Radevormwald Lebenshilfe will sich breiter aufstellen

Radevormwald · Werkstatt sucht neue Auftraggeber - auch im Dienstleistungssektor. Erfahrungen mit dem Cafeteria-Team machen Mut.

 Sven Lebouef (r.) fügt in der Werkstatt in Altenhöhe an der Kniehebelpresse Teile für ein Apparaterad zusammen. Axel Pulm, Geschäftsführern der Werkstatt Lebenshilfe, schaut ihm dabei interessiert zu.

Sven Lebouef (r.) fügt in der Werkstatt in Altenhöhe an der Kniehebelpresse Teile für ein Apparaterad zusammen. Axel Pulm, Geschäftsführern der Werkstatt Lebenshilfe, schaut ihm dabei interessiert zu.

Foto: Jürgen Moll

Wenn Sven Lebouef die Teile für ein hochwertiges Apparate-Rad unter der Kniehebelpresse zusammenfügt, wirkt er sicher, weil jeder Handgriff sitzt, - und zufrieden, weil ihm die Arbeit offensichtlich Spaß macht. Der 30-Jährige ist einer von etwa 400 Mitarbeitern, die bei der Lebenshilfe einen Job gefunden haben. Und viel mehr als das. Der Behinderte hat in der Werkstatt der Lebenshilfe in Altenhöhe 11 soziale Kontakte, er erfährt Anerkennung, Wertschätzung - und er weiß, dass er gebraucht wird. Dieses klassische Bild einer Behinderten-Werkstatt dürfte es auch in Zukunft geben. Doch das Betätigungsfeld für Behinderte wird sich in den nächsten Jahren wandeln müssen. Davon ist Axel Pulm, Geschäftsführer der Werkstatt Lebenshilfe, überzeugt.

Die Weichen haben er und sein Team bereits gestellt. "Wir versuchen, im dienstleistungsorientierten Sektor weiter Fuß zu fassen", sagt er. Das sei in Lebenshilfewerkstätten noch nicht sehr verbreitet. Zwar habe die Lebenshilfe Bergisches Land ein hohes Stammkundenpotenzial, also Industriefirmen, die der Werkstatt Lebenshilfe seit Jahren Aufträge in der Produktion erteilen. Einfache Tätigkeiten sind ebenso darunter wie anspruchsvollere CNC-Arbeiten.

Eine einseitige Abhängigkeit vom produzierenden Gewerbe könnte jedoch bei schwächelnder Konjunktur schnell zur Falle werden: Es würden gerade die produktionsorientierten Arbeitsmöglichkeiten fehlen. Daher will sich die Lebenshilfe als Auftragnehmer breiter aufstellen. Mehr Angebote und eine größere Kundenvielfalt lautet die Strategie zur Zukunftssicherung. "Wir brauchen Segmente, die wirtschaftlich attraktiv sind", sagt Axel Pulm.

Die guten Erfahrungen im Dienstleistungssektor, die bisher mit dem Team im Quellenbad gemacht wurden, machten Mut, die Fühler beispielsweise in die Bereiche Gastronomie, Küche, Hauswirtschaft weiter auszustrecken. Zehn Menschen mit Behinderungen managen seit drei Jahren den Cafeteria-Betrieb im Hallenbad.

"Sehr erfolgreich", wie Axel Pulm sachlich, aber auch sichtlich stolz betont. Denn vorausgegangen waren Trainings, die das Gastronomie-Team für die neuen Aufgaben fit machten und die Mitarbeiter auf unvorhersehbare Situationen vorbereiteten. Es ist eine positive Bilanz in zweierlei Hinsicht. Zum einen, weil das Quellenbad nach häufigem Pächterwechsel wieder einen verlässlichen Partner hat. Zum anderen, weil die Behinderten bei dieser Arbeit in der Öffentlichkeit stehen, in der Mitte der Gesellschaft arbeiten - das sei Inklusion im besten Sinne.

Ein weiteres Standbein seien IT-Dienstleistungen für große Unternehmen. Das klingt nach anspruchsvoller, hochkomplexer Tätigkeit, aber sie ist für behinderte Mitarbeiter durchaus verlässlich leistbar. "Wir bauen die Hardware von Unternehmensnetzwerken aus und konfigurieren die Endgeräte neu. Und zwar deutschlandweit", erklärt Pulm. Für die Auftraggeber sei der Service interessant, "weil der Preis interessant ist".

Derzeit sondiere die Lebenshilfe, ob sie Mitarbeiter in der Einsatzzentrale eines Hausnotrufs beschäftigen könnte. Neue Aufträge zu akquirieren, heißt auch, in einem engen Kontakt mit den Kommunen zu bleiben. "Wir sind dankbar für Ideen", sagt der Geschäftsführer.

Aber auch der Kreis der Beschäftigen könnte sich wandeln. Diskutiert werde, auch Langzeitarbeitslose und Flüchtlinge als neue Zielgruppe im Fokus zu haben - Menschen, die langsam und begleitet an Arbeit herangeführt werden müssen.

Ob sich der Name "Lebenshilfe-Werkstatt" überholt hat? "Ein anderer Name wäre für die Außenwirkung sicherlich wichtig", räumt Pulm ein. Aber eine Umbenennung stehe am Ende des Prozesses.

(RP)
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