Mobilität in Radevormwald Nutzt doch häufiger den Bürgerbus!

Radevormwald · Seit fast 20 Jahren fährt der Bürgerbusverein in Radevormwald täglich mehr als 30 Haltestellen im Stadtgebiet an. Doch die Resonanz könnte besser sein.

 Gespräch am Busbahnhof (v.l.): Eberhard Wolff (Vorsitzender des Bürgerbusvereins), Bürgermeister Johannes Mans, Vereinssprecher Wolfgang Schneidewind und Vorstandsmitglied Erhard Hombrecher.

Gespräch am Busbahnhof (v.l.): Eberhard Wolff (Vorsitzender des Bürgerbusvereins), Bürgermeister Johannes Mans, Vereinssprecher Wolfgang Schneidewind und Vorstandsmitglied Erhard Hombrecher.

Foto: Stefan Gilsbach

Stellen Sie sich vor, in Ihrer Stadt gäbe es Busse, die auch Ziele anfahren, die von den öffentlichen Verkehrsunternehmen nicht angesteuert werden. Eine Fahrt kostet nur 1,50 Euro, Schwerbehinderte fahren kostenlos, und wer ein Ticket von VRS, Westfalentarif oder ein NRW-Ticket hat, fährt auch gratis. Für den normalen Preis kann man mit dem Bus eine Erkundungsfahrt durch die Stadt machen. Donnerstags werden Supermärkte angesteuert – und mittwochs gibt es eine Ausflugsfahrt zum Waffelessen. Und das alles komplett klimaneutral. Klingt richtig gut, oder?

Doch viele Radevormwalder wissen nicht, dass es dieses Angebot längst gibt. Der Bürgerbusverein ist mit seinen Fahrzeugen fast 20 Jahre im Stadtgebiet unterwegs. Fast jeder hat die Kleinbusse mit dem Schriftzug schon gesehen. Und doch wird das attraktive Angebot, das für viele Bürger einen bequemen Weg bietet, auf das Auto zu verzichten, weniger angenommen, als man meinen sollte. Zwar konnten sich die Fahrer 2021 über ihren 150.000 Fahrgast freuen, aber trotzdem gibt es noch viel Luft nach oben. Und das, wo doch täglich mehr klimagerechte Mobilität und ein umfassender Nahverkehr gefordert werden.

Am Dienstag trafen sich aus diesem Grund Vorstandsmitglieder des Bürgerbusvereins mit Bürgermeister Johannes Mans am Radevormwalder Busbahnhof. Dieser ist nur eine von 33 Haltestellen im Stadtgebiet, fast jeder Einwohner hat eine Haltestelle in unmittelbarer Nähe seiner Haustüre. Woran liegt es also, fragten die Vereinsvertreter, dass die Fahrgastzahlen vor sich hindümpeln? Und was könnte die Stadtverwaltung tun, um die Bürger verstärkt auf dieses Angebot aufmerksam zu machen?

An ihm solle es nicht liegen, bekräftigte Johannes Mans: „Viele Menschen reklamieren ja Klimaneutralität für sich.“ Da wundere es einen, dass der Bürgerbus nicht mehr Resonanz erfahre. Das Stadtoberhaupt musste sich auch kritische Anmerkungen anhören. So bemängelte der Vereinsvorsitzende Eberhard Wolff, dass jüngst bei einer Präsentation im Rat von einem Experten erklärt worden sei, dass es nach Kräwinkel keine Busverbindung gebe. Die gibt es jedoch durchaus – per Bürgerbus. Vorstandsmitglied Erhard Hombrecher hatte bereits vor einigen Monaten in einem Leserbrief in der BM kritisiert, dass im neuen Nahmobilitätskonzept für die Stadt der Bürgerbusverein nur mit einem Satz erwähnt werde. Und auch im neuen Imagefilm der Stadt, monierten die Vereinsvertreter beim Gespräch am Dienstag, werde das Bürgerbus-Angebot nicht erwähnt. Den Film umzuschneiden, sei zwar problematisch, erklärte der Bürgermeister. „Aber es wäre denkbar, einen eigenen Clip zu drehen, der das Angebot des Bürgerbusses noch einmal darstellt“, sagte Johannes Mans. Auch andere Ideen wurden in dem Gespräch entwickelt: Vielleicht eine „rollende Bürgersprechstunde“ mit dem Bürgermeister?

Möglicherweise, so eine Vermutung, die angesprochen wurde, wüssten manche Bürger nicht, dass der Bürgerbus wirklich für alle da ist, für Jung und Alt. Er sei durchaus nicht nur ein Angebot für jene, die nicht mehr so mobil sind. „Jugendliche fahren kaum mit dem Bürgerbus“, bedauert Wolfgang Schneidewind, der Pressesprecher des Vereins. Dabei könnten sie mit ihrem Schulticket umsonst fahren. Und für die Generation der Bewegung „Fridays for Future“ müsste die Klimaneutralität des Bürgerbusses eigentlich anziehend sein. Zwar fahren die Busse noch mit Diesel, doch kann die CO2-Belastung durch einen freiwilligen Beitrag zur Wiedervernässung des Königsmoors im Kreis Rendsburg-Eckernförde ausgeglichen werden. Tatsächlich ist der Radevormwalder Bürgerbus der erste in NRW, der sich als klimaneutral bezeichnen kann.

Die Bürgerbusse im Lande sind eine Ergänzung des Öffentlichen Personennahverkehrs, sie dürfen den großen Verkehrsunternehmen keine Konkurrenz machen. Die Unterstützung durch die OVAG könnte dennoch besser sein, meinen die Vereinsmitglieder, und auch Bürgermeister Mans erklärte, dass das „Leistungsspektrum“ des Verkehrsverbandes „recht übersichtlich“ sei.

Nicht zuletzt ist es die Bürokratie, die den Vereinsmitgliedern ihr ehrenamtliches Engagement oft sauer macht. Im Jahr 2018 wurde dem Bürgerbusverein beispielsweise untersagt, Ausflugsfahrten für Kinder nach Schloss Burg und Kaffeefahrten für Senioren zu unternehmen. Dafür reiche die Konzession nicht, hieß es bei der Bezirksregierung. Immerhin: Die Fahrten zum Waffelessen in die Ortschaft Filde finden dagegen weiterhin statt, denn diese können als normale Linienfahrten deklariert werden.

Auch rund um das Neun-Euro-Ticket, beklagt Eberhard Wolff, habe es eine ausufernde Bürokratie gegeben. Die Resonanz blieb auch hier gering – die Erwartungen an das kommende 49-Euro-Ticket sind bei den Bürgerbus-Vertretern daher nicht allzu hoch.

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