Kirchengemeinden in Radevormwald Fusion der großen Gemeinden „ist realistisch“

Radevormwald · Noch ist die Zusammenlegung von lutherischer und reformierter Gemeinde nicht geplant. Doch die Entwicklung zeichnet sich ab.

 Die lutherische Kirche an der Burgstraße.

Die lutherische Kirche an der Burgstraße.

Foto: Stefan Gilsbach

Es ist heutzutage nicht ungewöhnlich, dass Kirchengemeinden fusionieren, ob in der katholischen Kirche oder in den protestantischen Kirchen. Der Rückgang der Mitglieder und die damit verbundenen Kostenfragen spielen dabei eine Rolle.

In Radevormwald ist die Fusion der beiden evangelischen Gemeinden Dahlerau und Remlingrade mit dem 1. Januar vollzogen worden. Schon vorher waren die beiden Gemeinden nähergerückt, so war Pfarrerin Maria Kluge ab 2014 für beide Bereiche zuständig wie nun auch der neue Pfarrer der vereinigten Gemeinde, Albrecht Keller.

Doch wie steht es mit den großen protestantischen Gemeinden in Radevormwald? In den vergangenen Jahren sind auch sie nach und nach zusammengerückt, etwa mit gemeinsamen Gottesdiensten. Ist in einigen Jahren auch hier mit einer Fusion zu rechnen? „Dieser Gedanke ist durchaus realistisch“, sagt Philipp Müller, Pfarrer der lutherischen Kirchengemeinde. „Es gibt ja jetzt schon enge Verbindungen, beispielsweise das gemeinsame Friedhofsareal oder der Kita-Verband, den wir zusammen verwalten.“ Konkrete Pläne für eine Fusion gebe es jedoch von Seite des Kirchenkreises Lennep derzeit nicht, stellt der Geistliche klar. „Wir gehen diesen Weg erst einmal weiter.“

 Die Kirche der evangelisch-reformierten Gemeinde am Markt.

Die Kirche der evangelisch-reformierten Gemeinde am Markt.

Foto: Hogekamp, Lena (hoge)

Auch Dr. Dieter Jeschke, Pfarrer der reformierten Kirchengemeinde, erklärt, dass es derzeit kein Stichdatum für eine Fusion gibt. „Wir möchten aber die Kooperation weiter ausbauen.“ Die gemeinsamen Gottesdienste fänden bereits zweimal im Monat statt.

Die lutherische Kirchengemeinde in Radevormwald ist mit 5490 Gemeindegliedern die größere unter den beiden protestantischen Gemeinden, die zum Kirchenkreis gehören. Die reformierte Gemeinde hat 1139 Gemeindeglieder. Dass zumindest laut über eine Fusion nachgedacht wird, hat verschiedene Gründe. „Das Pfarrpersonal wird auch bei den Protestanten allmählich knapper“, sagt Philipp Müller. Dieses Problem betreffe also nicht nur die katholische Kirche mit ihren zölibatären Priestern.

Dass es auch nicht mehr so einfach ist, Presbyterien zu besetzen, hat sich in den vergangenen Monaten gezeigt – in der lutherischen Gemeinde konnten die Plätze gerade so gefüllt werden, damit gelten die Bewerber bereits als gewählt. Auch in den anderen protestantischen Gemeinden standen die Bewerber nicht eben Schlange.

Doch lassen sich lutherisches und reformiertes Bekenntnis einfach so zu einer Gemeinde verbinden? Gibt es keine theologischen Unterschiede? Doch, die gebe es durchaus, sagt Philipp Müller. „Vor allem beim Abendmahlsverständnis.“ Die reformierte Kirche sieht das Abendmahl vor allem als Erinnerungsmahl, bei den Lutheranern gibt es noch ein etwas mystischeres Verständnis. Auch liege bei den reformierten Kirchen der Schwerpunkt eher auf der Predigt, auch die Zurückhaltung bei der Ausstattung der Gotteshäuser ist typisch reformiert – Stichwort Bilderverbot.

Da stellt sich die Frage, ob man vor allem traditionsbewussten Gemeindemitgliedern auf beiden Seiten mit einer Vereinigung etwas zumutet. „Ich kann natürlich nur für unsere Gemeinde sprechen“,sagt der lutherische Pfarrer. „Wir sind da theologisch offen, auch im Presbyterium.“ Natürlich müsse man bei einem solchen Prozess „die Menschen mitnehmen.“

Sein Kollege Dieter Jeschke von der reformierten Gemeinde meint: „Manche Fusionen funktionieren gut, andere weniger gut.“ So weit er solche Prozesse in anderen Städten beobachten konnte, gebe es zwei wichtige Faktoren, die zu einer gelungenen Fusion beitragen: „Transparenz und Augenhöhe.“ Die Gläubigen der kleineren Gemeinde dürften nicht das Gefühl haben, zu dieser Zusammenführung gedrängt zu werden. „Die Zusammenlegung von Gemeinden ist schließlich keine feindliche Übernahme“, sagt Jeschke.

Zur Transparenz gehöre beispielsweise, dass nach vollzogener Fusion nicht noch „Leichen im Keller“ entdeckt werden, die von der anderen Gemeinde verschwiegen wurden, etwa baufällige Gebäude oder andere finanzielle Belastungen.

Was die beiden großen protestantischen Gemeinden in Radevormwald angehe, so pflege man unter den Pfarrern bzw. Pfarrerinnen ein gutes Verhältnis. Dass es im Fall einer Fusion größere Widerstände geben würde, kann Jeschke sich nicht vorstellen. Möglich ist allerdings, dass eine Fusion erst dann kommen wird, wenn die aktuellen Seelsorger bereits im Ruhestand oder an einer anderen Pfarrstelle beschäftigt sind. „So etwas ist schwer zu planen“, meint der Geistliche.

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