Rheinische Landestheater Neuss in Rade Diese Matinee macht Lust auf Theater

Radevormwald · Die Schauspieler des Rheinischen Landestheaters in Neuss stellten zwölf mögliche Stücke für die neue Spielzeit vor. Alle Beteiligten sind froh, dass dies trotz der Corona-Pandemie möglich ist.

 Die Ensemblemitglieder des Rheinischen Landestheaters gaben eine Vorschau der Spielzeit 2021/22. Die Zuschauer können selber abstimmen, welche Stücke dann im Bürgerhaus aufgeführt werden sollen.

Die Ensemblemitglieder des Rheinischen Landestheaters gaben eine Vorschau der Spielzeit 2021/22. Die Zuschauer können selber abstimmen, welche Stücke dann im Bürgerhaus aufgeführt werden sollen.

Foto: Jürgen Moll

Michael Teckentrup ist die Erleichterung ins Gesicht geschrieben. Gerade ist das Licht im Saal im Bürgerhaus erlischt und der Vorsitzende des Kulturkreises in Radevormwald hat die wenigen Stufe zur Bühne hinauf genommen. An seiner Seite im Rampenlicht steht Caroline Stolz, Intendantin des Rheinischen Landestheaters in Neuss. „Wir wussten lange nicht, wie es weitergeht“, fasst sie schließlich zusammen, „und wir freuen uns, dass wir überhaupt hier sein können“.

Bis zur letzten Minute hat das Ensemble des Theaters noch an der Präsentation geschraubt, um sie den neuen Coronaregeln entsprechend auf die Bühne bringen zu können. Szenen aus zwölf Stücken haben die Schauspieler mitgebebracht. Sechs von ihnen werden in der Spielzeit 2021 und 2022 auf der Bühne in Rade gezeigt. Die Entscheidung trifft der Programmbeirat des Kulturkreises – mit Unterstützung der Zuschauer. Die haben am Sonntagmorgen im Bürgerhaus die Wahl – aber zuerst ermöglicht das junge Ensemble des Theaters in Neuss den Besuchern einen unterhaltsamen Einblick in alle zwölf Stücke. Eines haben diese alle gemeinsam: „Sie stehen unter unserem Jahresthema Empathie“, erklärt die Intendantin und dann überlässt sie den Schauspielern die Bühne.

Die nehmen sich rund 45 Minuten Zeit, um den Zuschauern einen Blick in die Zukunft des Theaters zu gewähren: Nelly Politt, Niklas Maienschein, Peter Waros, Hergart Engert und Johannes Bauer haben ein atemberaubendes Tempo an diesem Vormittag, sie schlüpfen in so viele unterschiedliche Rollen, dass mit der Präsentation nicht nur ein Licht auf das künftige Programm, sondern auch auf ihr unglaubliches Können fällt. Jeder der fünf Schauspieler bringt eine kleine Holzkiste mit Requisiten mit, aus der er sich für die Szenen kunstvoll bedient.

Bevor die Darsteller allerdings mit Hauptmanns „Die Ratten“ das erste Stück in den Blick nehmen, gönnen sie sich noch eine kleine Szene zur Corona-Pandemie. „Vorspulen“ lautet ihr Motto – Sprache und Bewegungen werden schneller, bis das Kapitel überwunden ist. Erst dann widmen sie sich dem bunten Programm und machen Lust auf Theater. Die Szenen gehen ineinander über, kleine Ansagen geben dem Zuschauer Orientierung, an welcher Stelle des Wahlzettels sie sich gerade befinden. Sie spielen Hauptmann und Georg Büchner genauso eindrucksvoll wie eine heitere Szene aus „Shakespeare in Love“. Nelly Politt singt Imagine, während Johannes Bauer zaghaft auf der Gitarre spielt und so einen kleinen Einblick in einen möglichen Liederabend mit Songs der Beatles gibt. Mal ganz leise und nachdenkliche, dann ausladend und ausdrucksstark: Die Schauspieler ermöglichen dem Publikum ein erstes Gespür für das bunte Programm, das immer wieder eindrucksvoll an das Jahresthema des Theaters erinnert.

Beim wortlosen Schauspiel „Lichter der Großstadt“ nach dem Film von Charlie Chaplin beweisen die Darsteller starke Gestik und Mimik, helfen sich mit großen Pappschildern. Den jungen Franz Huchel, verzweifelt vom aufkommenden Nationalsozialismus, lassen sie in Wien Sigmund Freud begegnen und machen Lust auf das Schauspiel „Der Trafikant“. Zum Einblick in das Stück „Götterspeise“ geben sie dem Liebeskummer ein Gesicht – und enden schließlich in der Einsicht: „Die Welt ist nur mit Mitgefühl zu retten“.

Die Zuschauer im Saal machen sich kleine Notizen auf ihren Wahlzetteln, freuen sich über die lebhafte Reise durch verschieden Theatergenres und applaudieren schließlich begeistert. „Mir hat die Präsentation für meine Wahl wirklich geholfen“, sagt Zuschauerin Heide Rosendahl am Ende. Sie habe sich den Zettel schon vor der Präsentation angesehen und eine erste Auswahl getroffen. „Manche Stücke kenne ich schon, andere haben mich heute ganz positiv überrascht“, befindet die 82-Jährige, setzt schließlich ihre sechs Kreuze und überreicht ihren Zettel an Michael Teckentrup. Der ist rundherum zufrieden mit der Präsentation an diesem Vormittag.

Er selbst habe viele neue Eindrücke gesammelt und sich über die lockere Präsentation gefreut, sagt der Vorsitzende des Kulturkreises. Nach dem Abgabeschluss der Wahlzettel werde nun der Programmbeirat tagen abwägen.

Verschiedene Faktoren nähmen Einfluss auf die abschließende Entscheidung, die spätestens Ende des Jahres getroffen wird. Dazu gehören Finanzierbarkeit und Vielfalt genauso wie die Meinung der Zuschauer, sagt Michael Teckentrup.

„Die Wahl der Zuschauer ist uns wirklich wichtig“, betont Teckentrup am Ende des ereignisreichen Vormittags, „nur so können wir die nächste Spielzeit gestalten“.

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