Ratingen Au-Pair-Mädchen wird Altenpflegerin

Ratingen · Nichts gegen Hund und Katze, Huhn und Schwein, Kuh und Pferd - aber im Anschluss an ein wirklich gutes Kinderleben in einem Dorf in der Süd-Ukraine strebte Anna Dorotiuk vielleicht nicht unbedingt nach mehr Eleganz, aber doch nach mehr städtischem Leben mit mehr Menschen. Und sie packte ihre Zukunft an.

Dazu gehört nicht nur der eigene feste Wille, dazu gehören auch Eltern ohne Helikopter-Ambitionen und ein blitzgescheiter Verstand, der da rät, wie man den weiteren Weg schafft und wo man Hilfe bekommt, welche Voraussetzungen zu erfüllen sind und was in der Fremde droht, was in die Fremde lockt und worauf man sich einlässt. Nicht leicht, wenn man 18 Jahre alt ist - aber in dem Alter sicher von weniger Bedenken eingetrübt als in den späten Dreißigern.

Anna hatte sich über eine seriöse Organisation als Au-pair-Mädchen bei einer Arztfamilie mit drei kleinen Kindern verpflichtet. Der Start in die neue Welt begann dann etwas holprig, weil die Familie unerwartet noch zwei Tage im Urlaub war und sich die junge Frau aus der Ukraine erst einmal selbst ein Hotelzimmer suchen und abwarten musste. Damals sprach sie noch kein Wort Deutsch.

Man fand zueinander. Und die wenigsten Probleme gab es mit den Kindern: Das Dreijährige war noch mit der Wortfindung beschäftigt, und die sieben Monate alten Zwillinge verstanden erst mal jede Sprache richtig - Hauptsache, sie kam liebevoll rüber. Ein Jahr gab sie ihre ganze Kraft in den gastgebenden Haushalt. Einmal besuchte sie ihre Familie in der Ukraine.

Dann war die vereinbarte Zeit als Au-pair vorbei und das Visum auch fast. Also suchte Anna eine neue Betätigung und fand sie in einem Behindertenheim in Unterrath - als Teilnehmerin des Freiwilligen Sozialen Jahrs.

Sie hat mit den jungen und älteren Leuten gespielt und sie betreut, so weit sie es konnte und stellte nach anfänglichem Eingewöhnen fest, dass das tatsächlich ihr Ding ist. So war es gar keine Überraschung, dass sie schon 2015 in das Seniorenzentrum Marienhof übernommen wurde. Die Augen hatte sie die ganze Zeit für eine Anschlusstätigkeit sets offen gehalten. Es dauert nicht mehr lange, dann ist sie "examinierte Altenpflegefachkraft" und bleibt im Team.

Das würde sicher jeder tun, denn für Anna stimmt nicht nur das Gehalt, sondern auch die ganze Atmosphäre. Ganz ohne Zweifel kommt sie mit den Bewohnern, denen mit und denen ohne Gedächtnis, wirklich gut aus. Und sie liebt den Job - was man sich nicht eigens erklären lassen muss. Sie findet auch die Honorierung voll in Ordnung.

Und die Kollegen sagen über Anna: "Sie ist sehr positiv im Umgang mit den Bewohnern und hat vor allem keine Berührungsängste, was wichtig ist. Trotz aller Anstrengungen, die der Alltag mit sich bringt, ist sie der Beweis dafür, dass man an dem Beruf richtig viel Freude haben kann, wenn man es denn schafft und wenn man die Disziplin mitbringt, sich in der Ausbildung durch den theoretischen Teil zu arbeiten."

Man sollte nicht vergessen, dass die junge Frau aus der Ukraine alles seitenweise auswendig gelernt hat, als sie noch kein Deutsch konnte.

(gaha)
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