Heimat entdecken in Remscheid Mit der Draisine immer der Wupper entlang

Remscheid · Zwischen Wilhelmsthal und Beyenburg schlängeln sich die Schienen der ehemaligen Wuppertalbahn auf knapp neun Kilometern. Radelnd auf der Draisine lässt sich hier die bergische Natur aus einem anderen Blickwinkel erleben.

Heimat entdecken in Remscheid: Mit der Draisine immer der Wupper entlang
Foto: Radtke, Guido (gra)

Bahn-Liebhaber kommen ins Träumen, wenn sie sich im Museumsbahnhof Dahlhausen die riesige Dampflok im Detail anschauen. Abgesehen vom Rost ist das rund 70 Jahre alte, ausgemusterte Gefährt noch in einem verhältnismäßig guten Zustand, so dass es irgendwann das Abstellgleis verlassen und nach einer Restaurierung mit eigenem Antrieb auf der Strecke der ehemaligen Wuppertalbahn unterwegs sein könnte.

Was dem Förderverein Wupperschiene als Eigentümer fehlt, um die 52 8086 zurück auf die Schiene zu bringen, ist allein das Geld. Denn rein rechtlich ist die eingleisige Strecke zwischen Wuppertal-Rauental und Radevormwald-Wilhelmsthal immer noch für den normalen Eisenbahnbetrieb zugelassen, auch wenn an Wochenenden und einzelnen Wochentagen nur Draisinen unterwegs sind. "Deshalb gelten hier die Sicherheitsbedingungen der Deutschen Bahn", sagt Thorsten Kaja, Vorstandsmitglied des betreibenden Vereins Wuppertrail.

Die Zahl der Einzelfahrer und Gruppen, die sich jeweils knapp zwei Stunden lang durch die idyllische Natur entlang der Wupper per Muskelkraft auf einer der acht Fahrraddraisinen abstrampeln, ist seit 2007 kontinuierlich angestiegen. "Sämtliche Altersgruppen haben hier ihre Erfahrungen gemacht", bilanziert der Vorsitzende Armin Barg zufrieden. "Erstaunlich ist jedoch, dass viele Fahrgäste aus großer Entfernung zu uns kommen, unser Angebot in der näheren Umgebung jedoch nahezu unbekannt ist."

Es könnte sich ändern, wenn der Start- und Zielpunkt der Draisinenfahrt vielleicht schon im kommenden Jahr von Dahlhausen nach Beyenburg verlegt wird. Der Verein könnte hier nicht nur eine Werkstatt mit einem Graben einrichten, sondern wäre insbesondere an Wochenenden oder Feiertagen präsenter. Dass die Draisinen neugierige Blicke auf sich ziehen, zeigt sich nicht nur während der Fahrt, sondern auch während der knappen halben Stunde, wenn sie in Beyenburg unweit des Stausees bis zur Rückfahrt geparkt werden. Das Begleitpersonal von Wuppertrail hat in dieser Zeit regelmäßig Fragen von Passanten zu beantworten, während die Gefährte von Hand gewendet werden.

Eine Umkehrung des aktuellen Verlaufs würde den Fahrgästen zugleich einen kräfteschonenden Vorteil bringen, denn der Rückweg von Beyenburg nach Dahlhausen ist mit einer kontinuierlichen Steigung verbunden - vor allem die letzten 700 Meter haben es in sich. "Nach knapp 16 Kilometern ist so mancher schon mal aus der Puste gekommen", berichtet Thorsten Kaja und lacht. "Wir befinden uns eben im Bergischen Land." Von Dahlhausen hinab nach Wuppertal hingegen fährt die Draisine fast alleine. "Wer besonders ehrgeizig ist, der tritt hier so schnell in die Pedale, wie diese es zulassen." Als Höchstgeschwindigkeit können die Draisinen auf diesem Abschnitt etwa 40 Kilometer pro Stunde erreichen - wer sich einfach treiben lässt und die Natur genießt, ist mit Tempo 20 unterwegs.

Die Fahrt führt über mehrere Eisenbahnbrücken der Wuppertalbahn, durch den Bahnhofsbereich in Dahlerau und vorbei am Wülfingmuseum. Unbemerkt wird auch die Stelle passiert, an der am 27. Mai 1971 ein Sonderzug mit einem Güterzug kollidierte und 46 Menschen ums Leben kamen. Nur wer am Ort des Unglücks genau hinschaut, wird noch Kratzer erkennen können.

Immer wieder geben die Bäume einen idyllischen Blick auf die Wupper frei, an der sich die Schienen entlang schlängeln. "Dabei kann man die Orientierung verlieren und weiß irgendwann nicht mehr, in welche Himmelsrichtung man gerade unterwegs ist." Thorsten Kaja ist von Mai bis November bei fast jeder Draisinen-Tour als Begleiter dabei, um unter anderem für die Sicherheit an Bahnübergängen und auf der Strecke zu sorgen. Etwa, wenn Äste die Strecke blockieren. Oder, wenn plötzlich und unerwartet ein Reh auf den Gleisen steht. "Die Tiere bekommen nicht mit, wenn sich eine Draisine nähert, weil sie die Witterung durch den Fahrtwind nicht aufnehmen können." Das Vorstandsmitglied sieht, wie sich die Strecke im Laufe der Saison verändert und genießt vor allem den Herbst, auch wenn er sich in dieser Zeit mit Handschuhen und Mützen dick einpacken muss. "Der Blick ins Tal der Wupper mit den gelb-roten Tönen entschädigt für die kühlen Temperaturen"

(RP)
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