Interview mit Disco-Inhaber Thomas Wicke "Schüler haben heute wenig Lust aufs Feiern"

Hückeswagen/Wipperfürth · Thomas Wicke ist der Inhaber des Kesselhauses bei Hückeswagen. Er spricht über die Entstehung der Disco und sinkende Besucherzahlen bei Jugendlichen.

 Das Kesselhaus in Wipperfürth ist bereits seit einem Vierteljahrhundert eine Disco. Seither hat es sich in der Region einen Namen gemacht. Vor allem die Motto-Partys, die dort regelmäßig stattfinden, sind beliebt. Allerdings beklagt Inhaber Thomas Wicke, dass die heutige Jugend immer weniger feiern geht.

Das Kesselhaus in Wipperfürth ist bereits seit einem Vierteljahrhundert eine Disco. Seither hat es sich in der Region einen Namen gemacht. Vor allem die Motto-Partys, die dort regelmäßig stattfinden, sind beliebt. Allerdings beklagt Inhaber Thomas Wicke, dass die heutige Jugend immer weniger feiern geht.

Foto: Kesselhaus

Thomas Wicke hat vor 25 Jahren die Disco Kesselhaus zwischen Wipperfürth und Hückeswagen eröffnet. Bis heute erfreuen sich die zahlreichen Motto-Partys dort großer Beliebtheit. Im BM-Interview blickt er zurück.

Herr Wicke, was geht Ihnen bei 25 Jahren Kesselhaus als Erstes durch den Kopf?

Thomas Wicke Als Erstes denke ich: "Wo ist denn nur die Zeit geblieben?" Ansonsten wird mir bewusst, wie viele Generationen wir in dieser Zeit schon durchgeschleust haben. Mit anderen Worten: Viele meiner Bekannten und Gäste haben damals bei und mit mir gefeiert - und nun feiern deren Kinder hier.

Können Sie sich noch an die erste Veranstaltung erinnern?

Wicke Nein. Aus dem einfachen Grund, dass es zu Anfang keine Veranstaltungen im heutigen Stil gab. Damals war Disco das Programm! Das ist übrigens der größte Unterschied zu heute: Disco im damaligen Sinne gibt es gar nicht mehr. Jeder erwartet nur noch Programm. Das finde ich ein wenig schade.

Wie war es denn generell in den Anfangstagen - war das Kesselhaus bei der Kundschaft direkt etabliert?

Wicke Zunächst war erstmal jeder neugierig und stattete dem Kesselhaus einen Besuch ab. Das brachte uns in den ersten drei bis vier Monaten an unseren drei Öffnungstagen immer ein volles Haus. Dann fiel ein Wochentag weg, weil es sich nicht mehr rentiert hat. So fanden nur noch an zwei Tagen, freitags und samstags, Veranstaltungen statt. Später wurde es am Freitag dann auch weniger - da mussten wir uns etwas einfallen lassen.

Und zwar?

Wicke Nun, wir haben Livekonzerte veranstaltet, die vor allem am Anfang auch gut besucht waren. Später aber wurden die Bands zu teuer, daher konnten wir die Konzerte nicht mehr mit Profit realisieren. Daraufhin setzten wir auf Techno, denn das war zu der Zeit sehr angesagt. Wir hatten durchaus namhafte DJs zu Gast, etwa Westbam, Marusha, Steve Mason und viele mehr. Dadurch wurde das Kesselhaus überregional bekannt. Das funktionierte wunderbar - wenn auch nur für etwa zwei bis drei Jahre.

Was passierte dann?

wicke Wir konnten aufgrund des Besuchermangels die hohen Gagen der DJs nicht mehr bezahlen. Gegen den Willen meines damaligen Partners zog ich deshalb die Reißleine und setzte wieder auf ein "normales" Musikprogramm, damals vor allem aus den 80er- und 90er-Jahren. Dann kamen auch die ersten Motto-Partys auf: "Wackelfieber", "Kesseltreiben - Die Single-Party" und auch die ein oder andere "R(h)eintour". Damit haben wir in Sachen Besucherzahlen neue Maßstäbe gesetzt - ein Erfolg, der auch bis in die zweite Hälfte der 2000er-Jahre angehalten hat.

Wie kamen Sie auf die Idee, in der Immobilie eine Party-Location aufzuziehen?

Wicke Als Gründer des "Platz 16" in Wipperfürth wollten wir uns nach etwa sieben Jahren erweitern und noch eine Disco eröffnen. Das passte, weil die damalige Disco "Meddle" in Wipperfürth zugemacht hatte. Zuerst wollten wir das "Meddle" übernehmen, die Stadt Wipperfürth erteilte uns aber leider aufgrund der Stadtnähe und aus Lärmschutzgründen keine Genehmigung. Bei der Alten Drahtzieherei war das übrigens später kein Problem: Zwei Jahre später wurden die alten Müller-Hallen ans Erdgas angeschlossen. Das Kesselhaus wurde also als zentraler Heizraum, in dem in den Kesseln Dampf erzeugt wurde, nicht mehr gebraucht. Das bekamen wir mit und konnten so das Objekt anmieten und zur Disco umbauen.

