Altweiber in Radevormwald Möhnensturm – Bützen ist wieder erlaubt

Radevormwald · Nach drei Corona-Jahren haben die Möhnen wieder die Schlüsselgewalt im Rathaus erobert. Im „Blauen Salon“ wurde ohne Maskenpflicht gefeiert.

Das war der Rathaussturm in Radevormwald
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Möhnensturm 2024 – Rathaus fest in jecker Hand

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Foto: Jürgen Moll

Darauf mussten die Möhnen in Radevormwald lange warten: Wegen der Corona-Pandemie war jahrelang das Karnevalsgeschehen in der Stadt nur auf Sparflamme möglich – und Bützen war bei der Ansteckungsgefahr natürlich verpönt. Nun sind fast alle Beschränkungen in NRW gefallen, und die Möhnen nutzten diese Chance auch in der Bergstadt weidlich aus. Auf folgende Objekte hatten es die Karnevalistinnen natürlich besonders abgesehen: den Schlüssel zum Rathaus und die Schlipse der dort tätigen Herren.

Simon Woywod oblag es am Donnerstag, den Rathausschlüssel gegen die eindringenden Damen zu verteidigen. Der Beigeordnete und Kämmerer der Stadt hatte diese Aufgabe von Bürgermeister Johannes Mans übernommen, der krankheitsbedingt nicht teilnehmen konnte. Woywod hatte sich für alle Fälle mit einem künstlichen Schnäuzer versehen und optisch so eine gewissen Ähnlichkeit mit dem Stadtoberhaupt geschaffen. Doch es nützte ihm nichts. Manuela Finger von der Karnevalsgesellschaft „Rua Kapaaf“ war dazu ausersehen, dem Beigeordneten die Schlüsselgewalt zu entreißen, denn sie feierte am Donnerstag Geburtstag. Und so ein goldener Schlüssel macht sich auf dem Geschenketisch einfach gut.

Simon Woywod leistete tapfer Widerstand, und beim Ringen um den Schlüssel verlor er, zur Heiterkeit der Feiernden im „Blauen Salon“ des Rathauses, doch glatt den offenbar locker sitzenden Schnäuzer. Es war das Zeichen zum Zusammenbruch der männlichen Autorität im Sitz der Verwaltung – am Ende musste der Beigeordnete sich der geballten Frauen-Power geschlagen geben. Und nach Schnäuzer und Schlüssel verlor er auch noch seinen Schlips – ein Schicksal, das noch mehrere Männer an Ort und Stelle ereilen sollte.

Kunterbunt: „Blumenkind“ Kirsten Hackländer, die Tourismusbeauftragte der Stadt, und Anna Christ vom Bauaufsichtsamt.

Kunterbunt: „Blumenkind“ Kirsten Hackländer, die Tourismusbeauftragte der Stadt, und Anna Christ vom Bauaufsichtsamt.

Foto: Stefan Gilsbach

Zu Schlagern wie dem „Roten Pferd“ wurde getanzt und gefeiert. Natürlich hatten sich die Frauen und Männer der Verwaltung kostümiert. Offizielles Motto waren die 1980er Jahre, und tatsächlich sah man mehrere Feiernde in typischer neonfarbener Aerobic-Kluft, mit Stirnband natürlich. Da fehlten eigentlich nur noch Jane Fonda und Sydney Rome. Manche Abteilungen hatten sich kostümtechnisch allerdings anders orientiert. So waren die Mitarbeiter des Amtes für Jugend, Schule, Kultur und Sport in der roten Kluft der Panzerknacker erschienen. Tourismus-Beauftragte Kirsten Hackländer, die für ihre Organisation der Feier viel Applaus erhielt, war als Blumenkind im Stil der Hippie-Zeit kostümiert.

   Als Panzerknacker hatten sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jugendamts maskiert.

Als Panzerknacker hatten sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jugendamts maskiert.

Foto: Stefan Gilsbach

Vertreter der Politik sah man bei dieser Gelegenheit kaum, eine Ausnahme war Bernd-Eric Hoffmann, Fraktionsvorsitzender der Unabhängigen Wähler-Gemeinschaft, der mit Lebensgefährtin Sabine Rademacher das Kostüm als „Teletubbie“ gewählt hatte, mit dem berühmten „Bildschirm“ auf dem Bauch. Ob dort das von der UWG nachdrücklich geforderte „Rats-TV“ laufen sollte, blieb allerdings offen.

Beim Sturm auf das Rathaus gaben natürlich die Damen den Ton an: Links Manuela Finger, in der Mitte Beate Ritter und rechts Marina Bisterfeld, alle von der Karnevalsgesellschaft „Rua Kapaaf“.

Beim Sturm auf das Rathaus gaben natürlich die Damen den Ton an: Links Manuela Finger, in der Mitte Beate Ritter und rechts Marina Bisterfeld, alle von der Karnevalsgesellschaft „Rua Kapaaf“.

Foto: Stefan Gilsbach

Trotz der Eroberung des Rathauses durch die Möhnen konnten sich die Herren im Rathaus nicht beschweren – sie wurden bedacht mit dem Sessions-Orden der Karnevalsgesellschaft „Rua Kapaaf“, die gemeinsam mit ihren jecken Kollegen von der Karnevalsgesellschaft Rot-Weiß von 1980 mit Delegationen vertreten war. So erhielten die Amtsleiter Ulrich Dippel (Tiefbauamt) und Jörn Ferner (Amt für Jugend, Schule, Kultur und Sport) ebenso den Orden wie Volker Grossmann, der Leiter des Sozialamtes und Marc Bormann, der stellvertretende Leiter der Ordnungsbehörde. Und auch Simon Woywod bekam das karnevalistische Ehrenzeichen verliehen.

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