Wald in Radevormwald An der Lessingstraße werden 60 Bäume gefällt
Radevormwald · Klimawandel, der naive Umgang mit den heimischen Grünabfällen, das Alter und ein aggressiver Pilz haben den Buchen extrem zugesetzt.
Auch wenn der Herbst ihnen ihr sattes Blätterkleid mittlerweile abgenommen hat, sehen die Bäume im Wäldchen an der Lessingstraße auf den ersten Blick alle sehr gesund aus: Meterhoch ragen sie in den Himmel, so dass einem beim Hochschauen fast schwindelig wird. Die Stämme sind breit, wirken kräftig und robust. Doch der Schein trügt. Am Fuße der Bäume klaffen riesige Löcher, in denen Sascha Lambeck seinen Zollstock Zentimeterweit hineinschieben kann. Die Bäume sind fast ausgehöhlt, innerlich zerfressen von einem aggressiven Pilz.
Entdeckt hat der Radevormwalder die Schäden zufällig, aber mit geschultem Blick. Der Unternehmer ist Meister für Tief- und Straßenbau, und kennt das Wäldchen gut. Er geht es regelmäßig ab, weil in unmittelbarer Nähe sein schulpflichtiges Kind unterrichtet wird. Dass die Schäden an den Bäumen so extrem sind, hätte er nicht erwartet. „Man sieht sie eigentlich auch nicht, weil drumherum so viel wächst, dass die Löcher nicht auf den ersten Blick zu erkennen sind.“ Der Stadt teilte er seine Entdeckung mit, die gleich zu einer Begehung aufbrachen.
Für Förster Stefan Wende ist der Befund klar, aber nicht katastrophal. Es sei eher eine natürliche Entwicklung, gepaart mit den Auswirkungen des Klimawandels und dem vielleicht naiven und dennoch illegalen Umgang mit den heimischen Grünabfällen. „Es gibt mehrere Ursachen, für dieser Situation“, stellt Wendel klar. Zu trockene Sommer und zu milde Winter hätten sicherlich auch hier ihren Beitrag zum derzeitigen Zustand geleistet, doch ausschlaggebend sei das Alter der Bäume und der aufgetretene Pilz.
Gut 145 Jahre alt seien hier einige der betroffenen Buchen. „Sie haben ein sehr gutes Alter erreicht, wenn man bedenkt, dass sie eigentlich um die 120 Jahre alt werden.“ Eine Waldverjüngung sei allein aufgrund des Alters hier längst überfällig, allerdings auch schon im Aufbau, wie er mit Blick ins Dickicht sagt. Überall rund um die hochgewachsenen Bäume steht bereits die nächste Generation in den Startlöchern. Nachforsten wird die Stadt als Waldeigentümer hier also nicht. Aber Aufklärung wird wohl benötigt. Denn dass nun rund 30 Prozent des Wäldchens gefällt werden muss, habe mit dem Pilz zu tun, der die Stämme von innen aufgefressen hat.
Entwickeln konnte sich dieser Pilz, weil Menschen ihren Grünschnitt illegalerweise im Wald auskippten. Durch den Rasenschnitt, der häufig auch durch Dünger verunreinigt sei, würden die Mikroorganismen des Waldbodens zerstört. Zudem lege man mit dem Rasenschnitt eine Art Leichentuch über den Boden, sodass dieser nicht mehr atmen könne. Kohlendioxid staue sich unter der Rasenschicht, der perfekte Ort für Pilze, die sich ausbreiten und in die Bäume hineinfressen.
Das muss nicht sein, findet Christoph Rösgen vom Bergischen Abfallwirtschaftsverband. „Wir bieten genug kostenlose Möglichkeiten, für die Entsorgung von Grünabfällen. Die sollten nicht im Wald landen.“ Die städtische Umweltbeauftragte, Regina Hildebrandt, möchte niemanden eine böse Absicht unterstellen: „Den meisten ist es sicherlich nicht bewusst.“ Doch Unwissenheit schützt bekanntlich vor Strafe nicht. Die illegale Entsorgung von Grünabfällen im Wald ist eine Ordnungswidrigkeit, die in Nordrhein-Westfalen ein Bußgeld zwischen fünf und 820 Euro nach sich ziehen kann.
In der kommenden Woche wird Sascha Lambeck die Arbeiten im Auftrag der Stadt im Wäldchen beginnen. Rund drei Wochen wird es dauern, die Wege für die schweren Maschinen herzurichten und die 60 Bäume zu fällen. Geplant ist in der Zeit auch eine Begehung mit Schülern der benachbarten Grundschule, um ihnen Wald und Pflegearbeiten näherzubringen.