Radevormwald In Rade gibt es noch keinen Engpass bei Hausärzten

Radevormwald · Der Versorgungsgrad mit Hausärzten in der Bergstadt liegt nach Auskunft der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) bei 101,3 Prozent. Damit sind zurzeit 1,5 Sitze in Rade frei. Die Bedarfsplanung geht von 1671 Einwohnern pro Hausarzt aus, dann liege der Versorgungsgrad bei 100 Prozent, sagte Oliver Pellarin von der Niederlassungsberatung der KV-Bezirksstelle Köln im Ausschuss für Soziales, Sport und Integration.

Demnach hat Rade die jüngste Hausärzteschaft im Kreis. Der Anteil der Hausärzte, die 60 Jahre und älter sind, liegt bei unter 15 Prozent. Pellarin verwies auf den demografischen Wandel: Das Durchschnittsalter der Ärzte sei bis heute von 50,7 auf 53,4 Jahre gestiegen. Für einen Hoffnungsschimmer sorge die Tatsache, dass 2017 erstmals mehr jüngere Ärzte gezählt wurden. "In neun Jahren gab es einen Anstieg um 2,7 Jahren bei allen Ärzten", sagte er. Es sei aber nicht so, dass sich niemand mehr als Hausarzt niederlassen wolle. Der vielfach diskutierte und beklagte Ärztemangel rühre auch daher, dass es immer genügend Ärzte gab. Denn erst wenn der Versorgungsgrad einer Kommune unter 110 Prozent sinke, gebe es eine zusätzliche Niederlassungsmöglichkeit, Unterversorgung gibt es laut KV bei unter 75 Prozent.

"Wir kannten nie die Situation, dass Ärzte fehlen", sagte Pellarin. Auch zurzeit gebe es nirgendwo eine Unterversorgung, "aber wir sind knapp dran in einigen Gebieten". Das beziehe sich aber nur auf die gesetzlich festgeschriebene Unterversorgung und nicht auf die von den Bürgern regional gefühlte. Eins sei aber auch klar: "Wir brauchen immer mehr Hausärzte, um das Niveau zu halten, Zugänge müssen wir auch außerhalb der Grenzen der KV Nordrhein, zu der 19.000 Ärzte zählen, zulassen", sagte er. Grundproblem der Bedarfsplanung sei es, die Einwohnerzahl in ein Verhältnis zur Patientenzahl zu setzen. "Denn wenn ein Psychotherapeut im Quartal nur sechs Patienten betreut, können wir nix tun", sagte Pellarin. Da wäre eine Leistungsbilanz gut, um fehlende Arztstunden zu kompensieren. "Wir haben das Problem erkannt und wollen künftig darauf einwirken, dass halbe freie Sitze gefüllt werden", sagte er. Für die Zulassung von Ärzten habe die KV vor Jahren "Mittelbereiche" festgelegt: Rade bilde dabei einen eigenen Bereich, ebenso Wipperfürth und Hückeswagen zusammen. Ohne Bedarfsplanung befürchte die KV eine Flut an bestimmten Ärztegruppen, so dass diese Planung auch eine Schutzfunktion gegenüber den Ärzten im System ausübe.

Was die KV tun kann, skizzierte Pellarin kurz: Ab 110 Prozent Versorgungsgrad wird ein Mittelbereich gesperrt, freie Arztsitze werden ausgeschrieben, Unterversorgung wird festgestellt und Maßnahmen ergriffen (Vergütungsanreize). Aufgabe sei, Ärzte zu beraten, zu informieren und mit ihnen neue Versorgungsmodelle (Teilzulassung, Jobsharing, Zweigpraxis) zu besprechen. "Unser Eindruck ist, dass der Trend wieder dahin geht, dass sich Ärzte niederlassen wollen, auch dank erhöhter Honorare", sagte er.

Nach Rade komme aber kein Arzt mehr, wenn er statt 40 nun 45 Euro bekommen würde. Ärzten müssten die Vorteile einer Niederlassung schmackhaft gemacht werden. "Zum Beispiel könnten niedergelassene Ärzte motiviert werden, noch einen weiteren Arzt anzustellen", sagte Pellarin. Wichtig sei, den Ist-Zustand für Rade zu erhalten. "Wir wollen mit jedem Arzt, der gehen will, früh in Kontakt kommen, um Nachfolger zu rekrutieren", sagte der Berater, der zur fachärztlichen Situation keine Angaben machte. "Diese Daten werden kreisweit erhoben, deshalb werden Patienten auch längere Fahrtzeiten zugemutet", sagte er. Eine fachärztliche Planung für Rade gebe es nicht.

(RP)
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