Angedacht Einsiedelei neu entdecken

Vor ein paar Jahren flog ich mit meinen Eltern nach Rom. Wir fanden eine Unterkunft in einem Kloster. Jeden Tag haben wir uns gleich nach dem Frühstück auf den Weg gemacht, um die bekanntesten Sehenswürdigkeiten Roms zu besichtigen.

Pater Michael Storta (40) ist Kaplan in St. Peter und Paul.

Pater Michael Storta (40) ist Kaplan in St. Peter und Paul.

Foto: RP/RP-Foto

Abends kamen wir müde, verschwitzt und zufrieden wieder ins Kloster. Eines Tages entschlossen wir uns nach Assisi zu fahren. Die kleine Stadt in Umbrien, 180 km von Rom entfernt, spiegelt das Leben des Hl. Franziskus wieder. Was für ein angenehmes Erlebnis war dieser Tag in Assisi! Die steinernen Häuser mit Blumen an den Fenstern, die engen Gassen, alte Kirchen und die Ruhe haben uns verzaubert. Nach den Tagen in der riesigen und hektischen Metropole konnten wir dort einfach Atem holen.

In der katholischen Kirche begehen wir am 4. Oktober den Gedenktag des Hl. Franziskus von Assisi. Wir kennen ihn als einen Mann, der in radikaler Armut gelebt hat. Vielleicht ist er Ihnen auch bekannt als Patron des Umweltschutzes und der Ökologie, als großer Asket und Tierfreund. Aber bestimmt nicht viele von Ihnen wissen, dass Franziskus fast 160 Tage im Jahr in einer Einsiedelei verbrachte, weit weg von den Dörfern und Städten, weit weg von den Problemen der damaligen Welt und Kirche.

Ist der Einsiedler-Franziskus vor der Welt geflüchtet? – Nein, er hat diese Welt nur zeitweilig verlassen, um ihr anschließend mehr geben zu können. Das kann jeder von uns bestätigen, der beispielsweise während geistlicher Exerzitien einige Tage in Stille verbracht hat. Wieviel Innerliches, Licht und Klarheit, Verständnis und Liebe zum eigenen Leben und zur umgebenden Welt kann man entdecken!

Dem hl. Franziskus war das bewusst. Deswegen suchte er nach Gott in der Einsamkeit und Stille. Diese Erfahrung konnte er mit anderen Menschen teilen. Ich glaube, dass es auch heute noch sinnvoll ist, so ein Leben zu führen. In unseren Groß- und Kleinstädten die „Wüste“, Einsiedelei zu entdecken – ja, das wäre etwas Neues!

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