Radevormwald „Mir lief es kalt den Rücken herunter“

Radevormwald · Verzweiflung herrschte am Dienstag an der Unglücksstelle in Radevormwald-Dahlerau. Kunden eines angrenzenden Discounters und Passanten beobachteten, wie die Helfer im Bus nach Personen suchen. Notärzte und Rettungssanitäter kümmerten sich um die Verletzten. Für ältere Bürger wurden da Erinnerungen wach an ein tragisches Zugunglück vor 38 Jahren – nur zwei Kilometer von der jetzigen Unfallstelle entfernt.

Verzweiflung herrschte am Dienstag an der Unglücksstelle in Radevormwald-Dahlerau. Kunden eines angrenzenden Discounters und Passanten beobachteten, wie die Helfer im Bus nach Personen suchen. Notärzte und Rettungssanitäter kümmerten sich um die Verletzten. Für ältere Bürger wurden da Erinnerungen wach an ein tragisches Zugunglück vor 38 Jahren — nur zwei Kilometer von der jetzigen Unfallstelle entfernt.

Die Nachricht über den schweren Busunfall hatte sich am Dienstag schnell herumgesprochen. Zur Unfallstelle gekommen war auch Armin Maurer, der ehemalige Leiter der Geschwister-Scholl-Schule in Radevormwald. Ihn hatte seine Frau alarmiert. Sie saß in einer Lehrerkonferenz in der Grundschule Wupper.

"Ich bin hier heruntergekommen, weil man in der Schule Angst hatte, dass unter den Opfern auch Schüler sein könnten", sagte Maurer. Vor Ort hört er, dass keine Schüler betroffen waren, weil das Unfallfahrzeug kein Schulbus war.

"Habt ihr 40 Särge auf Lager?"

"Als ich hier ankam, erinnerte ich mich sofort an den 26. Mai 1971, an das Zugunglück", sagte Maurer. Er sei damals schnell vor Ort gewesen, sei aber dann nach Radevormwald in die Innenstadt gefahren, um dort zu helfen und zu koordinieren. "Als ich oben ankam, traf ich Stadtdirektor Hans Gesenberg. Und dann kam ein Satz, den ich in diesem Leben nicht mehr vergessen kann. Er sagte an einem Telefon ,Habt ihr 40 Särge auf Lager?´. Das kam eben alles wieder bei mir hoch. Das ist alles schrecklich."

Auch Peter Radermacher, Lehrer an der städtischen Realschule, war schockiert, als er von dem Unglück hörte. "Wir hatten gerade einen Termin in der Schule mit Vertretern der Presse. Als alle plötzlich zur Unfallstelle mussten, war das ein sehr bedrückendes Gefühl", erzählt der 57-jährige Lehrer im Gespräch mit unserer Redaktion.

"Das hat mich schon mitgenommen"

Laute Sirenen der Rettungswagen hörten er und seine Kollegen im Lehrerzimmer. Dabei schossen Radermacher gleich wieder die Gedanken an das Zugunglück vor 38 Jahren durch den Kopf. "Sirenen über Sirenen, dann die Meldung von fünf Toten — da lief es mir kalt den Rücken herunter. Das hat mich mitgenommen."

Bei dem Zugunglück 1971 kam Radermacher an der Unfallstelle, die nur zwei Kilometer von der gestrigen entfernt ist, vorbei. Was er sah, war ein Bild des Grauens: Leichen über Leichen. Alle nebeneinander aufgereiht. "Schrecklich. So etwas möchte man nie wieder sehen", sagt der 57-Jährige.

Schwerstes Zugunglück der Nachkriegszeit

Das Zugunglück 1971 gilt als eines der schwersten Zugkatastrophen der deutschen Nachkriegsgeschichte. 46 Menschen wurden getötet, 25 weitere verletzt. Auf der Strecke von Wuppertal nach Radevormwald war damals ein mit Schülern besetzter Triebwagen mit einem Güterzug zusammengestoßen. Die Unfallursache konnte nie richtig geklärt werden.

Peter Radermacher kann nachvollziehen, wie sich die mutigen Ersthelfer nach dem Busunfall am Dienstag gefühlt haben. "So etwas muss man erst einmal verdauen. Das braucht einige Zeit", so Radermacher.

(ser/tim)
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