Kirchengemeinden in Radevormwald „Rade hat 2030 nur noch zwei Pfarrer“

Radevormwald · Auf der jüngsten Synode des Kirchenkreises war die Zukunft der Gemeinden wesentliches Thema. Dabei geht es um die Verteilung der Kirchensteuer ebenso wie die Herausforderung mangelnde Bewerber fürs Pfarramt.

 Evangelisch-reformierte Kirchengemeinde Radevormwald,  Die Kirche der evangelisch-reformierten Gemeinde

Evangelisch-reformierte Kirchengemeinde Radevormwald, Die Kirche der evangelisch-reformierten Gemeinde

Foto: Hogekamp, Lena (hoge)

Es sind keine leichten Zeiten für die evangelischen Kirchengemeinden im Lande. Die Zahl der Gläubigen geht zurück, und das bedeutet auch sinkende Kirchensteuereinnahmen. Bei der jüngsten Frühjahrssynode des Kirchenkreises Lennep ging es nicht zuletzt um diese Themen. Die Synodalen haben sich mit großer Mehrheit dafür entschieden, die Kirchensteuerverteilung an die Gemeinden umzustellen. „Danach ergibt sich der Verteilbeitrag an die Gemeinden künftig aus dem Pro-Kopf-Durchschnittsbetrag, der mit der Zahl der jeweiligen Gemeindeglieder multipliziert ist. Bisher wurde die Summe auf der Basis eines Durchschnittsbeitrages des Vor-Ort-Aufkommen der letzten drei Jahren berechnet. Das hatte unter anderem zur Folge, dass erhebliche Unterschiede in der finanziellen Situation der einzelnen Gemeinden bestand“, teilt Katrin Volk, die Referentin für Öffentlichkeitsarbeit beim Kirchenkreis mit.

„Bislang gab es eine Proporz-Regelung“, erläutert Dr. Dieter Jeschke, Pfarrer der reformierten Kirchengemeinde in Radevormwald. „Auf diese Weise gab es Gemeinden, die einkommensstärker und solche, die einkommensschwächer waren.“ Nun ist eine Art Ausgleich geschaffen worden. „Die Berechnung wird einfacher, die Schwankungen in den Zahlungen nehmen ab und die Planungssicherheit der Kirchengemeinden nimmt zu“, umschreibt Superintendent Hartmut Demski die Vorteile der Neuregeglung.

Eine andere Methode gegen eine Ungleichbehandlung von Kirchengemeinden ist in Radevormwald bereits seit längerem üblich, erklärt Dr. Dieter Jeschke, der Pfarrer der reformierten Kirchengemeinde. „Alle Neubürger in unserer Stadt waren beim Zuzug zum größten Teil automatisch Gemeindeglieder der lutherischen Gemeinde.“ Diese Regelung sei auf Beschluss der Kirchenleitung in Düsseldorf im vergangenen Jahr geändert worden, nun werden die Zugezogenen gleichmäßig verteilt. Für die reformierte Kirchengemeinde hatte das die erfreuliche Folge, dass die Zahl der Gemeindeglieder deutlich anwuchs. „Natürlich wird den Neubürgern mitgeteilt, dass sie dieser oder jener Gemeinde zugeordnet wurden“, betont Pfarrer Jeschke. Wer nun nicht reformiert, sondern lieber lutherisch sein wolle, kann dies jederzeit ändern lassen. Allerdings, räumt Jeschke ein, sei das vielen Menschen heute egal, weil sie nur eine geringe kirchliche Bindung verspürten. Nicht eingebunden in diese Regelungen ist die lutherische Martini-Gemeinde, die eine selbstständige Verfassung hat.

Philipp Müller, Pfarrer der lutherischen Kirchengemeinde, sieht auf die beiden großen protestantischen Gemeinden Herausforderungen zukommen. „Der demografische Wandel trifft uns beide“, sagt er. Daher sei es wichtig, die Jugendarbeit zu stärken. „Wir versuchen beispielsweise den Konfirmanden-Unterricht neu zu gestalten und Angebote, die junge Menschen interessiert, zu organisieren.“ Ermutigend habe ihn der Besuch des jüngsten Kirchentages in Dortmund gestimmt, wo eindrucksvoll gezeigt worden sei, wie lebendig die religiösen Institutionen noch immer seien.

Die Zukunft der Strukturen im Kirchenkreis waren ebenfalls ein wichtiges Thema bei der Synode. Die Verantwortlichen in den sieben Regionen des Kreises sollen sich bis zu Frühjahrssynode 2020 „mit Blick auf die hohe Zahl der in Ruhestand gehenden Pfarrer wie auch des fehlenden theologischen Nachwuchses“ mit der Ausgestaltung der künftigen Pfarrstellen auseinandersetzen.

  Links: die reformierte Kirche am Markt, rechts die lutherische Kirche an der Burgstraße.     Fotos: BM-Archiv

Links: die reformierte Kirche am Markt, rechts die lutherische Kirche an der Burgstraße. Fotos: BM-Archiv

Foto: Stefan Gilsbach

„So wie es aussieht, wird es im Jahr 2030 für ganz Rade nur noch zwei Pfarrstellen geben“, erklärt Philipp Müller (wobei die Martini-Gemeinde wieder ausgenommen ist).  Und „ganz Rade“ heißt: das gilt für die Innenstadt und die Wupperorte und für die Reformierte und die Lutherischen.  Wenn dieses Szenario eintrete, müsse über neue Strukturen innerhalb der Gemeinde nachgedacht werden, sagt Müller. „Der Pfarrer allein kann dann nicht mehr im Mittelpunkt der Gemeindearbeit stehen.“

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