Künstler im Verborgenen Eine Weltreise mit Klöppelspitze

Radevormwald · Hannelore Gernath klöppelt seit 30 Jahren. Für sie ist die Handarbeitskunst Herausforderung und gleichzeitig Entspannung.

 Hannelore Gernath liebt ihre Klöppelarbeiten. Auf Märkten in Italien und Frankreich fand sie jede Menge „Spitzen“-Arbeiten. Im Bergischen ist die Handwerkstechnik nicht so verbreitet.

Hannelore Gernath liebt ihre Klöppelarbeiten. Auf Märkten in Italien und Frankreich fand sie jede Menge „Spitzen“-Arbeiten. Im Bergischen ist die Handwerkstechnik nicht so verbreitet.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Bei einem Urlaub in Schweden wurde Hannelore Gernath ein letztes Mal daran erinnert, wie groß ihre Begeisterung für die Handarbeit Klöppeln ist, bevor sie sich selber einen Lehrer suchte, um die Handarbeit zu erlernen. „Ich war schon immer fasziniert von Klöppelkunst, aber habe mir nie den Ruck gegeben, um es selber zu machen. In Schweden war es dann so weit“, erinnert sie sich. Zurück in Deutschland trommelte sie in wenigen Tagen eine Gruppe von acht begeisterten Frauen zusammen, die von Ulrike Völker unterrichtet wurden. „Kurzerhand stand ein Wochenendkursus, und damals wusste ich schnell, dass ich noch mehr als die Grundtechniken erlernen will“, sagt sie.

Nach 30 Jahren gehört Hannelore Gernath im Klöppelverband zu den Frauen, die die meisten Klöppelspitzen selber herstellen können. Sie hat zahlreiche Lehrgänge besucht und auch selber unterrichtet. Diese Zeit ist jetzt, aus gesundheitlichen Gründen vorbei. „Ich klöpple nur für mich und zwar mit einer wahnsinnigen Begeisterung. Wenn ich der Handarbeit nachgehe, bin ich in einer anderen Welt und kann meine Gedanken schweifen lassen. Ich finde dabei Ruhe“, sagt sie. In ihrem Haus in Radevormwald kann man einige ihrer Klöppelarbeiten entdecken und auch im Radevormwalder Heimatmuseum werden aktuell noch bis Mitte September einige Spitzen der Künstlerin ausgestellt.

Von den mehr als 40 Klöppelarten, die sich je nach Muster, Technik und Material unterscheiden und ebenfalls aufgrund ihrer historischen und geografischen Entwicklung, beherrscht Hannelore Gernath einen Großteil. Ob Mailänder Spitze, Flechtspitze, Torchon-Spitze oder Tüllspitze – die Radevormwalderin kann sich für jede Art des Klöppelns begeistern. „Über die Handarbeit beschäftigt man sich mit den Ursprungsländern der Technik, lernt die Historie und die Epochen kennen. Das finde ich toll“, sagt sie.

Weil die Handarbeitskunst im Bergischen Land keinen historischen Ursprung hat, gibt es neben Hannelore Gernath nur wenige Frauen in der Region, die diese Form der Handarbeit umsetzen können.

Die ersten Quellen, in denen Musterbücher des Klöppels aufgetaucht sind, stammen aus dem 16. Jahrhundert aus Italien. Auch in Frankreich hat die Handarbeit eine lange Tradition. „Wenn man in Italien oder Frankreich über die Märkte geht, findet man sehr viel Spitze. Auch in Holland und Belgien ist das so, nur mit einer ganz anderen Technik“, berichtet Hannelore Gernath. Die Radevormwalderin kann sich gut daran erinnern, wie sie sich auf einem französischen Markt zusammenreißen musste. „Da gab es eine riesige Auswahl. Ich hätte alles kaufen können.“

Zu ihren liebsten Teilen, die sie in den vergangenen Jahren angefertigt hat, gehören einige Deckchen, die überall in ihrem Zuhause liegen, aber auch Teile, die gerahmt als Kunstwerk an der Wand hängen. Je nachdem, wie filigran eine Arbeit ist, braucht Hannelore Gernath bis zu neun Wochen, um sie fertigzustellen.

Klöppeln kann sie jedem empfehlen, der gerne genau und präzise arbeitet, sich für Garne und Muster begeistern kann und außerdem ein technisches Verständnis hat, denn die Klöppelbriefe, die Anleitungen, sind oft sehr komplex. Außerdem halten Handarbeiten fit. „Durch die Aktivität mit den Händen bleiben nicht nur meine Finger beweglich, sondern auch mein Geist. Ich bin fest davon überzeugt, dass Handarbeiten auch Demenz vorbeugen kann“, sagt sie.

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