Martini-Gemeinde in Radevormwald Er ist der Seelsorger unserer Soldaten

Radevormwald · Uwe Rieske war jahrelang als Notfallseelsorger tätig, zum Beispiel nach der Love-Parade-Katastrophe von Duisburg. Nun ist er Militärdekan auf der Hardthöhe. In Radevormwald sprach er bei der Martini-Gemeinde über seinen Dienst.

 Dr. Uwe Rieske sammelte Erfahrung als Notfallseelsorger, bevor er seinen Dienst für die Bundeswehr antrat. Welche Herausforderungen das mit sich bringt, berichtete er nun bei einem Vortrag in Rade.

Dr. Uwe Rieske sammelte Erfahrung als Notfallseelsorger, bevor er seinen Dienst für die Bundeswehr antrat. Welche Herausforderungen das mit sich bringt, berichtete er nun bei einem Vortrag in Rade.

Foto: Wolfgang Weitzdörfer

Einblick in einen Bereich des Lebens, der in der Regel nicht vielen Menschen zugänglich ist, zeigte Militärdekan Dr. Uwe Rieske am Mittwochabend vor etwa 25 Interessierten im Gemeindehaus der Evangelisch-Lutherischen Martini-Gemeinde. In der Reihe „Kirche im Gespräch“, in der immer wieder Themen und Menschen eine Bühne bekommen, die eine Relevanz für die Gesellschaft haben, war der evangelische Pfarrer zu Gast in Radevormwald, um zum Thema „Seelsorge und Flecktarn – von der Notfallseelsorge zur Militärseelsorge“ einen interessanten Vortrag zu halten.

Sieben Jahre war Rieske als Notfallseelsorger tätig, etwa nach dem Tsunami in Indonesien, nach der Love-Parade-Katastrophe von Duisburg oder dem Germanwings-Absturz in den französischen Alpen. Im vergangenen Jahr wechselte Rieske den Tätigkeitsbereich und arbeitet seitdem in Bonn auf der Hardthöhe als Militärseelsorger.

Rieske blickte in seinem Vortrag zunächst auf den Begriff der Seelsorge in der frühen Kirche. „Die Seelsorge sollte in gegenseitiger Begleitung und Ermahnung dabei helfen, den Weg zum Seelenheil zu finden“, sagte er. So gebe es über allem die Seelsorge in der Ortsgemeinde. „Daraus erwachsen die Polizeiseelsorge, die Schulseelsorge, die Krankenhaus- oder Hospizseelsorge - und eben auch die Notfallseelsorge und die Militärseelsorge“, sagte Rieske.

Der Weg zur Militärseelsorge war da durchaus kein kleiner Schritt. „Es ist ein kontroverses Feld, natürlich. Denn es gibt das fünfte Gebot - Du sollst nicht töten. Die Menschen, die ich betreue, werden aber dazu ausgebildet, genau das tun zu können. Dieses Spannungsfeld darf und muss diskutiert werden“, sagte Rieske. Da aber die Seelsorge heute als „lebensbegleitende menschliche Begegnung zwischen Einzelnen im Horizont der Zuwendung Gottes“ verstanden werde und als Ausdrucksmittel das Gespräch und die Begleitung habe, könne diese natürlich auf die verschiedensten Weisen stattfinden. Allerdings sei sie keine psychologische Betreuung, betonte Rieske.

Aus der Notfallseelsorge konnte Rieske vielfältig erzählen, schließlich hatte er in vielen Jahren in dieser Tätigkeit viel erlebt. „Es ist das Mitaushalten dessen, was nicht auszuhalten ist“, sagte Rieske. Er berichtete etwa vom Germanwings-Absturz. „Da haben wir die Menschen länger betreut als normal, da waren wir auch als Team vor Ort“, sagte Rieske. Deutlich wurde der nötige Aufwand, als Rieske ein Organigramm der vielfältigen Einsatzbereiche nach dem Love-Parade-Unglück zeigte. Grundsätzlich gehe es dem Notfallseelsorger darum, dass Menschen auch über den Tod hinaus ihre Würde behielten. „Wir verteilen keine Schuld, und wir sind keine Richter.“ Das sei etwa der Fall, wenn Menschen Gewalt ausübten oder unter Alkoholeinfluss einen Unfall verursachten. „Ein Kollege aus Bonn hat mir erzählt, dass er besonders die Kinder von Gewalttätern im Blick hat. Und ihre Bedürfnisse.“ Von da sei der Schritt in die Militärseelsorge gar nicht so groß. Es gehe hier um die Betreuung und Begleitung von Soldaten, ihren Angehörigen und zivilen Mitarbeiten. „Im Inland genauso wie im Ausland. Bei Übungen und Manövern genauso wie bei Auslandseinsätzen in Kriegsgebieten.“

Einsätze seien prägend und oft auch belastend. Hintergrund der Militärseelsorge sei ein Vertrag von 1957. „Militärseelsorge ist Teil der kirchlichen Arbeit, der Staat sorgt für Organisation und Kosten“, sagte Rieske. Wichtig sei an dieser Stelle, dass der absolute Vertrauensschutz gegeben sei. „Wir sind Teil des Systems, aber auch wieder nicht. Das ist durchaus von Vorteil.“

Der heutigen Zeit geschuldet, könne man indes gar nicht mehr so wirklich wissen, welcher Religion die Soldaten angehörten. „Ich habe kürzlich die Feldjäger vor einem Auslandseinsatz mit dem abrahamischen Segen segnen wollen - der gilt ja für alle: Juden, Christen und Muslime“, erzählte Rieske und schmunzelte.

Während des Segens sei Unruhe aufgekommen. „Was denn los sei, habe ich gefragt. Ein Feldjäger hat gesagt: Gilt der denn auch für Buddhisten?“ Selbstverständlich tue er das, habe er gesagt. Er diene dem Menschen, unabhängige von seiner Religion. „Die wir für mich erst bedeutsam, wenn es um Rituale geht.“

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