Sinfonische Orchestertage in Radevormwald „Es ist wie ein großes Klassentreffen“

Radevormwald · Die Sinfonischen Orchestertage sind gestartet: Seit Donnerstag proben 65 Musiker aus ganz Deutschland und Teilen Europas für ein einmaliges Konzert. Erstmalig findet die Aufführung an Pfingstmontag im Bürgerhaus statt.

 Dirigent Desar Sulejmani leitet eine der ersten Proben am Donnerstag. In den kommenden Tagen werden die Musikerinnen und Musiker drei anspruchsvolle Stück einstudieren.

Dirigent Desar Sulejmani leitet eine der ersten Proben am Donnerstag. In den kommenden Tagen werden die Musikerinnen und Musiker drei anspruchsvolle Stück einstudieren.

Foto: Jürgen Moll

Ein ganzes Jahr ist vergangen, seitdem sie das letzte Mal in einer ähnlichen Konstellation aufeinandertrafen, „und trotzdem fühlt es sich jetzt an, als ob es erst gestern gewesen wäre“, sagt die Radevormwalder Geigerin Anne Rößler erfreut. Die Verbundenheit ist groß, die Begeisterung über die nun vor ihnen liegenden Tage größer. Es ist Donnerstagnachmittag, kurz vor 16 Uhr: Die 65 Musiker aus ganz Deutschland und Teilen Europas trudeln allmählich im Sport- und Seminarcenter Radevormwald ein, wo sich die Sinfonischen Orchestertage über Pfingsten einquartiert haben. Gleich fängt die erste Probe an. Ein herzliches Lächeln zeichnet sich in ihren Gesichtern ab, als sie sich im Foyer des Hauses nach langer Zeit endlich wiedersehen. Man umarmt sich, klopft sich freudig auf die Schulter und erkundigt sich kurz nach dem Wohlbefinden.

„Es ist wie ein großes Klassentreffen“, berichtet Ann-Kristin Mertmann, Vorsitzende des ausrichtenden Vereins der Sinfonischen Orchestertage. Doch viel Zeit zum Plaudern bleibt den Teilnehmern nicht. Eilig bringen sie Koffer und Taschen aufs Zimmer und eilen mit ihren Instrumenten im Schlepptau zur Halle, wo auch schon Dirigent Desar Sulejmani auf sein neues Orchester wartet.

Seit Wochen und Monaten bereitet der Vorstand des Vereins dieses besondere Musikertreffen in Radevormwald vor, bei dem Hobby- und Profimusiker für wenige Tage aufeinandertreffen und zusammen ein anspruchsvolles Konzert vorbereiten. Für viele, erklären Organisatoren und Teilnehmer, sei es die einzige Möglichkeit, in einem großen Orchester mitzuspielen. Für andere ist es eine gute Möglichkeit, sich mit Gleichgesinnten zu vernetzen. Für alle ist es am Ende – trotz intensiver Arbeit – ein Heidenspaß. „Die Nacht vorher hat man kaum geschlafen, weil man so kribbelig ist, ob alles auch so klappt, wie man es geplant hat“, verrät Anissa Zoghlami, Bratschistin und Kassiererin des Vereins. Die meisten Teilnehmer sind alte Bekannte, die zum Teil auch schon bei den Coesfelder Orchestertagen mitwirkten. Wie einst auch Anne Rößler, die bereits im zarten Alter von elf Jahren erstmals an den Orchestertagen teilnahm und mittlerweile als zweite Vorsitzende des im Sommer 2021 gründeten Nachfolgeverein „Sinfonische Orchestertage“ diese besonderen Tage mitorganisiert.

Die Musiker in diesem Jahr sind zwischen 15 und 78 Jahre alt, darunter auch ein Hornist aus Frankreich und eine junge Nachwuchsgeigerin aus Hückeswagen. „Wir würden uns für nächstes Jahr sehr darüber freuen, wenn auch mehr Radevormwalder Nachwuchsmusiker zu uns stoßen würden“, wünscht sich Rößler. Angst davor, dass es zu anspruchsvoll werden könnte, brauche niemand zu haben. „Es ist aber auf jeden Fall eine ganz tolle Erfahrung.“

Gänzlich unvorbereitet erscheinen die Musiker zu den gemeinsamen Proben, die trotz der anspruchsvollen Stücke erst wenige Tage vor der Aufführung stattfinden, nicht. „Wir haben uns um Vorfeld im Verein einige Stücke ausgesucht und abgestimmt. Die Noten sind dann an alle Teilnehmer im April rausgegangen“, verrät Vereinsvorsitzende und Violinistin Mertmann. Ausgesucht haben sich die Mitglieder für dieses Jahr die Rumänische Rhapsodie Nr.1, Op. 11 von George Enescu, das Doppelkonzert für Violine und Violoncello von Johannes Brahms, sowie die 2. Sinfonie von Wassili Sergejewitsch Kalinnikow.

Stücke, die bereits bei der allerersten Probe, als die Musiker erstmals zusammenspielen, sehr gut klingen. Zumindest für das wenig geschulte Ohr, denn Fachmann Desar Sulejmani hat natürlich Verbesserungswünsche und lässt die Musiker nach kurzen Anweisungen immer wieder einzelne Abschnitte spielen. „Ich weiß, dass es schwierig ist, aber es wird schwieriger, wenn ihr Stress bekommt“, sagt Sulejmani, als die Bläser eine relative schnelle Passage mit vielen Notensprüngen spielen müssen. Er passt den optimalen Einsatz der Hörner und Geigen ab. „Hier einsetzen und präziser spielen“, fordert er. Die Teilnehmer zücken den Stift und machen sich Notizen in die Noten.

Zeit für Unternehmungen und Ausflüge abseits der Proben haben die Musiker in diesen Tagen vor dem anstehenden Konzert nicht, erklärt Mertmann. Lediglich beim gemeinsamen Mittag- und Abendessen werde man die Gelegenheit zum Austausch nutzen. „Am Abend wird dann wieder gemeinsam musiziert. Einige bringen Noten mit und man trifft sich dann für ein kleines Kammerspiel“, verrät Rößler.

Auf das diesjährige Konzert, freuen sich die Teilnehmer besonders: Anders als in den Vorjahren, wird es diesmal erstmals im Bürgerhaus stattfinden, in einem deutlich festlicheren Rahmen als in den Jahren zuvor in der Turnhalle des evangelischen Jugendbildungszentrums an der Telegrafenstraße. „Wir sind gespannt, wie es wird“, sagt Zoghlami. „Die Akustik wird auf jeden Fall besser. Wir hoffen, dass viele Besucher kommen.“

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