Christen diskutieren über die Zukunft der Kirche Katholiken im Dialog zwischen Frust und Hoffnung

Radevormwald/Hückeswagen/Oberberg · Katholische Christen trafen sich am Donnerstagabend zum virtuellen Austausch über die Probleme in der Kirche. Was blieb, war ein positives Fazit.

 Mehr als 40 Teilnehmer hatten sich zum virtuellen Dialog über die Probleme der Kirche zusammengefunden.

Mehr als 40 Teilnehmer hatten sich zum virtuellen Dialog über die Probleme der Kirche zusammengefunden.

Foto: Wolfgang Weitzdörfer

Die Katholische Kirche befindet sich in einem desolaten Zustand. „Eine Hiobsbotschaft jagt die nächste – es besteht ganz dringlicher Redebedarf“, brachte es Moderatorin Melanie Wielens von der Agentur radius 4 auf den Punkt. Mehr als 40 Teilnehmer aus Oberberg hatten sich virtuell zusammengefunden – um dem Motto gerecht zu werden: „Wir müssen reden!“ Und in der Tat, die Themen waren vielfältig. „Die Skandale um sexuellen Missbrauch, die Umstrukturierungsprozesse in den schrumpfenden Bistümern, Reformwünsche, die immer lauter formuliert werden, und die Gläubigen laufen scharenweise davon“ – wenn man der Zusammenfassung der Moderatorin lauschte, wurde das Dilemma überdeutlich. Insofern war es gut, wichtig und richtig, die Diskussion mit den Gläubigen zu suchen, die der Kirche noch nicht den Rücken gekehrt haben. Die Veranstaltung wurde vom Katholischen Bildungswerk in Zusammenarbeit mit dem Kreiskatholikenrat im Oberbergischen Kreis veranstaltet.

Als Vertreter der Kirche war Kreisdechant Christoph Bersch mit dabei, der auf die Frage, wie er die aktuelle Zeit erlebe, deutliche Worte fand: „Es sind Stürme, einer nach dem anderen. Ich muss auch an den Tisch von Putin denken – die Gläubigen auf der einen Seite, und ganz weit entfernt, die Kirche auf der anderen.“ Das dritte Bild, das ihm in den Sinn komme, sei das der Wüste, in der alles verdorre. „Dennoch ist da Hoffnung, dass wir gemeinsam den Weg hinausfinden“, sagte Bersch.

Auch Torsten Wolter, Vorsitzender des Kreiskatholikenrats, sieht derzeit viel Frust – auch in anderen Katholikenräten, mit denen er in Kontakt steht. „Der lähmende Frust sitzt tief. Allerdings erlebe ich auch positive Gespräche und die Zuversicht, dass wieder an eine gemeinsame Kirche geglaubt werden kann“, sagte Wolter.

In virtuellen Kleingruppen zogen sich die Teilnehmer dann zurück, um die individuellen Probleme detaillierter zu benennen. Dabei wurde deutlich, wie sehr die Kirche in Rom den Kontakt zu den Gläubigen vor Ort verloren zu haben scheint. Eine Aussage war etwa: „Wenn ich in meiner Firma einen Umgang mit Frauen erleben würde, wie er in der Kirche der Fall ist – ich würde sofort kündigen.“ Das Hierarchiegefälle, Vorgaben, an die sich selbst nicht gehalten würde, der Verlust der Kirche, wie man sie als Kind kannte, oder ein „bedeutsames Zerrissenheitsgefühl zwischen Ortskirche und Bistum“ – all diese Themen wurden angesprochen und von den Teilnehmern als belastend für ihre Kirchenzugehörigkeit empfunden. Man brauche sich daher auch nicht zu wundern, dass sich junge Menschen in großer Zahl von der Kirche abwenden würden. Als Lösung gebe es indes nicht viele Möglichkeiten. „Was können wir machen? Entweder wir machen selbst etwas – oder wir lassen es. Es liegt an uns“, lautete eine Aussage. Die Bitte, weitere Veranstaltungen dieser Art anzubieten, wurde ebenfalls geäußert. Und die Idee, die Kirche vor Ort neu aufzubauen, mit flachen Hierarchien, mehr Laienbeteiligung und gewählten Geistlichen.

Es blieb zumindest ein positives Fazit, bei allen sichtbaren und geäußerten Problemen: Der Dialog wurde nach wie vor geführt. Und solange das so ist, ist nicht alles verloren. Auch nicht eine sicherlich fehlerhafte Kirche.

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