Kirchengemeinde in Radevormwald Ehrung für 25 Jahre Dienst am Mitmenschen
Radevormwald · Simone Stank ist ausgebildete Krankenschwester und Wundtherapeutin. Seit 26 Jahren steht sie im Dienst der Diakoniestation in Radevormwald, um Klienten ambulant zu versorgen. Ein echter Knochenjob, für den sie sich immer wieder entscheiden würde.
Tierpflegerin oder Floristin hätte sie sein können, doch am Ende entschied sich Simone Stank für eine Ausbildung zur Krankenschwester. „Meine Mutter hatte den Wunsch, Krankenschwester zu werden und ich fand den Beruf nicht schlecht“, erzählt die 53-Jährige. Ob es der richtige Beruf für sie sein würde, konnte sie nicht wissen. Klar war ihr allerdings, „dass ich keinen Schreibtischjob machen wollte.“ Die Abwechslung im Alltag ist ihr noch heute wichtig, und davon bekommt sie als Krankenschwester im ambulanten Dienst manchmal mehr, als ihr lieb ist. Trotzdem entschied sie sich gleich zweimal für den Job.
Von 1988 bis 1991 absolvierte sie ihre Ausbildung im Krankenhaus in Wermelskirchen, wechselte 1992 für kurze Zeit ins Krankenhaus nach Radevormwald. Dann wurde sie schwanger und wurde Mutter. 1997, als die Tochter aus dem Gröbsten raus war, kehrte sie mit einer Teilzeitstelle in ihren Beruf zurück, diesmal aber nicht mehr in der stationären Pflege eines Krankenhauses, sondern in den ambulanten Dienst der Diakoniestation. Eine sehr bewusste Entscheidung, wie „Schwester Simone“ erzählt. „Obwohl der Zeitdruck in der ambulanten Pflege viel größer ist, kann ich mir nicht vorstellen, stationär zu arbeiten.“ Im ambulanten Dienst „bin ich ganz für die Klienten da, bin immer draußen an der frischen Luft und es bietet mir einfach einen tollen Mix und viel Abwechslung.“ Seit 15 Jahren arbeitet sie wieder in Vollzeit. Sie pflegt nicht nur ältere Klienten, es seien auch schon mal jüngere dabei. Die Bandbreite der Versorgung ist groß und reicht von der einfachen Gabe der Medizin beim einen, über die Morgenroutine mit Waschen und Anziehen beim anderen bis hin zur Wundversorgung und aufwendigeren Pflege.
Wenn Simone Stank morgens ins Büro fährt und ihren Tourenplan für den Frühdienst aufruft, hat sie zwar eine Liste von 16 bis 20 ihr bekannten Klienten, die sie in den kommenden Stunden abfährt, doch was sie in den verschiedenen Wohnungen vorfinden wird, weiß sie nicht. Der Tag ist eigentlich durchgetaktet: Um wirtschaftlich zu arbeiten, weiß sie genau, wie viel Zeit sie je nach Aufwand bei jedem Klienten verbringen kann. „Die Zeit ist knapp bemessen.“ Der Aufenthalt reicht bei wenig aufwendiger Versorgung, wie die Gabe von Medikamenten gerade einmal für eine kurze Begrüßung. Während sie ihre Klienten wäscht oder anzieht, gibt es auch mal Smalltalk. Doch manchmal passiert auch etwas Unvorhergesehenes. „Es kann vorkommen, dass sich der Klient an diesem Tag nicht wohlfühlt und ich den Puls messe oder andere Dinge auf mich zukommen. Dann kann ich die geplante Zeit schon nicht einhalten und erscheine beim nächsten Klienten ein wenig später. So flexibel muss man in diesem Job schon sein.“
Wenn Stank von ihrer Tour zurück ist, steht noch ein wenig Büroarbeit an: Ihre Pflegetätigkeit des Tages muss dokumentiert werden, sie muss mit Ärzten Rücksprache halten, E-Mails abarbeiten, mit Kollegen der nächsten Schicht kommunizieren. Der bürokratische Aufwand, sagt Stank nachdenklich, sei in den vergangenen Jahren stark gestiegen. „Nur was dokumentiert ist, wurde auch gemacht.“
Einfacher sei die Arbeit in der Pflege über die Jahre nicht geworden: „Der Zeitdruck ist mehr, man hat mehr Klienten in kürzerer Zeit zu versorgen. Früher waren es zehn bis zwölf Klienten in einer Schicht, jetzt sind es 16 bis 20 im Frühdienst. Im Spätdienst, wo es um Kleinigkeiten geht, sind es 35 bis 40.“ Der bürokratische Aufwand sei gestiegen. „Vor 25 Jahren hat keiner nach eine Pflegeplanung gefragt“, sagt Stank. Diese Entwicklung, wenn auch zeitfressend, findet sie aber wichtig und richtig.
2016 erlitt Simone Stank einen Burnout: „Ich fühlte mich pflegemüde nach so vielen Jahren. Ich war sieben Wochen in der Klinik, machte eine Therapie.“ Sie stand vor einer wichtigen Entscheidung. „Ich habe mich gefragt, ob der Beruf noch was für mich ist und was ich sonst machen will.“ Eine Alternative fand sie nicht. „Ich mag meinen Beruf, den Umgang mit Menschen.“ Nach einem halben Jahr Auszeit kehrte sie zurück und wurde in ihrer Entscheidung bestätigt. „Als ich zurückkam und sich die Klienten so sehr über meine Rückkehr freuten, wusste ich, dass das genau mein Ding ist.“
Sie würde sich wünschen, dass für die Pflege mehr Geld bereitgestellt wird und vielleicht, wie auch in anderen Branchen, „eine 30- bis 35-Stundenwoche bei gleichbleibendem Gehalt“ eingeführt würde, damit der Beruf für die nachfolgenden Generationen attraktiver ist. In einer Situation, in der derzeit 20.000 Pflegekräfte fehlen, scheint das aber eher utopisch. „Ich freue mich um jeden, der sich für diese Ausbildung entscheidet, denn es ist ein toller Job, sofern einem bewusst ist, dass es Schichtarbeit gibt und jedes zweite Wochenende gearbeitet wird. Man sollte allerdings nicht blauäugig in den Beruf gehen.“
Dass sie nun nach 25 Jahren bei einem Gottesdienst in der lutherischen Kirche mit dem Kronkreuz der Diakonie geehrt wurde, freut Schwester Simone. „Es ist eine schöne Anerkennung.“ Sie ist nicht die einzige Trägerin in Radevormwald. Dass Mitarbeiter so lange dabei bleiben, sagt Stank, „spricht auch für einen guten Arbeitgeber.“