Ratingen Auf der Jagd nach dem großen Schnäppchen

Ratingen · Die Stadt versteigert jährlich nicht abgeholte Fundsachen. In diesem Jahr kamen zum Beispiel rund 200 Fahrräder unter den Hammer.

 Axel Stein (vorne links) und sein Kollege Frank Meißner hatten bei der Fundsachen-Versteigerung jede Menge zu tun.

Axel Stein (vorne links) und sein Kollege Frank Meißner hatten bei der Fundsachen-Versteigerung jede Menge zu tun.

Foto: Achim Blazy

Nein, einen Hammer hat Frank Meißner nicht. Hätte er einen, er würde wohl überhaupt nicht aus dem Klopfen heraus kommen. "Zum Ersten, zum Zweiten und zum Dritten. Zuschlag an den Herrn in der ersten Reihe." Meißner, Leiter des städtischen Bürgerbüros, hat alle Hände voll zu tun an diesem Mittag. Denn es ist überraschend voll im großen Saal der Stadthalle. Fast 80 Personen sitzen im Raum. Sie alle eint eins, die Suche nach dem großen Schnäppchen - Fundsachenversteigerung.

"Na, suchst Du auch was Schönes für Deinen Enkel", begrüßt ein Besucher einen Bekannten. Die Antwort kommt prompt: "Klar, hier kannst Du doch richtige Schnäppchen machen." Alleine fast 200 Fahrräder, die in den vergangenen knapp anderthalb Jahren im Stadtgebiet gefunden und niemandem zugeordnet werden konnten, kommen unter den - nicht vorhandenen - Hammer. "Startgebot sind jeweils zwei Euro", erklärt Meißner.

Und dann geht es los im Saal, wie ein Maschinengewehrfeuer schießen dem Leiter des Bürgerbüros und seinem Kollegen Axel Stein die Gebote aus dem Saal um die Ohren. "Vier Euro", "fünf Euro" - innerhalb von nicht einmal einer halben Minute ist das erste Fahrrad für 13 Euro über den Tisch gegangen. "Bezahlt werden kann nur mit Bargeld und in Euro", erklärt Meißner noch einmal die Regeln. Die beiden frisch gebackenen Fahrradbesitzer hören aber schon gar nicht mehr zu, stehen bereits am Rande der Stuhlreihen an der Kasse und zählen Meißners Kolleginnen das Geld vor.

Bereits eine Stunde vor Versteigerungsbeginn haben sich die ersten Neugierigen in der Stadthalle versammelt und einen Blick auf die möglichen Schnäppchen geworfen - so wie Frederik Kaiser: "Ich repariere Fahrräder und verkaufe sie dann. Das macht mir Spaß und bringt ein bisschen Geld in die Kasse." Doch nicht nur Drahtesel warten auf neue Besitzer. Auch drei Roller stehen im Saal, dazu diverse Mobiltelefone, Fotoapparate oder sogar Schmuckstücke, die die Besitzer irgendwo verloren, aber dann nie im Fundbüro abgeholt haben.

"Des einen Leid ist des anderen Freud'", sagt Elisabeth Schneider. Sie ist extra aus Düsseldorf angereist: "Ich mag diese Versteigerungen. Da trifft man interessante Menschen und findet sogar das eine oder andere Schnäppchen", erzählt die 69-Jährige: "In Düsseldorf habe ich so sogar schon einmal einen fast neuen Fernseher für unter 30 Euro ersteigert."

Ein Fernsehgerät gibt es in Ratingen zwar nicht. Dafür laufen die Fahrräder auch nach einer Viertelstunde wie das sprichwörtliche "geschnitten Brot". Meißner und Stein kommen gar nicht so nach, alle Meldungen direkt zu sehen. Manch einer lässt den Arm gleich dauerhaft oben. "Wichtig ist es, sich ein Limit für jeden Gegenstand zu setzen, den man haben möchte", sagt einer - und schiebt schon das dritte Fahrrad nach hinten in die Halle. 35 Euro hat er in die Stadtkasse gespült für dieses Exemplar, das für den Laien eher aussieht, als wäre es zu nichts mehr zu gebrauchen. Der Experte sieht's anders: "Quatsch, da kann man noch was draus machen."

Aber nicht nur Schnäppchenjäger sind in die Stadthalle gekommen. Auch der eine oder andere, dessen Fahrrad geklaut wurde, will sich einen Überblick verschaffen. Vielleicht ist das gute Stück ja irgendwie im Fundbüro gelandet. Und wenn nicht, lockt vielleicht immerhin ein Schnäppchen, wenn Meißners imaginärer Hammer fällt.

(RP)
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