Wer war noch bei der Gründung dabei?

Wicke Das "Platz 16" habe ich mit einem Partner betrieben, der auch mit mir das Kesselhaus eröffnet hat. Er stieg allerdings im Jahr 1997 aus der Kesselhaus GmbH aus. Seitdem betreibe ich den Veranstaltungsort alleine.

Sind Ihnen irgendwelche Veranstaltungen besonders in Erinnerung geblieben? Wenn ja, welche und warum?

Wicke "Wackelfieber", das war die Party, die am längsten veranstaltet wurde. Mit dem damaligen DJ René Köhler wurden beim ein oder anderen Bierchen nächtelang Musikprogramme ausgearbeitet, die dann auch auf Anhieb funktionierten. Dabei kam es überhaupt nicht darauf an, ob die Musik tanzbar war oder nicht. Das war alles nur aufs Feiern ausgerichtet.

Wie wichtig sind die Schulen mit ihren Veranstaltungen?

Wicke Die Schulen waren sehr wichtig und brachten immer viele Gäste zu den Partys. Leider ist das seit einigen Jahren, genauer gesagt seit der Einführung des G8-Abiturs, nicht mehr so. Viele Schüler sind noch nicht 18 Jahre alt und viele der 16-Jährigen finden keine Begleitperson. Außerdem habe ich den Eindruck, dass die Schüler viel zu gestresst sind, so dass sie gar nicht mehr die Lust zum Feiern haben. Facebook und Co. tragen leider auch ihren Teil dazu bei. Um das mal in Zahlen zu verdeutlichen: Der Gästerückgang auf Schulpartys liegt bei etwa 65 Prozent.

Welche Zielgruppe haben Sie?

Wicke Die Zielgruppe sind Gäste zwischen 18 und 30 Jahren, je nach Motto auch Ü 50. Grundsätzlich gilt aber: Jeder Gast, der sich benimmt und seine Zeche bezahlen kann, ist bei uns herzlich willkommen.

Sie machen viele Motto-Abende. Wie wichtig sind die für den gesamten Betrieb?

Wicke Sehr wichtig, denn viele Gäste erwarten Abwechslung.

Wie oft sind Sie selbst bei Veranstaltungen dabei?

Wicke Ich bin fast jeden Abend vor Ort, um Aufsicht zu führen. Konkret heißt das: Personal einteilen, Fragen oder Probleme, die während des Abends aufkommen, beantworten und lösen, Theken öffnen und schließen, die Verantwortung übernehmen, Fluchtwege offen halten... Also dafür sorgen, dass der Abend reibungslos funktioniert. Nicht zuletzt wird der Chef von manchen Gästen aber auch einfach gerne gesehen.

Wie sieht denn sonst Ihr beruflicher Alltag aus?

Wicke Drei Viertel meiner Zeit besteht darin, mich um das Geschäft zu kümmern. Dazu gehört auch, den ganzen Bürokram zu erledigen, Einkäufe zu tätigen, kleinere Reparaturen durchzuführen, Werbung zu machen, Partys und Monatsprogramme zu entwickeln und Ideen zu sammeln und auszuarbeiten.

Nach welchen Kriterien werden die DJs ausgesucht?

Wicke Ich habe einige DJs, auf die ich je nach Party zurückgreife. Jede Mottoparty braucht auch ihren zum Motto passenden DJ. Teilweise werden auch Fremd-DJs gebucht. Das ist allerdings immer eine Frage des Preises.

Hören Sie privat auch die Musik, die im Kesselhaus läuft?

Wicke Teilweise werden im Kesselhaus Sachen gespielt, die ich auch privat gut finde. Ich muss allerdings zugeben, dass ich zu Hause so gut wie gar keine Musik höre, sondern nur im Auto. Da läuft bei mir das Radio, damit ich auf dem aktuellen Stand bleibe. Außerdem lade ich mir Songs herunter, die ich gut finde oder die der Party dienen können. Ich möchte gerne alles haben, um vielleicht selber mal eine Party gestalten zu können. Das wäre dann aber definitiv eine Ü 40-Party.

Wie entspannen Sie sich nach einer langen Nacht im Kesselhaus?

Wicke Ausschlafen, später lege ich mich je nach Wetter auf das Sofa oder gehe spazieren. Am Abend gibt es dann ein schönes Essen.

Das Interview führte Wolfgang Weitzdörfer.

(RP)
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