Prozess am Amtsgericht Wipperfürth Tochter mit Gürtel geschlagen – Bewährungsstrafe für Mutter

Radevormwald / Wipperfürth · Ihr seien die Nerven durchgegangen, sagte die 41-Jährige. Die Richter berücksichtigten bei ihrem milden Urteil die Reue über den Vorfall.

Weil sie ihre 15-jährige Tochter mit einem Gürtel geschlagen hatte, musste sich eine 41-jährige Radevormwalderin jetzt vor dem Amtsgericht in Wipperfürth verantworten. Denn: Die Zeiten, in denen Eltern ein „Züchtigungsrecht“ zugebilligt wurde, das auch Schläge ganz selbstverständlich einschloss, sind lange vorbei. Wer sein Kind misshandelt, macht nicht nur in der Erziehung etwas  falsch – er oder sie begeht auch eine Straftat. Im konkreten Fall lautete die Anklage auf Körperverletzung.

Die leise sprechende, gepflegt wirkende Frau, die als Angeklagte vor dem Strafrichter erschien, entsprach nicht dem Bild eines unbeherrschten und aggressiven Menschen, der einfach mal zuschlägt, weil er nicht reden kann oder will und Konflikte gewaltsam löst. Offensichtlich wurde in der Hauptverhandlung vielmehr deutlich, dass da eine verzweifelte Frau vor Gericht erschienen war, die als nach der Scheidung alleinerziehende Mutter von zwei Kindern überfordert ist mit der Doppelbelastung von Beruf, Haushalt und Familie. Vor allem aber mit einer pubertierenden Tochter, die sie seit Jahren immer wieder an die Grenzen bringt.

Nach Schilderung der Frau hatten die Probleme vor drei Jahren begonnen. Die damals zwölfjährige Tochter entwickelte sich zur notorischen Schulschwänzerin. Ihre Mutter suchte telefonisch den Kontakt zum Jugendamt, bat eigenen Angaben zufolge um Rückruf, „aber niemand hat sich gemeldet“.  Beim Schule-Schwänzen blieb es nicht: „Mehrmals kam sie betrunken nach Hause. Dann habe ich erfahren, dass sie auch raucht.“ Im August 2022 spitzte sich der Konflikt zu, als die Mutter angerufen wurde, weil ihre nun 15-jährige Tochter in einem Laden geklaut hatte. „Da sind mir zu Hause im Streit die Nerven durchgegangen, und ich habe sie mit dem Gürtel auf Arme und Beine geschlagen.“

Am nächsten Tag, einem Sonntag, war das Mädchen aus der Wohnung verschwunden. „Ich habe sie zusammen mit meinem Ex-Mann in der ganzen Stadt gesucht.“ Die 15-Jährige war im Krankenhaus. Freunde, mit denen sie sich getroffen hatte, hatten einen Rettungswagen gerufen, weil sie ohnmächtig geworden war. Den Rettungssanitätern fielen die Hämatome an den Armen und Beinen der Jugendlichen auf. Sie erzählte, dass die Mutter sie am Tag zuvor geschlagen habe. Das Jugendamt nahm die 15-Jährige in Obhut. Zehn Tage später kam sie zurück in die Wohnung der Mutter.

Seitdem wird die Familie vom Jugendamt betreut. Ein Hilfeplan für Tochter und Mutter ist in Arbeit. Gut läuft es aber immer noch nicht zwischen beiden, wie die Frau auf Nachfragen des Richters aussagte: „Meine Tochter blockt alles ab, was ich sage, und sie beleidigt mich. Zumindest geht sie zur Schule – wie regelmäßig, weiß ich aber nicht.“ Aus ihrer Sicht ist vor allem ein falscher Freundeskreis des Mädchens schuld an den Schwierigkeiten.

Bei der Urteilsfindung ging der Richter entsprechend dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft von einem minderschweren Fall der Körperverletzung aus und entschied auf eine Verwarnung mit Strafvorbehalt. Im konkreten Fall läuft das auf eine Geldstrafe zur Bewährung hinaus: Die Strafe wurde auf 2700 Euro festgesetzt (90 Tagessätze zu 30 Euro). Die bisher nicht vorbestrafte Frau muss sie aber nur bezahlen, wenn sie innerhalb der Bewährungszeit von zwei Jahren erneut einschlägig straffällig werden sollte. Danach wird die Strafe erlassen. Der 41-Jährigen wurde es zur Auflage gemacht, in den zwei Jahren weiter mit dem Jugendamt zusammenzuarbeiten.

Das milde Urteil begründete der Richter damit, dass der gesamte Vorfall „aus Elternsicht nachvollziehbar, wenn auch nicht zu entschuldigen ist“. Die Frau habe die richtigen Konsequenzen gezogen und mit dem Jugendamt zusammengearbeitet. Das lasse für die Zukunft der Familie hoffen. Nachdrücklich mahnte der Richter die Frau aber auch: „Egal, wie schwierig es ist – Sie müssen sich im Griff haben und dürfen niemals mit körperlicher Gewalt reagieren.“