Soziales Auch in Ratingen gibt es Obdachlose

Obdachlosigkeit ist überall, auch in kleinen Städten wie Ratingen. Karin Knokowsi vom SkF erklärt, wie sie verhindert werden kann.

 Obwohl es in Ratingen nur wenige Obdachlose auf den Straßen gibt, besteht das Problem auch hier.

Obwohl es in Ratingen nur wenige Obdachlose auf den Straßen gibt, besteht das Problem auch hier.

Foto: dpa/Paul Zinken

In großen Städten wie Berlin, Hamburg und Düsseldorf sieht man sie überall: Obdachlose, die sich an Bahnhöfen, unter Brücken oder auf der Straße aufhalten. In Ratingen scheint Obdachlosigkeit auf den ersten Blick kein Thema zu sein. Aber auf den zweiten: „Nur, weil sie nicht sofort ersichtlich sind, heißt es nicht, dass die Stadt keine Obdachlosen hat“, sagt Karin Knakowski, Koordinatorin der Wohnungslosenhilfe.

Im vergangenen Jahr haben sich 304 Ratinger Haushalte an die Fachberatungsstelle für wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen gewendet. Davon waren 100 Haushalte von einer Räumungsklage betroffen. „Vor zwei Jahren waren es nur 56 – die Anzahl hat sich also verdoppelt.“ Um Obdachlosigkeit gar nicht erst entstehen zu lassen, greifen Knakowski und ihre Mitarbeiterinnen ein, wenn es noch nicht zu spät ist. „Früher ging es darum, bereits bestehende Obdachlosigkeit zu beseitigen. Heute steht die Prävention im Fokus.“ Entscheidend ist dafür der Zeitpunkt: Eine Räumungsklage soll gar nicht erst vollzogen werden. Dies habe Vorteile für Mieter und Vermieter, auf die „schnell mal 3000 bis 4000 Euro zukommen“. Eingegriffen werden muss, „bevor die ganze Maschinerie in Gang gesetzt wurde“.

Im Idealfall melden sich Betroffene selber. Die Fachberatungsstelle am Stadionring 19 gilt als erste Anlaufstelle für Menschen, denen der Verlust der eigenen Wohnung droht. Mit Angeboten wie Notschlafplätzen, Duschgelegenheiten und Tagesaufhalten mit Internetzugang werden Betroffene aufgefangen. Dies sei aber meist nicht der Fall. „Viele stecken den Kopf in den Sand, sind mit der Situation überfordert und holen sich keine Hilfe“, erklärt Knakowski. Wichtig sei daher die aufsuchende Arbeit: Droht eine Räumungsklage, versucht das Team von MoWing+, ein Projekt, das seit 2016  vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales gefördert wird, Betroffene anzutreffen und Hilfe anzubieten. Die Adressen erhalten sie von der Stadt Ratingen, die als Kooperationspartner des Projektes die vom Amtsgericht gesendeten Mitteilungen bevorstehender Räumungsklagen an die Wohnungslosenhilfe weiterleitet.

Bis zu drei Mal am Tag klingeln sie dann an der Haustür. Haben sie Erfolg, sind die potentiell Wohnungslosen meistens erleichtert und lassen sich gerne helfen. „Vorher haben wir versucht, Betroffene erst einmal anzuschreiben, das hat nicht so gut funktioniert. Die aufsuchende Arbeit ist zwar zeitaufwändiger, aber auch sehr viel effektiver“, erklärt Knakowski. In diesem Jahr haben sie von den 100 Haushalten, die von einer Räumungsklage betroffen waren, 50 Wohnungen erhalten können.

Hoch sei auch die Anzahl derer, die ihre postalische Erreichbarkeit bei der Wohnungslosenhilfe angemeldet haben. „Fast 300 Menschen lassen sich ihre Post hierhin schicken.“ Dies zeige die hohe Anzahl „verdeckter Obdachloser“, die bei Freunden, Bekannten oder der Familie unterkommen, aber wohnungslos sind.

Viele davon seien Jugendliche, die von Couch zu Couch wandern. 25 Prozent der Obdachlosen in Ratingen sind unter 25, aber auch 70- und 80-Jährige sind betroffen. „Obdachlosigkeit betrifft alle Altersklassen und Geschlechter.“

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