Eine Plastikdose, die Leben retten kann Rettung aus dem Kühlschrank

Radevormwald · Die wichtigsten Patientendaten in einer grünen Plastikdose, damit Notarzt und Notfallsanitäter sie griffbereit vorfinden. Die Nachfrage ist in Radevormwald eher gering. Apotheker Ralph Bültmann will die Versorgung forcieren.

 Diese Dose kann Leben retten. Die Notfalldose enthält Informationen zum eigenen Gesundheitszustand.

Diese Dose kann Leben retten. Die Notfalldose enthält Informationen zum eigenen Gesundheitszustand.

Foto: Markus Plüm

Rettungssanitäter rennen in die Wohnung. Die ältere, alleinstehende Frau ist nicht mehr ansprechbar. Und sonst ist niemand da. Eine Situation, mit der der Rettungsdienst immer wieder konfrontiert wird. Es geht wertvolle Zeit verloren, was bei der ersten Behandlung zu beachten sein könnte: Vorerkrankungen, Allergien, Medikamenteneinnahme. Dabei ist es so einfach, in Notfällen die Helfer zu informieren: Mit einem grünen Aufkleber an der Wohnungstür. „Notfalldose in der KühlschrankTÜR“ steht dort drauf. Apotheker Ralph Bültmann unterstützt die Verbreitung dieser Dose: „Mich wundert nur, dass im Bereich der Apothekerkammer Nordrhein, anders wie in Westfalen, diese Dose nicht so bekannt ist und damit weniger verbreitet.“ Das will er aber ändern.

Im Herbst 2017 stellte Jörg Rieger, Vorsitzender des Ausschusses für Soziales, Sport und Integration und damals noch beruflich als Leiter des Wuppertaler Gesundheitsamtes tätig, das Konzept „Rettung aus der Dose“ vor. Haushalte in Radevormwald sollten mit der kostengünstigen, aber effektiven Lösung zur Informationsübergabe versorgt werden. Letztes Jahr sollte es umgesetzt werden, bisher hat sich nichts getan. Rieger im Gespräch mit dieser Zeitung: „Ich habe als Ausschussvorsitzender keine Information, ob sich da etwas getan hat.“

 Eine Notfalldose liegt auf einem Infoblatt. Es wird genau erklärt, was alles aufzuführen ist, um Rettern ihre Arbeit zu erleichtern. 

Eine Notfalldose liegt auf einem Infoblatt. Es wird genau erklärt, was alles aufzuführen ist, um Rettern ihre Arbeit zu erleichtern. 

Foto: dpa/Patrick Pleul

Worum geht es bei dieser Notfalldose? In der kleinen grünen Plastikdose finden die Retter ein Faltblatt, auf dem steht, was sie sofort über den Patienten wissen müssen – darunter Angaben zur Blutgruppe, Krankheiten, Muttersprache, Hausarzt, Medikamente, Impfungen. Hauptzielgruppe sind allein lebende, vor allem ältere Menschen. Deren Anteil in der Bevölkerung wächst, und immer mehr leben eigenständig in ihren Wohnungen.

„Diese Notfalldosen sind wichtig. Der Notfallarzt kennt die Patienten nicht. So sind die Informationen wichtig, um sein Handeln zu erleichtern“, sagt Rieger. Besonders bei chronischen Erkrankungen, Allergien bei bestimmten Medikamenten oder Kontaktadressen wie auch Informationen, dass Haustiere versorgt werden müssen, machten bei einem Notfall den Helfern ihre Arbeit einfacher. „Ich werde im nächsten Sozialausschuss noch einmal drauf hinweisen“, so der Mediziner. Er könnte sich auch vorstellen, dass die heimischen Parteien die Verteilung unterstützen. Seine Idee: Statt Kugelschreiber oder Lutscher zu verteilen, sollte man lieber diese Notfalldosen als Parteienwerbung nutzen.

Während an der Wupper diese Notfalldosen wenig bekannt sind, haben die Apotheken im Stadtkern diese Plastikdosen im Verkauf. Aber meist erst seit wenigen Monaten. Apothekerin Cathrin Schmitz (Löwen-Apotheke): „Das ist eine ganz super Idee.“ Sie hatte im Herbst die ersten Anfragen, und seit drei Monaten verkauft sie die Notfalldosen. „In jedem Haushalt steht ein Kühlschrank. Da brauchen Notfallsanitäter nicht erst in Schränken oder Bettkonsolen nach persönlichen Daten suchen. Das ist eine gut durchdachte Idee.“

Auch Apotheker Ralph Bültmann hat die Notfalldosen seit Dezember in seinen Apotheken im Sortiment. „Leider ist die Nachfrage sehr zurückhaltend. Das kann ich gar nicht verstehen.“ In der Fuchs-Apotheke hatte er einen Kalender mit Coupon als Werbung für diese Dose verteilt. „Manche waren begeistert, andere konnten, obwohl wir aufgeklärt haben, nichts damit anfangen. Das ist schade.“ Er werde jedenfalls jetzt die Information und die Versorgung forcieren. „Wir haben immer mehr ältere und alleinstehende Menschen. So eine Notfalldose im Kühlschrank ist nicht nur sinnvoll, sie muss sein.“

Auch im Seniorenbeirat ist diese Dose gestern Abend auf Anregung der Bergischen Morgenpost ein Thema gewesen. Vorsitzender Wolf-Rainer Winterhagen im Gespräch mit dieser Zeitung: „Es gibt viele gute Argumente. Ich halte sie für sinnvoll. Aber: Wer aktualisiert die Patientendaten, besonders bei älteren Personen?“ Er wolle jedenfalls im Seniorenbeirat dafür werben.

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