Kirchengemeinde in Radevormwald Pastor Nieland lenkt durch die Pandemie
Grafweg · Pastor Volker Nieland war erst wenige Monate in Radevormwald, als die Corona-Pandemie begann. Er fühlt sich mittlerweile trotzdem angekommen. Zum ersten Gottesdienst nach der Krise kamen immerhin 38 Menschen.
Die Leitung der freien evangelischen Gemeinde Grafweg traf sich am 13. März zu einer Sondersitzung, um einen Fahrplan durch die Corona-Krise auszuarbeiten. Zu diesem Zeitpunkt war Pastor Volker Nieland ein knappes halbes Jahr in Radevormwald und wollte mit seiner Arbeit in der neuen Gemeinde richtig durchstarten. Die Pandemie hat alles verändert. Sein erstes Jahr in der Stadt auf der Höhe hatte er sich anders vorgestellt, aber angekommen fühlt er sich trotzdem.
„Ich habe in den ersten Monaten viele und enge Kontakte geknüpft und habe die Gemeinde schnell kennengelernt. Das hat die Krise für uns alle erleichtert“, sagt der Pastor. Dass er eines Tages die Entscheidung treffen muss, die Gottesdienste seiner Gemeinde für unbestimmte Zeit abzusagen, hätte er nie für möglich gehalten. Als Gottesdienste aufgrund der Ansteckungsgefahr nicht mehr stattfinden durften, war das für alle Gemeindeglieder eine neue Situation. Nicht nur Gottesdienste, sondern alle Veranstaltungen und Gruppen wurden ausgesetzt.
Den Lockdown hat die Gemeinde unter anderem mit digitalen Angeboten überbrückt. Auf einem eigenen Youtube Kanal hat die Gemeinde die Predigten des Gottesdienstes hochgeladen. Einen Live-Stream gab es nicht. „Ein Live-Stream ist technisch sehr aufwendig. Wir haben die Gemeinde aufgefordert, selber den Rahmen für einen Gottesdienst zu gestalten, und das hat in vielen Haushalten sehr gut funktioniert“, sagt Nieland. Gemeindeglieder, die keinen Internetzugang haben, konnten die Predigt über von der Gemeinde zur Verfügung gestellte Bildschirme und USB-Sticks gucken. Digitale Kommunikation war aber nicht der einzige Baustein, auf den Pastor Nieland und die Gemeindeleitung setzten. „Wir haben noch nie so viel telefoniert, wie in dieser Zeit. Seelsorge war ein wichtiges Thema. Die Gemeindeleitung hat auch Karten geschrieben – und wie von alleine standen Blumensträuße vor meiner Tür und vor der Tür anderer Gemeindeglieder. Diese Initiative hat sich jemand aus unserer Gemeinde als Aufheiterung überlegt. Das war auch für mich sehr schön.“
Mit dem Lockdown hat Pastor Volker Nieland noch mehr Facetten und Zwischenmenschlichkeit in der Gemeinde entdeckt. Zum ersten Gottesdienst nach der Krise kamen 38 Menschen. „Andere sind noch zögerlich und wollen noch nicht wieder an einem Präsenzgottesdienst teilnehmen.“ Im Moment feiert die Gemeinde Grafweg alle zwei Wochen einen Gottesdienst im Gemeindehaus. Volker Nieland hofft, dass nach den Sommerferien wieder Kindergottesdienste gefeiert und die Gruppen der Gemeinde geöffnet werden. Das Jahresmotto, das Volker Nieland bei seiner Einsegnung im Oktober 2019 angekündigt hatte, wurde von der Pandemie allerdings nicht durchkreuzt. Nieland will Kirche für die gesamte Familie und „weite Räume der Gnade“ gestalten. Gemeinde bedeutet für ihn auch, einen Ausgleich zu der stressigen Leistungsgesellschaft zu schaffen. „Das Leistungsprinzip gilt in unserer Gesellschaft überall, im Reich Gottes ist das anders. Gott ist gnädig, wir müssen ihn nicht gnädig stimmen“, sagte Nieland bei seiner Einsegnung.
„Das Jahresmotto, die Ökologie des Herzens, konnten wir während der Pandemie leben. Wir hatten Zeit für uns und für unsere Beziehung zu Jesus. Deswegen war 2020 bisher nicht nur schlecht, sondern in mancher Hinsicht hilfreich und lehrreich“, findet Nieland
Der Pastor weiß, dass die Corona-Krise Lebenssituationen verschärft hat. Für die Gemeindeleitung war die Unsicherheit die größte Herausforderung. Volker Nieland freut sich darauf, wenn es bald wieder mehr persönliche Begegnungen am Grafweg gibt.