Karthausen Bürger kämpfen gegen neues Baugebiet

Radevormwald · Der Ton wird langsam schärfer. Das von der Stadtverwaltung in Karthausen geplante riesige Neubaugebiet stößt auf großen Widerstand. Bürger und Politiker wollen alle Möglichkeiten ausschöpfen, das Bauvorhaben zu verhindern.

 Anwohner und Politiker protestieren gegen das geplante Baugebiet in Karthausen (v.l.): Andrea Mortiere, Britta Hoffmann, Thomas Schaab, Nils Paas und Werner Nowara.

Anwohner und Politiker protestieren gegen das geplante Baugebiet in Karthausen (v.l.): Andrea Mortiere, Britta Hoffmann, Thomas Schaab, Nils Paas und Werner Nowara.

Foto: Joachim Rüttgen

Der Aufruf von Thomas Schaab ist unmissverständlich: „Ich appelliere an die Vernunft der Entscheidungsträger, die vorhandenen Alternativen in die Überlegungen mit einzubeziehen und die Profitmaximierung nicht als das wichtigste Ziel zu betrachten.“ Der Protest richtet sich gegen das von der Stadt geplante Neubaugebiet in Karthausen. Dort sollen 500 neue Wohneinheiten entstehen. Kritiker sprechen von einem „kommunalen Flächenfraß“. Und Schaab kritisiert die Informationspolitik der Stadt und der CDU. Das sei eine Kombination aus Fehl- und Falschinformationen. Zu Beginn sei von 50 bis 60 Einfamilienhäusern die Rede gewesen, mittlerweile vom größten Bauprojekt aller Zeiten. Auch der Slogan, die Stadt wolle Grundstücke für junge Familien anbieten, sei falsch, „dann hätte sie in den vergangenen Jahren die überall in Rade vorhandenen und zum Teil bereits parzellierten Bauerwartungsgrundstücke längst vermitteln und zu Bauland erklären können“, meint Schaab.

Er verstehe nicht, warum sich Stadt und CDU weder an die Festlegungen des Landschaftsplan des Kreises noch an die Landschaftsschutzbestimmungen halten. „Hier wird weder auf Landschaftsschutz noch auf Denkmalschutz Rücksicht genommen, denn Karthausen ist eine denkmalgeschützte Hofschaft“, sagt er. Auch der Vorwurf der Unwahrheit steht im Raum. Werner Nowara ist irritiert. „Uns wurde von der Stadt gesagt, dass es keine anderen Flächen für eine Bebauung gibt. Das ist gelogen“, sagt er und zeigt auf einem Plan die Bereiche Nadelsiepen oder zwischen Kommunalfriedhof und Gymnasium. Nadelsiepen sei der Stadt von der Eigentümerin schon 2007 angeboten worden, „da hat sich niemand gerührt“, sagt Nowara. Dabei lägen diese Bereiche nah an der City und seien erschlossen. „Aber die Stadt nimmt lieber ein Gelände ganz am Rande ohne Infrastruktur“, sagt Nowara, der sich als Privatmann in Karthausen engagiert, für die UWG aber im Stadtplanungs- und Bauausschuss sitzt. Mit Sven Paas (SPD/sachkundiger Bürger im Bauausschuss) und Schaab bildet er ein Sprecher-Trio, das nach eigenen Angaben viele weitere Bürger vertritt, die das neue Baugebiet ablehnen.

Mittlerweile haben sich auch die „Rader Perlen“ angeschlossen – eine offene Interessengemeinschaft, die sich um die Sorgen von Geschäftsinhabern kümmert und die Identität der Kleinstadt bewahren möchte. „Dieses Neubaugebiet ist schädlich für Rade und nützt niemandem“, meint Britta Hoffmann. Rade brauche dringend bezahlbaren Wohnraum. „Das Gebiet in Karthausen ist ökologisch wertvoll mit Fledermäusen, Mauerseglern, Kibizen und Rotmilan“, meint Britta Hoffmann. Die Fläche müsse weiter landwirtschaftlich genutzt werden. Gestalterisch werde die bisherige Planung nur minimalsten Ansprüchen gerecht.

Auch die Verkehrssituation haben die Kritiker im Blick. Die eine Zufahrtsstraße (L 81) werde nicht ausreichen. Es müsste wohl eine zweite Zufahrt zur Bundesstraße geben. Dabei lägen bis zu 50 Prozent des Neubaugebiets im Landschaftsschutzgebiet, was umgewidmet werden müsste. Die Stadt müsste an anderer Stelle Ausgleichsflächen ausweisen.

Der Vorwurf von Nils Paas an die Stadt: „Die verkaufen unser Tafelsilber, diese einzigartige Landschaft muss erhalten bleiben“, fordert er. Schaab hat sich immer wieder gefragt, wo die Antriebsfeder der Stadt liegt. „Nur im Profit“, sagt er. 15 Hektar verbauen und gewinnbringend vermarkten – „ich hab mal ausgerechnet, dass das pro Hektar eine Million Euro Gewinn wären“, sagt er. Da gehe es nicht um die Entwicklung einer Stadt, sondern um Profit – und das ist pervers“, sagt er. Die Stadt sehe über alle anderen Probleme hinweg. Paas kritisiert, dass viele Dinge über die Köpfe der Politiker entschieden werden. Dabei gebe es in Karthausen noch nicht einmal Baurecht.

Nachdem sich bereits Bündnis 90/Die Grünen, Alternative Liste und UWG skeptisch gegenüber dem Baugebiet gezeigt haben, suchen die Kritiker auch den Kontakt zur SPD. „Wir wollen die Menschen wachrütteln und ihnen verdeutlichen, was ihnen verloren geht“, sagt Schaab. Die Dimension in Karthausen ließe sich nicht mit dem Jahnplatz vergleichen. Deshalb zeigt sich Schaab auch weiter kämpferisch. „Wir gehen bis zum Äußersten, sammeln Unterschriften und würden auch ein Bürgerbegehren und letztendlich auch einen Bürgerentscheid anstreben“, kündigt er an.

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