Hochwasser-Historie in Radevormwald Die Wupper trat schon früher über die Ufer

Radevormwald · Bereits aus dem 19. und 20. Jahrhundert gibt es einige Berichte über Hochwasser des Flusses im heutigen Stadtgebiet von Radevormwald.

 Ein Bild vom Hochwasser der Wupper zum Jahreswechsel 1925/1926 aus Band 5 von „Radevormwald in alten Ansichten“.

Ein Bild vom Hochwasser der Wupper zum Jahreswechsel 1925/1926 aus Band 5 von „Radevormwald in alten Ansichten“.

Foto: Stadtarchiv Radevormwald

Von einem Jahrhundert-Hochwasser ist bereits jetzt die Rede nach den Ereignissen vom 14. und 15. Juli 2021. Der Vorstand des Wupperverbandes, Georg Wulf sprach bei einer Pressekonferenz sogar von einem Ereignis, wie es nur in Jahrtausend-Abständen vorkommt.

Sicher ist, dass die Ereignisse der vergangenen Tage in der Historie der Wupper-Hochwasser einen festen Platz haben werden. Doch Überflutungen, bei denen es sogar Todesopfer gab, haben die Anrainer der Wupper bereits mehrmals erlebt. Iris Kausemann, Stadtarchivarin der Stadt Radevormwald, hat für unsere Zeitung einen Blick in ihren Bestand getan und tatsächlich einige Quellen zu Hochwasser-Ereignissen in den vergangenen Jahrhunderten gefunden.

1892 trat im Tal der Wupper bei Radevormwald der Fluss bedrohlich über die Ufer. Betroffen war unter anderem die Ortschaft Dahlerau. In den „Heimatgeschichtlichen Beiträgen“ aus dem Jahr 1964 heißt es, zu dieser Zeit hätten die Gärten in Dahlerau noch recht tief gelegen, erst durch die Bahnbau wurde das Terrain höher angekippt. Und so liefen die Gärten rasch voll mit Wupperwasser. Doch es wurde schlimmer: „Die Ladestraße im Fabrikgelände war ein reißender Strom.“ Das Wasser drang in die Fabrikräume ein, richtete Schaden an, so wird ein Zeitzeuge zitiert. Der Fabrikhof habe sich „in einen brodelnden Hexenkessel“ verwandelt. Der Erzähler der Ereignisse habe sich vor den Wassermassen schließlich durch eine Kletterpartie „zum Gashaus, durchs Fenster über den Obergraben“ gerettet. Ein anderer Mann wurde durch das Wasser davongetrieben, blieb aber in einer Walke zum Untergraben stecken und konnte gerettet werden.

Trotz der gefährlichen Lage habe es auch skurrile Momente gegeben: „Kaninchenställe kamen angeschwommen, viel Grubenholz hatte die Fahrt aus Marienheide und dem Wiebachtal angetreten, sogar ein Hund saß angekettet auf seiner Hütte und segelte wupperabwärts“. Tierfreunde dürfen sich beruhigen: Der arme Vierbeiner konnte am Wupperwehr gerettet werden.

Als das Ausmaß der Schäden deutlich wurde, hatten die Menschen Galgenhumor auch dringend nötig. Viele „Küppen“ waren durch das Wasser verdorben, der ganze Betrieb verschlammt. „Aus sauberen Webern wurden schmutzige Kanalarbeiter.“

Dokumentiert ist auch ein ungewöhnliches Hochwasser im Jahr 1925, das sich am Silvestertag ereignete. Davon berichtet der fünfte Band der Reihe „Radevormwald in alten Ansichten“. Betroffen war dabei vor allem jener Bereich, der heute unter oder am Ufer der Wupper-Talsperre liegt. „Am letzten Tag des Jahres 1925 trat die Wupper so über ihre Ufer, dass in Kräwinklerbrücke-Öge die Metallwarenfabrik Siepers Söhne am Wupperbogen unter Wasser stand“, heißt es dort. Links gegenüber dem Bahnhof Kräwinklerbrücke blieb das Stahlwerk Urbach durch seine erhöhte Lage verschont. Bis an das Patrizierhaus der Familie Sieper aus dem 18. Jahrhundert kamen die Fluten ebenfalls nicht. Auch im Jahr 1946, im Februar, soll es ein Hochwasser der Wupper im Bereich von Radevormwald gegeben habe, berichtet Stadtarchivarin Iris Kausemann. Dokumente dazu habe sie allerdings in ihren Unterlagen nicht gefunden.

Eigentlich sollten die Talsperren im Einzugsgebiet der Wupper dafür sorgen, dass es nicht wieder zu Hochwasserlagen kommt. Als im Jahr 2013 große Flutschäden in Süddeutschland entstanden, fragte die Bergische Morgenpost auch beim Wupperverband nach, wie groß im Falle von starken Niederschlägen die Gefahr für die Region sei. Susanne Fischer, die Sprecherin der Verbandes, zeigte sich zuversichtlich, dass dieser Gefahr begegnet werden könne: „Falls extremer Dauerregen vorhergesagt wäre, könnten wir im Vorfeld Wasser aus den Talsperren ablassen, um wieder einen Puffer zu haben.“ Eben das hatten die Mitarbeiter des Verbandes nun wegen der Tage vorher bereits angekündigten starken Niederschläge getan – wie wir nun wissen, hatte es nicht ausgereicht. Sowohl die Bever- als auch die Wupper-Talsperre konnten die extremen Regenmengen nicht mehr halten.

Die Diskussion, ob durch das Ablassen von mehr Wasser die Lage hätte entschärft werden können, wird derzeit kontrovers geführt, unter anderem von Anwohnern der Bever-Talsperre, deren Grundstücke bei dem Hochwasser überflutet wurden. 

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