast verborgenes unteres Fach sehen kann - voll mit Reliquiaren, von denen jedes seine eigene Geschichte zu erzählen hätte. Dass die Ratinger Monstranz an ihrem aktuellen Platz steht, ist ziemlich weltlichen Umständen zu verdanken. Es geht letztlich um Versicherungs- und Brandschutz.

Genau wie bei einem anderen Einrichtungsgegenstand in der Sakristei. Hier gibt es eine mannshohe Tür, die nur im weiteren Sinne eine ist. Sie gehört zum Tresor. "Der wurde Ende des 19. Jahrhunderts im Zuge einer Kirchenerweiterung mit eingebaut", sagt Müskens. Zur Sicherheitsausstattung gehört seither ein Schlüssel - so lang, dass er aus Gründen besserer Handhabbarkeit eingeklappt werden kann wie ein überdimensionales Taschenmesser. Dass die Gemeinde schon zu dieser Zeit auf Nummer sicher ging, mag der Laie daran erkennen, dass es schon etwas Kraft braucht, den Tresor zu öffnen. Drinnen, in der eher harmlos aussehenden Tür, ist reichlich Edelstahl verbaut.

Aber es ist weit weniger die Sicherheitstechnik, die Hans Müskens seit jeher fasziniert. Schon eher der kostbare Inhalt. Gern zeigt er Besuchern den Schatz von St. Peter und Paul. Der nimmt sich - allein wenn man die Sammlung prachtvoller Kelche betrachtet - so aus wie eine Zeitreise durch mehrere Jahrhunderte Kirchengeschichte. Von der Spätgotik des 15. Jahrhunderts bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts reicht die Spanne.

Ins Auge fällt sofort ein Ciborium, ein Aufbewahrungskelch für Hostien aus vergoldetem Silber, vom Anfang des 20. Jahrhunderts. Sein eigentlicher Platz ist der Tabernakel im Altarraum. Das Prachtstück gibt zumindest ein kleines Rätsel auf. Was genau auf dem 26 Zentimeter hohen Kelch dargestellt wird, ist nicht restlos geklärt. In seinem Standardwerk über St. Peter und Paul nennt der ehemalige Ratinger Museumsleiter Heinz Peters Details. Die Emaileinlagen am runden Fuß des Gefässes zeigen die Propheten Daniel, Jesaja, Jeremias und Ezechiel, darüber die vier Evangelisten. In vier weiteren Feldern des Deckels sind dargestellt: Abraham und Isaak, Melchisedek, das Mannawunder und - hier die Unklarheit - Christus mit drei Personen beim Mahl, möglicherweise die Emmaus-Jünger. Der Deckel, 15 Zentimeter hoch, zeigt weiterhin Bilder der Kirchenväter Gregorius, Ambrosius, Hieronymus und Augustinus. Geschaffen wurde der Kelch von dem Düsseldorfer H. J. Wilms.

Zuletzt bietet das Ciborium noch ein verrätseltes Chronogramm. Die Inschrift in lateinischer Sprache nennt die Stifterin des Ciboriums, Sibylla Kemperdick, geb. Kohnen. Und die Großbuchstaben (Versalien) der Inschrift ergeben, als Zahlenwerte gelesen, addiert die Jahreszahl der Stiftung: 1913.

Gut 250 Jahre älter ist ein Silberbecher, der sich gegenüber dem Ciborium eher unauffällig ausnimmt. Der ziselierte Silberpokal ist 26 Zentimeter hoch. Er zeigt in drei ovalen Medaillons Maria mit Kind, den Evangelisten Johannes und Petrus. Die Erklärung des Kunsthistorikers Peters dazu: "Aus dem Becher wurde der Johanniswein gereicht, der am Festtag des Heiligen und zeitweilig auch bei Eheschließungen getrunken wurde."

Allein 40 der gut 200 Seiten in Peters' Werk beschäftigen sich mit dem Kirchenschatz der Ratinger Pfarrkirche. Außerdem erläutert er die Bauphasen im Detail.

"Das Buch kam zuerst in den 50er Jahren heraus", weiß Müskens. Angeregt vom damaligen Pfarrer Werner Oermann, erschien 1998 eine zweite, erweiterte Auflage. In seinem Geleitwort schrieb Oermann seinerzeit auch vom Anlass der Neuauflage: Es war der Wiedereinzug in die Pfarrkirche nach zweijähriger Renovierung.

Für alle Interessenten hat Müskens in der kommenden Woche in besonders Angebot parat: Am Montag, 11. Juni, sind Eltern mit ihren Kindern (von fünf bis zehn Jahren) bzw. die Großeltern mit ihren Enkelkindern wieder einmal zu einer Kirchenführung in St. Peter und Paul eingeladen. Diesmal heißt es "Über den Dächern von St. Peter und Paul". Eva und Hans Müskens gehen mit den Besuchern in den Turm der Pfarrkirche und erzählen hier Geschichten zur Michaelskapelle. Spannend ist der Gang über das Gewölbe der Kirche und der Besuch bei den Glocken. Die Führung beginnt um 16 Uhr. Treffpunkt ist die Taufkapelle. Es ist eine Gemeinschaftsveranstaltung mit der katholischen Familienbildungsstätte.

(RP)
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