Heiligenhaus Alter Glaube trifft moderne Kunst

Heiligenhaus · Malerei hilft seit jeher bei der Versenkung. Auch ihre zeitgenössischen Formen haben Eingang in die Kirchen gefunden.

 Die Kohlezeichnungen von Michael Forejt zeigen abstrahierte Gesichter, stellvertretend für die Vielzahl der Gemeindeglieder.

Die Kohlezeichnungen von Michael Forejt zeigen abstrahierte Gesichter, stellvertretend für die Vielzahl der Gemeindeglieder.

Foto: Blazy, Achim (abz)

In der sakralen Kunst bilden Kirche, Kunst und Kultur seit jeher einen Dreiklang. Sie sind jeweils verankert in den einzelnen Epochen der Geschichte und der künstlerischen Stilelemente. So wurde die Oster- und ihre Heilsbotschaft seit der Ottonik ein zentrales Thema in der Ikonographie der Kirchen, tausendfach bildnerisch umgesetzt. In den christlichen Riten von Ostern und dem christlichen Glauben an sich spielt das Kreuz eine tragende Rolle. Es wurde zum Mittelpunkt christlicher Verkündigung, zum Hoffnungssymbol vom Tod zur Auferstehung. Christen glauben, dass durch Selbsthingabe und Leiden, Tod und Auferstehung Christi die gestörte Beziehung zwischen Gott und Mensch wieder hergestellt worden ist. Die Bedeutung des Kreuzes schafft somit die Verbindung vom Menschen zu Gott.

 Das Kreuzigungsbild des jungen Düsseldorfer Künstlers Michael Forejt fasziniert in der Alten Kirche.

Das Kreuzigungsbild des jungen Düsseldorfer Künstlers Michael Forejt fasziniert in der Alten Kirche.

Foto: achim blazy

Der Akt der Kreuzigung oder das Kreuz an sich ohne Leib (Isenbügeler Dorfkirche) und mit dem Korpus Christi ist auch in den Heiligenhauser Kirchen in künstlerischen Ausführungen Alpha und Omega des Glaubens. Und das in unterschiedlichen Stilrichtungen der bildenden Kunst des 20. Jahrhunderts. Bis zur Romanik gestaltete man Christus jung und bartlos, während der Romanik statuarisch würdevoll als Sieger, der dem Tode die Macht genommen hat.

Ein Beispiel von diesen sogenannten "Triumphkreuzen" überstrahlt den Altar der Abtskücher Jakobuskapelle im neoromanischen Stil. Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Kreuzigung nach wechselnden individuellen Vorstellungen kreiert, aber immer in einer starken Ursprünglichkeit bis ins kleinste Detail ausgeschmückt. Das änderte sich mit der Kunst der Moderne, spätestens im Expressionismus, als der Ausdruck des Eindrucks maßgeblich wurde und die realen Formen der Abstrahierung wichen. Ein unter die Haut gehendes Beispiel ist das Kreuzigungsbild des jungen Düsseldorfer Künstlers Michael Forejt in der Alten Kirche. Ein wenig versteckt hängt das großartige Kunstwerk und ist leider noch relativ unbekannt. Auffallend ist die lange schmale Form. Auf zwei angedeuteten weißen Kreuzesbalken dominiert der Korpus Christi. In kunstvoll ineinanderlaufender Strichtechnik symbolisiert der in sich gekrümmte, ausgemergelte Körper das Leid der ganzen Welt. Aber in gerader Haltung, ungebeugt, setzt das mit Dornen besäte Haupt einen positiven Aspekt. Der Kopf ohne Konturen eines Gesichtes kann als allumfassendes Symbol des Glaubenssieges der Christen gedeutet werden. Dem einzelnen nahestehenden Betrachter dient das nackte Gesicht als Spiegelbild seines Ichs, kann in der Geborgenheit der christlichen Glaubensbotschaft Denkanstöße geben.

In den beiden katholischen Pfarrkirchen setzen ausgefallene Kreuzwege glaubensstarke Maßstäbe. In St. Suitbertus malte der Gemeindepfarrer Alfons Demand einen kunstvoll schlichten, schwarz-weißen Leidensweg, ausdrucksstark auf Wesentliches in jeder der 14 Kreuzwegstationen konzentriert. Der international renommierte Maler Hermann Gottfried gestaltete in ungeheurer Transparenz, im herrlich farbreichen Spiel von Licht und Schatten die Protagonisten des Kreuzweges figurativ abstrahiert. In ihrer durchgeistigten Körperlichkeit ist die Figur Jesu schon auf dem Weg zur Vergeistigung. In sparsamen Konturengebungen bleiben Deutungen offen. Höhepunkt ist innerhalb des Kanons der 14 Stationen die letzte, die Grablegung. Leblos liegt der weiße Leib Christi auf der Erde, aber am linken Bildrand erscheint sein verklärtes Antlitz die Gewissheit verkündend: "Ich bin die Auferstehung und das Leben."

(RP)
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