Senioren in Radevormwald „Ohne Computer ein ,Härtefall‘ – Frechheit“

Radevormwald · Seniorenvertreter Wolf-Rainer Winterhagen kritisiert das Prozedere der Grundsteuerreform. Die Bedingungen für die Feststellungserklärung gingen an der Lebenrealität vieler Menschen vorbei.

 Wolf-Rainer Winterhagen ist Vorsitzender des Radevormwalder Seniorenbeirates und Vorstandsmitglied der Landesseniorenvertretung in NRW.

Wolf-Rainer Winterhagen ist Vorsitzender des Radevormwalder Seniorenbeirates und Vorstandsmitglied der Landesseniorenvertretung in NRW.

Foto: Schütz, Michael (msch)

Auch viele Seniorinnen und Senioren in der Bergstadt müssen in diesen Wochen die Unterlagen zur Grundsteuerreform ausfüllen. Beim Trägerverein „aktiv55plus“ gab es zuletzt viele Anrufe von älteren Menschen, die Probleme damit haben. Denn zum einen soll die neue Feststellungserklärung möglichst online den Behörden übermittelt werden, obwohl manche Senioren kein Internet nutzen. Zum anderen beklagen die Bürger, dass beim Info-Telefon des Finanzamtes Wipperfürth einfach kein Durchkommen ist.

Wolf-Rainer Winterhagen, Vorsitzender des Radevormwalder Seniorenbeirates, hat sich mit dem Thema beschäftigt und noch einmal nachgehakt, ob das Prozedere rund um die Grundsteuerreform wirklich nur online möglich ist. Vom NRW-Finanzministerium habe er die Antwort erhalten, die betroffenen Senioren könnten einen „Härtefallantrag“ stellen, damit sie die Erklärung auch in Papierform abgeben können. Am besten sei es, zunächst bei der Servicestelle des zuständigen Finanzamtes anzurufen, „um die Angelegenheit möglichst unbürokratisch zu halten“, zitiert Winterhagen aus der Antwort der Behörde. Und die zuständigen Adressen könnten die Betroffenen beispielsweise im Internet finden, so lautet der Vorschlag des Ministeriums.

Winterhagen kann sich da nur an den Kopf fassen: „Dass man ohne Computer und Computerkenntnisse schon ein ,Härtefall’ ist, ist in meinen Augen eine Frechheit.“ Von einem Vorstandskollegen der Landesseniorenvertretung aus Essen habe er erfahren, dass auch in der Ruhr-Metropole hilfesuchende Senioren sich schon an die Interessenvertretung gewandt hätten. Dort sei es Betroffenen auch gelungen, beim Finanzamt einen Kontakt zu bekommen und den Papierbogen zur Grundsteuerreform zu erhalten. „Aber er berichtete mir auch, dass das Netz völlig überlastet sei.“ Dass es doch – wenn auch unter Schwierigkeiten – möglich sei, die Feststellungserklärung analog zu erledigen, ändere nichts daran, „dass das Vorgehen an der Lebenswirklichkeit vieler Menschen vorbei geht“, ärgert sich Wolf-Rainer Winterhagen.

Unsere Redaktion bat zu diesem Thema die Oberfinanzdirektion in Münster um eine Stellungnahme. Auch hier weist Pressereferent Gianluca Fischer darauf hin, dass eine Papier-Alternative möglich ist: „Bürgerinnen und Bürger, die keinen Zugang zu den elektronischen Services haben, können Papiervordrucke nebst Ausfüllanleitung telefonisch oder vor Ort bei ihrem Finanzamt erhalten.“ Auch Fischer verweist auf die Hotline der jeweiligen Finanzämter. „Wir empfehlen den Anruf nach 13 Uhr“, lautet sein Ratschlag.

Die Frist zur Abgabe der Feststellungserklärung für die Grundsteuer endet am 31. Oktober 2022. Wer es vorher nicht schafft, die Unterlagen einzureichen, muss allerdings nicht gleich mit drastischen Konsequenzen rechnen. „Wenn die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht mitgeteilt werden, wird an die Abgabe der Erklärung erinnert bzw. gemahnt“, erklärt Gianluca Fischer.

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