50 Jahre nach der Zugkatastrophe in Radevormwald „Mit Schuldzuweisungen aufhören“

Radevormwald · Der stellvertretende Bürgermeister und Zeitzeuge Gerd Uellenberg richtet eindringlichen Appell an die Rader und bekommt Applaus. Mit seiner Ansprache traf er genau den Nerv.

 Angelika Kozinowski-Werler, Thomas Ebbinghaus und Marc Windgassen gestalteten das musikalische Requiem.

Angelika Kozinowski-Werler, Thomas Ebbinghaus und Marc Windgassen gestalteten das musikalische Requiem.

Foto: Jürgen Moll

In Gedenken an die Opfer das Zugunglücks vor 50 Jahren in Radevormwald öffnete die reformierte Kirchengemeinde am Samstagvormittag ihre Tür. Die große Trauerfeier am Donnerstag auf dem Kommunalfriedhof wurde live in vier Kirchen übertragen. Pfarrer Dieter Jeschke wollte mit dem musikalischen Requiem eine weitere Möglichkeit bieten, um gemeinsam zu trauern und zu beten. „Jeder hat seine eigene Art und Weise, mit der Trauer umzugehen. Heute liegt der Schwerpunkt auf der Musik, die eine heilende Wirkung hat“, begrüßte er die Bürger der Stadt.

Eröffnet wurde der Gottesdienst von Kirchenmusikerin Angelika Kozinowski-Werler an der Orgel mit einer Komposition von Bach. Sie hatte das musikalische Gedenken gestaltet und ihre Kollegen Thomas Ebbinghaus (Viola) und Marc Windgassen (Violoncello) mobilisiert.

Rückblick auf das Zugunglück 1971 in Radevormwald
17 Bilder

Rückblick auf das Zugunglück 1971 in Radevormwald

17 Bilder
Foto: Archiv Aldermann

Gekommen waren auch Bürgermeister Johannes Mans und sein Stellvertreter Gerd Uellenberg. Er sprach am Samstag nicht nur als stellvertretender Bürgermeister zu der Gemeinde, sondern auch als Zeitzeuge. „Ich habe am Morgen danach von dem Zugunglück erfahren, das Radio lief, und über Radevormwald wurde schon vor 7 Uhr berichtet“, erinnert er sich. Als er auf dem Weg in die Schule im Bus saß, blieben sechs Plätze leer, die sonst immer besetzt waren. „Diese Kinder sind bei dem Zugunglück ums Leben gekommen.“ Uellenberg ordnete das Unglück in das Stadt- und Weltgeschehen der 1970er Jahre ein. Bevor Radevormwald von der Tragödie 1971 gelähmt wurde, war die Stadt voller Freude. „Ein Jahr vorher haben wir am ‚Spiel ohne Grenzen’ teilgenommen. Menschen sind auf dem Mond gelandet. Bei all diesem technischen Fortschritt haben wir am 27. Mai 1971 versagt.“

Nicht nur Uellenberg machte einen tief bestürzten Eindruck. Auch in der Kirche wurde geweint und getrauert. Das Zugunglück ist nach 50 Jahren immer noch präsent und wenige Tage nach dem Jahrestag umso mehr. Die vielen Berichterstattungen beschäftigen die Bewohner der Kleinstadt.

Dass Radevormwald durch das Zugunglück gespaltet wurde, weiß auch Uellenberg. „Ein Jahr vorher waren wir noch ein Team und hatten einen starken Zusammenhalt. Jetzt, 50 Jahre später, müssen wir mit den Schuldzuweisungen aufhören“, sagt er. In der reformierten Kirche wurde applaudiert. Uellenberg traf mit seiner Ansprache den Nerv.

Es folgten musikalische Beiträge der Streicher. Das musikalische Requiem endete mit „Vor deinen Thron tret ich hiermit“.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort