Kunstinitiative Neue Künstlerfahnen wehen am Kreisel

Radevormwald · „Spiel mit dem Wind“ hat das Künstler-Ehepaar Wil und Grit Sensen ihr Werk genannt. Nun sind die Fahnen zu bewundern.

 Regelmäßig wechseln die Fahnen am Innenstadtkreisel. Hier werden die Werke von zahllosen Fahrern und Passanten gesehen – Kunst mitten im Alltag.

Regelmäßig wechseln die Fahnen am Innenstadtkreisel. Hier werden die Werke von zahllosen Fahrern und Passanten gesehen – Kunst mitten im Alltag.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Obwohl die Kunst von Wil und Grit Sensen ganz unterschiedlich ist, funktioniert ihr Zusammenspiel auf den ersten Blick, oder gerade deswegen? Das Künstlerpaar hat die neuen Fahnen gestaltet, die seit dieser Woche den Kreisverkehr der Kaiserstraße einrahmen. Die beiden nennen diese Installation „Spiel mit dem Wind“ und erinnern damit an eine Ausstellung, die sie vor einigen Jahren in Frankreich gezeigt haben.

Damals haben sie die ersten Bilder realisiert, die vom Wind bewegt und Teil ihrer Umgebung werden. Dank Bernd Freudenberg, der sich weiterhin um wechselnde Fahneninstallationen in der Innenstadt kümmert, hat es die Kunst von Wil und Grit Sensen in die Rader Mitte geschafft. Hier lebt sie im Zentrum der Gesellschaft, genauso wie die Fahnen von Künstler Gerlach Bente. Seine Fahnen hingen im vergangenen halben Jahr an dieser Stelle.

Der technische Titel der Ausstellung „Viseulle Poesie, Partituren von Wil Sensen und Textteppiche von Grit Sensen“ verrät die Optik der Fahnen. Die Werke von Wil Sensen, der jahrzehntelang Professor für freie Grafik und künstlerische Druckgrafik an der Bergischen Universität Wuppertal war, zeigen bunte Tupfen auf einem blauen Hintergrund. Er hat knapp ein Jahr an dem Konzept gearbeitet und sich mit der Grundfarbe an der Kunst seiner Frau orientiert, die ebenfalls in einem Blau strahlt. „Meinen ersten Entwurf habe ich zurückgestellt, mein zweiter war in einem Gold gehalten, aber das konnte nicht gedruckt werden, der dritte war zu farbig, und der vierte hat es dann geschafft. Farbigkeit funktioniert an dieser Stelle besser als blasse Fahnen“, sagt er. Die von ihm entwickelten Fahnen sind, wie in seiner Ausstellung in Frankreich, französischen Komponisten, von der klassischen Moderne bis heute, gewidmet. Seine jetzigen Arbeiten sind allerdings malerischer und weniger grafisch. Der Hintergrund ist reine Malerei, und die Platzierung der Noten, der bunten Tupfen, korrespondiert mit den Textteppichen von Grit Sensen. Sie hat hunderte Buchstaben grafisch angeordnet und dabei Textauszüge aus dem Klassiker „Der kleine Prinz“ des Autors Antoine de Saint-Exupéry verwendet. Zu lesen ist der poetische Text nicht mehr, denn jetzt steht die Form der Buchstaben und ihre Zwischenräume im Vordergrund. „Die Typografie hat sich verselbstständigt und steht jetzt für sich. Buchstaben haben mich schon immer interessiert“, sagt die 79-jährige, die ihren Mann als Studentin in Wuppertal kennengelernt hat. „Ich habe bei ihm Zeichnen gelernt“, erinnert sie sich.

Wil Sensen ist jetzt 84 Jahre alt und freut sich über die Installation in Radevormwald. Das Leben in der Kleinstadt gefällt ihm. Noch schöner wäre es allerdings, wenn in Radevormwald mehr Kunst stattfinden würde und es zum Beispiel einen hellen und offenen Ausstellungsraum gäbe. „Das würde die Stadt unheimlich bereichern“, sagt der Professor. In seinem Haus, direkt in der Innenstadt, schafft er Platz für Kunst, indem er den Esszimmertisch oft zur Arbeitsfläche umfunktioniert. „Ich liebe dieses Haus, allerdings hat es einen großen Nachteil. Wir haben keinen Platz für ein Atelier. Deswegen kann man hier entweder mit Freunden essen oder arbeiten. Beides gleichzeitig geht nicht“, sagt er. Diese Improvisation stört ihn und seine Frau nicht. „Es ist doch schön, wenn Leben in der Bude ist.“ Leben gibt es aber nicht nur bei Wil und Grit Sensen zuhause, sondern mit ihrer Kunst jetzt auch wieder in der Innenstadt. Die Fahnen hängen ein halbes Jahr, bis sie im Dezember gegen Weihnachtsfahnen ausgetauscht werden.

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