Radevormwald Rade soll "altersfreundliche Stadt" werden

Radevormwald · Gestern führte Dr. Rüdiger Krech von der Weltgesundheitsorganisation intensive Gespräche - auch über die Zukunft von "aktiv55plus".

Er weiß genau, dass es bei den Themen "Aktives Altern" und "Altersgerechtes Leben" darum geht, die ganz dicken Bretter zu bohren. Dr. Rüdiger Krech, Direktor im Büro des stellvertretenden Generaldirektors Gesundheitssysteme und Innovationen bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf, war gestern erneut zu Besuch in Rade. Dabei ging es auch um die Zukunft des Trägervereins "aktiv55plus", der sich einst aus einem WHO-Projekt gegründet hatte.

"Ich begleite das Projekt seit fast 15 Jahren, und ich bin sehr gerne in Rade, weil es hier immer weitergeht", sagte Krech. Die hier agierenden Personen würden sich nie mit dem Ist-Zustand zufrieden geben, sondern immer neue Möglichkeiten und Chancen sehen, das Projekt fortzusetzen und tolle Ideen zu entwickeln. Ein dickes Lob, das die hauptamtliche Koordinatorin Kyra Springer sicher gerne hört.

"Wir müssen die guten Ansätze jetzt mehr in die Breite geben", forderte Krech. Deshalb will die Stadt Rade einen Antrag bei der WHO stellen, um Mitglied im Netzwerk "Age friendly citys" (altersfreundliche Städte) zu werden. Hier geht es darum, gute Ideen für Altersfreundlichkeit mit anderen Kommunen zu teilen und gegenseitig voneinander zu profitieren. Rade wäre die erste deutsche Stadt in dem Netzwerk, dem weltweit 130 bis 150 Städte angehören. "Wir freuen uns auf die Bewerbung", sagte Krech. Bürgermeister Johannes Mans und der Beigeordnete Frank Nipken haben ihre Zustimmung bereits signalisiert.

Eine große Chance für den Trägerverein sieht der Vorsitzende Dr. Reinhard Hikl. "Als Mitglied im WHO-Netzwerk verpflichten wir uns, in den kommenden drei Jahren eine Checkliste mit gut 80 Punkten aus sechs Themenbereichen abzuarbeiten", sagte er. So nähere sich Rade bis 2020 dem Status einer "altersfreundlichen Stadt", was für Hikl auch Familienfreundlichkeit einschließt. Ihm geht es um Barrierefreiheit, um die aktive Einbeziehung der Menschen in ihre Lebensgestaltung. Krech nennt dies "weiche Standortfaktoren", die eine Stadt attraktiv machen. "Wir fordern, dass sich Lokalpolitiker verstärkt darum kümmern", sagte er.

Hikl will mit dem Netzwerk-Beitritt "aktiv55plus" weiter entwickeln. "Wir müssen besser, breiter und zielorientierter werden", sagte er. Es gehe darum, an vorhandenen Konzepten professionell zu feilen.

Gestern Nachmittag führten Hikl, Springer und Krech Gespräche mit Dr. Michael Philippi, Vorstandsvorsitzender der Sana Kliniken AG, und Dr. Daniela Grobe, Leiterin des Referats zur altersgerechten Quartiersentwicklung und Versorgungsstruktur. Hier ging es darum, wie man der demografischen Entwicklung adäquat begegnen kann. "Hauptproblem für Krankenhäuser ist es, ordentliches Personal zu bekommen", sagte Krech. Wenn sich die Denkweise nicht radikal verändere, würden in 20 Jahren 40 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für die Versorgung von nicht übertragbaren Krankheiten (Krebs, Herzkreislauf-Erkrankungen) ausgegeben. Das könne kein Gesundheitssystem leisten. "Wir müssen raus aus dem Silo-Denken und nicht erst helfen, wenn es zu spät ist. Gesundheits- und Sozialsysteme müssen enger verzahnt werden, um teure Krankenversorgung zu vermeiden", sagte Krech. Er wünsche sich da eine verstärkte Aufmerksamkeit auch der Landesregierung.

"Insofern sind die dicken Bretter eine persönliche Herausforderung für uns", sagte Hikl. Und Kyra Springer freut sich auf einen "kontinuierlichen Verbesserungsprozess".

(RP)
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