Nacht der offenen Kirchen in Radevormwald Kirchen öffnen dem Frieden die Tür
Radevormwald · Im Rahmen der diesjährigen „Nacht der offenen Kirchen“ hatten die teilnehmenden Gotteshäuser beider Konfessionen sich das aktuell so wichtige Thema auf die Fahnen geschrieben.
In der Geschichte der katholischen und der evangelischen Kirche hat Frieden sicherlich nicht immer eine so tragende Rolle gespielt, wie es in den Evangelien verkündet wird. Und sicherlich auch durch die reinigende Kraft der Aufklärung sind die Kirchen heutzutage mehr der Bergpredigt verbunden.
Krieg und Terror sind heutzutage viel zu sehr zum Alltag geworden. Und insofern war es nur wichtig und konsequent, die diesjährige „Nacht der offenen Kirchen“ am Freitagabend in Radevormwald unter genau dieses so dringlich gewünschte Motto des Friedens zu stellen. Sechs Kirchen haben teilgenommen – mit ganz unterschiedlichen Programmen, aber mit sehr guten Publikumszuspruch.
So etwa beim Evensong in der Evangelisch-Lutherischen Kirche an der Burgstraße. Dort sang der Paul-Gerhardt-Chor unter der Leitung von Angelika Kozinowski-Werler in der stilvoll und heimelig ausgeleuchteten Kirche ganz unterschiedliche Chorwerke, als Solistin war Britta Specht zu hören. Das Konzept des Evensongs gibt es vor allem in der anglikanischen Kirche, dabei handelt es sich um eine sehr gesangslastige Andacht, die nur durch eine Lesung, das Vater Unser, eine Zeit der Stille, Fürbitten für die vom Krieg gebeutelten Regionen der Erde und den Abschlusssegen zum Quasi-Gottesdienst wird. Die Kirche war voll, dazu gab es auch Kleinigkeiten zu essen.
In der Evangelisch-Lutherischen Martini-Kirche an der Uelfestraße war etwas weniger los. Organist Roland Johannes und Querflötistin Claudia Braune musizierten gemeinsam besinnliche Barockmusik und modernere Werke, die in der ebenfalls sehr schön ausgeleuchteten Kirche im Angesicht des Kreuzes in den Regenbogenfarben umso schöner erklang. Auch in der Martini-Gemeinde lautete das Motto „Meinen Frieden gebe ich euch“, und natürlich trug die Musik selbst einen immanenten Friedensgruß in sich, wurde aber noch durch Worte des Friedens ergänzt, so dass man tatsächlich ein Stück weit befriedet wieder in die dunkle Nacht hinaus treten konnte, um der nächsten Kirche einen Besuch abzustatten.
Dass Kirche einmal andere Wege geht, das wünschen sich viele Gläubige. Die „Nacht der offenen Kirchen“ war fraglos ein Konzept, bei dem man sich sehr einfach wohlfühlen konnte und bei dem genau das passierte. So auch in der katholischen Kirche St. Marien. „Wir haben für uns das Thema ‚Frieden hinterlasse ich euch‘ aufgegriffen, und wollen gleichzeitig an Kriege und Terror in Regionen der Welt erinnern, die ein wenig aus dem Fokus geraten sind“, sagte Pfarrvikar Michael Weiler. Neben dem aktuellen Krieg in der Ukraine hingen acht dieser „vergessenen Kriege“ an den Kreuzwegstationen – die Bürgerkriege in Mali, Libyen, Syrien, Jemen und Äthiopien, der Militärputsch in Myanmar, der Terror von Boko Haram in Nigeria sowie der Drogenkrieg in Mexiko. Neben einem Fürbittbuch am Altar hing zudem eine große Weltkarte, auf der die Besucher andere „vergessene Kriege“, derer es genug weitere gab, mit Fähnchen zu markieren. Dazu gab es zur vollen Stunde Musik und Friedensgebete zu hören. Und da es in den Kirchen aktuell eher kühl war, auch heißen Tee zum Aufwärmen.
Den Frieden mit der Natur verknüpft hatte man hingegen in der Evangelisch-Reformierten Kirche am Markt. Pfarrer Dieter Jeschke sagte: „Wir wollten nicht auch einfach noch Friedenslieder spielen.“ Stattdessen habe man Poesie von Konfuzius über die Native Americans in den USA bis hin zu Theodor Fontane vorgetragen. „Beim Fontane-Gedicht ‚Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland‘ haben tatsächlich alle rund 20 Besucher mitgesprochen“, sagte Jeschke. Außerdem gab es einige Grabbelboxen, in die man blind greifen konnte, um Gegenstände aus dem Wald zu erraten.
Stichwort Wald: „Wir haben am Sonntag eine Ausstellung geplant, die bis zum 6. November in der Kirche zu sehen sein wird, und die sich konkret mit der Zukunft unseres Waldes beschäftigt – der ja durch die Trockenheit und den Borkenkäfer extrem geschädigt wurde“, sagte Jeschke.