Interview „Der Reisende vergisst eben schnell“

Radevormwald · Die Reisebüroleiterin aus Hückeswagen spricht über Ziele in den Herbstferien – und welche Rolle die Politik vor Ort spielt.

 Rita Langer leitet das Tui-Reisebüro in Hückeswagen.

Rita Langer leitet das Tui-Reisebüro in Hückeswagen.

Foto: Wolfgang Weitzdörfer

Rita Langer leitet das Tui-ReiseCenter in Hückeswagen. Im BM-Interview spricht die Fachfrau über die Reisevorlieben der Deutschen, welche Zielgruppe in den Herbstferien besonders gerne in den Urlaub fährt und warum Krisengebiete trotz allem nach wie vor zu den beliebten Reisezielen gehören.

Frau Langer, wann waren Sie denn selbst zum letzten Mal in den Herbstferien im Urlaub?

Rita Langer Da ich keine Kinder habe und somit nicht an die Herbstferien – oder an die anderen Schulferien im Jahr – gebunden bin, war ich als Erwachsene noch nie in den Herbstferien im Urlaub. Ich vermeide es natürlich nach Möglichkeit, in den Ferien in den Urlaub zu fahren, sondern lege ihn lieber antizyklisch.

Welchen Stellenwert haben die zwei Wochen Ferien im Herbst bei Ihren Kunden?

Langer Durchaus einen sehr hohen Stellenwert, das können wir schon regelmäßig beobachten. Die Herbstferien sind immer diejenigen Ferien im laufenden Jahr, die schon sehr früh gebucht werden. Teilweise geschieht das sogar ein ganzes Jahr im Voraus. In den Sommerferien möchten viele Familien eher flexibel sein und machen es mitunter vom Wetter abhängig, ob sie wegfahren, oder die Ferien vielleicht doch eher zu Hause verbringen. So wie in diesem Jahr – da haben bei dem schönen und heißen Wetter viele Leute den Urlaub in Deutschland verbracht. Die Herbstferien liegen ja immer weit später im Jahr, viele Urlauber wollen dann noch einmal dem schlechten und herbstlichen Schmuddelwetter entfleuchen.

Wer ist die klassische Zielgruppe für Urlaub in den Herbstferien?

Langer Ganz klar sind das Familien mit Kindern. Und natürlich auch Lehrer – eben eigentlich alle, die irgendwie mit der Schule zu tun haben und damit auf die Ferien für den Urlaub angewiesen sind.

Welche Reiseziele sind da besonders gefragt?

Langer Die meisten Ziele sind eher südlich gelegen, die Kanaren beispielsweise ziehen nach wie vor wegen ihres ganzjährig milden und warmen Wetters. Dieses Jahr waren aber auch Ziele generell im Mittelmeerraum gefragt – etwa in Ägypten oder in Griechenland.

Und gibt es Trends über das ganze Kalenderjahr betrachtet?

Langer Nach wie vor liegen da Kreuzfahrten besonders stark im Trend, das wird sich wohl auch so schnell nicht ändern. Aber auch Fernreisen sind zur Zeit sehr gefragt. Allgemein war in diesem Jahr Griechenland als Reisedestination sehr beliebt, auch weil die Türkei zum Buchungsbeginn im April und Mai eher verhalten nachgefragt wurde. Aber über den Sommer haben die Buchungsanfragen für die Türkei dann doch auch noch zugenommen.

Weiß man im Vorjahr schon über die Trends im kommenden Jahr Bescheid?

Langer Was wir jetzt schon absehen können und was auch in den Fachmagazinen so zu lesen ist, ist die Tatsache, dass Fernreisen künftig günstiger werden – und damit natürlich auch verstärkt gefragt sind. Das hängt auch mit der Dollarentwicklung zusammen. Wir sind hier in Hückeswagen allerdings in einer Kleinstadt, in der die Familienreisen nach wie vor einen sehr großen Stellenwert haben – und die finden eben meist klassisch als Zwei-Wochen-Pauschalurlaub im Mittelmeerraum statt. Autoreisen werden im kommenden Jahr bestimmt auch verstärkt geplant werden. Der Sommer hierzulande war dieses Jahr so schön und damit werden auch nähergelegenen Ziele attraktiver – aber auch, weil es in diesem Jahr so viel Chaos bei Flugreisen gab. Viele Kunden, gerade auch diejenigen, die etwa mit kleinen Kindern von den Flug-Verspätungen betroffen waren, sagen dann: Gut, lasst uns im nächsten Jahr mal wieder mit dem Auto in den Urlaub fahren. Wir wissen natürlich noch nicht so genau, wie es sich dann tatsächlich entwickeln wird, aber ich bin mir recht sicher, dass die eigene Anreise mit dem Auto für viele zur Alternative werden wird.

Wie sehr wirken sich weltweite politische Entwicklungen auf die Reisegewohnheiten der Kunden aus?

Langer Ein deutliches Beispiel dafür, dass die Kunden sehr wohl die politische Weltlage registrieren und darauf reagieren, ist die Türkei. Die wurde ganz klar weniger gebucht, weil viele Menschen hier in Deutschland die dortige Politik nicht unterstützen wollten. Die Türkei war ja ansonsten immer ein Lieblingsreiseziel der Deutschen. Das hat in der Tat stark nachgelassen – und so suchen sich die Kunden eben andere Ziele, etwa eben Spanien, Italien oder Griechenland.

Wie sieht es mit potentiellen Krisenherden im nahen und mittleren Osten – Ägypten, Marokko... – aus?

Langer Solange dort aktuell keine Anschläge oder sonstige Probleme auftreten, werden auch diese Ziele rege nachgefragt. Der Reisende vergisst eben sehr schnell. Ägypten hat zum Beispiel sehr viele Stammgäste und ist ein beliebtes Reiseziel. Dort ist es sehr warm und gerade auch für Taucher gibt es im Grunde genommen keine wirklichen Alternativen – zumindest dann nicht, wenn man nicht sehr viel weiter wegfliegen will. Daher haben wir für Ägypten im Moment genauso viele Buchungen wie sonst auch – als wäre gar nichts gewesen. Somit könnte man schon fast wieder von einem kleinen Ägyptentrend in diesem Herbst sprechen.

Kommt es oft zu Stornierungen, wenn etwa in Ägypten etwas passiert ist?

Langer Das merkt man ganz schnell, denn dann werden diese Ziele einfach von den Kunden ausgeschlossen. Und wenn ganz akut etwas ist, dann wird auch manchmal storniert. So hat es etwa, jenseits aller politischen Krisenherde, in Griechenland eine Reisewarnung wegen des Westnilfiebers gegeben – deswegen hatten wir dann auch eine Stornierung. Aber wenn es um politische Krisen geht, dann suchen sich die Kunden eben eine Alternative zum Krisenherd.

Was ist ihr persönliches Lieblingsreiseziel?

Langer Ich fliege demnächst nach Südafrika. Und ich könnte mir gut vorstellen, dass das zu einem neuen Lieblingsreiseziel werden könnte – weil ich zum einen noch nie dort gewesen bin, zum anderen aber von vielen Seiten, etwa von meinen eigenen Kunden, schon gehört habe, wie schön es dort sein soll. Ansonsten bin ich auch ein großer Fan von Kreuzfahrten – einfach rauf aufs Schiff und ab um die Welt, das ist ganz besonders schön.

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