Umwelt Stadtverwaltung setzt seit 24 Jahren keine Pestizide mehr ein

Radevormwald · Die Stadt hat in den vergangenen 24 Jahren keine Pestizide – also Herbizide, Fungizide und Insektizide – eingesetzt. Diese Praxis des früheren Betriebshofleiters Norbert Petri hat dessen Nachfolger Ingo Oberkersch übernommen.

 An der Neißestraße  im Neubaugebiet Wasserturmstraße  sind Blühstreifen zum Erhalt der Artenvielfalt angelegt worden.

An der Neißestraße im Neubaugebiet Wasserturmstraße sind Blühstreifen zum Erhalt der Artenvielfalt angelegt worden.

Foto: Kozinski/Stadt Radevormwald

Der Einsatz von Pestiziden ist seit einiger Zeit in der politischen Diskussion in Radevormwald. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hatte dazu in der vergangenen Ratssitzung eine Anfrage gestellt. Burkhard Klein als Leiter der Bauverwaltung im Rathaus teilt nun mit, dass die Stadt in den vergangenen 24 Jahren keine Pestizide – also Herbizide, Fungizide und Insektizide – eingesetzt hat. Diese Praxis des früheren Betriebshofleiters Norbert Petri habe dessen Nachfolger Ingo Oberkersch übernommen. „Das ist selbstverständlich“, sagt Klein. Um weiterhin an das Ziel einer pestizidfreien Kommune anzuknüpfen, will sich die Stadtverwaltung, so berichtet der Umweltbeauftragte Matthäus Kozinski, dazu verpflichten, auch künftig
▶ auf allen kommunalen Flächen (Kulturland sowie Nichtkulturland) keine chemisch-synthetischen Pestizide (Pflanzenschutzmittel) einzusetzen.
▶ private Dienstleistungsunternehmen, die den Auftrag zur Pflege öffentlicher Flächen erhalten, zu einem Pestizidverzicht zu verpflichten.
▶ weitere bienen- und insektenfreundliche Blühflächen oder Projekte zu initiieren.
▶ bei der künftigen Verpachtung kommunaler Flächen für eine landwirtschaftliche Nutzung ein Verbot des Einsatzes von Pestiziden im Pachtvertrag zu verankern sowie
▶ in der Bevölkerung über die Bedeutung von Biodiversität in der Stadt zu informieren und gleichzeitig Möglichkeiten zum Schutz von Bestäubern wie Bienen und Wildbienen sowie giftfreie Maßnahmen beim Gärtnern aufzuzeigen.

Die Stadtverwaltung möchte die Bürger zudem dazu aufrufen, pestizidfrei zu gärtnern und auf allen Flächen pestizidfrei zu agieren. „Anders als häufig vermutet, kommen Pestizide, also chemische Mittel, die ungewollte Pflanzen oder Insekten abtöten, nicht nur in der Landwirtschaft zum Einsatz, sie sind ebenfalls beliebte Hilfsmittel bei der Grünflächenpflege im heimischen Garten“, sagt Kozinski. Viele der eingesetzten Mittel stünden im Verdacht, beim Menschen Krebs zu erregen, die Fortpflanzung zu schädigen oder den Körper hormonell zu beeinträchtigen.

Gravierende Auswirkungen. habe der Einsatz von Pestiziden auf die Artenvielfalt in der Stadt. Sie töten nicht nur unerwünschte Wildkräuter und Insekten, sie dezimieren auch nützliche Honigbienen, Wildbienen, Schmetterlinge, Fledermäuse und Vögel. Diese sind auf Wildkräuter angewiesen – in einem gesunden Lebensraum und als Nahrungsquelle. Aktuelle Studien haben gezeigt, dass in den vergangenen 25 Jahren 75 Prozent der fliegenden Insekten verschwunden sind. „Wegen dieses massiven Insektensterbens, das größtenteils mit der intensiven Landwirtschaft verbunden ist, sind Siedlungsgebiete und damit unsere heimischen Gärten und Parks oftmals der letzte Rückzugsort für bedrohte Arten“, berichtet Kozinski. Wichtig sei es, in der Stadt anzusetzen.

Deutschlandweit verzichten derzeitig nach Auskunft des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) bereits 240 Städte und Gemeinden bei der Bewirtschaftung Ihrer Grün- und Freiflächen auf Pestizide oder mindestens auf Glyphosat.

Radevormwald will diesem Leitgedanken weiter folgen und auch künftig offiziell zu einer „Pestizidfreien Kommune“ zählen.

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