Radevormwald Hückeswagener Seglerin will zu Olympia

Radevormwald · Vanessa Gregor segelt an der Weltspitze. Ihr erstes Boot bestieg die Hückeswagenerin vor zehn Jahren auf der Bever. Jetzt kehrte die 17-Jährige zur Regatta in ihre Heimat zurück. In sechs Jahren will sie bei den Olympischen Spielen segeln.

Die Sonne scheint auf die Bever, es geht ein leichter Wind. Segelexperten wissen: Er kommt aus der falschen Richtung. Sollte er nicht drehen, werden die Veranstalter der Regatta es schwer haben, einen Kurs abzustecken. 86 Segler haben sich zum "Bergischen Regenschirm" angemeldet, der gleichzeitig als Landesjuniorenmeisterschaft gewertet wird. So viele wie noch nie. Und alle hoffen auf den richtigen Wind. Auch Vanessa Gregor blickt hin und wieder zu den Fahnen am Clubhaus des Remscheider Segelyachtclubs Bever-Talsperre (RSCB), in die der Wind greift. Pünktlich zur Regatta, die ihr Heimatverein und die Seglervereinigung Wuppertal gemeinsam ausrichten, kehrt sie an ihren See zurück. Inzwischen gehört die 17-Jährige zu den besten Seglerinnen, die Deutschland im Jugendbereich zu bieten hat. Die gebürtige Hückeswagenerin lebt im Internat in Kiel, trainiert fünfmal in der Woche und will bei den Junioren Richtung Weltspitze segeln. Da lässt die junge Sportlerin keine Zweifel offen.

Aber hier in Hückeswagen ist sie wieder Vanessa. "Ich segel auf der Bever mit einem anderen Gefühl als sonst", sagt sie. Unweigerlich denkt die Jugendliche dann an jenen Sommertag vor zehn Jahren zurück, als sie im Segelschnupperkursus zum ersten Mal eine Optimisten-Jolle bestieg. Sie hatte es bereits mit dem Reiten versucht, mit Tanzen und Fußball. Aber in den Mannschaftsportarten habe sie sich nie richtig wohlgefühlt. Und dann hatte Mutter Petra die Anzeige für das Ferienangebot auf der Bever entdeckt: Segeln.

"Das war kippelig, und ich hatte Angst", erzählt Vanessa. Und eigentlich habe sie dieses Gefühl eine ganze Weile nicht mehr losgelassen. Ein Jahr später lief ihr Opti bei starkem Wind auf der Bever voll. Da war das Mädchen gerade neun geworden. "Ich hatte wirklich Angst, dass ich untergehe", sagt die 17-Jährige. Als die gleiche Situation ein Jahr später drohte und der Wind anzog, hatte sie hingegen alles im Griff. Das Wasser blieb draußen. "Da ist der Knoten geplatzt", sagt Vanessa Gregor. Dieses Muster wiederholt sich: Hinfallen, Aufstehen und die Angst besiegen. Doch Vanessa ist eine Kämpferin. Und so hat sie auch ihre letzte große Angst beim Segeln in den Griff bekommen: die Quallen. "Beim Segeln auf dem Meer bin ich gekentert. Ich habe geweint und riesige Angst vor Quallen gehabt", erzählt sie. Das Ereignis wirkte nach. Beim nächsten Kentern wartete sie nicht ab, sprang ins Wasser und bezwang die Angst vor den Tieren. So will sie es schaffen - mit Disziplin, harter Arbeit und dem Überwinden der Hindernisse, die sich ihr in den Weg stellen.

Im vorigen Jahr verließ Vanessa Gregor Hückeswagen, ihre Familie und ihr Zuhause, um im Internat in Kiel zu leben und mit dem Bundeskader zu trainieren. "Aufstehen, Schule, Trainieren, Lernen, Schlafen: So sieht seitdem mein Alltag aus", erzählt die Sportlerin und strahlt. Schokolade gönnt sie sich nur einmal in der Woche, im Winter trainiert sie auf Mallorca und im Kraftraum, im Sommer verbringt sie die meiste Zeit auf dem Wasser. "Jetzt kommt noch der Führerschein dazu, nächstes Jahr mache ich Abi, und dann möchte ich Ökotrophologie studieren", sagt sie.

Aber auch beim Sport gebe sie Vollgas. Denn längst ist ans Aufhören nicht mehr zu denken: Die Wellen, das Wasser, die Sonne und die Natur hätten ihr einst die Liebe zum Segeln eröffnet. Inzwischen sei eine gehörige Portion Ehrgeiz und der Kick, es schaffen zu wollen, dazu gekommen - und die gute Gemeinschaft im Team. Bei der Regatta auf der Bever allerdings will Vanessa Gregor die Seele baumeln lassen und Spaß haben. Ihr Verein freut sich über die Rückkehr seiner großen Sportlerin. "Das ist etwas Besonderes für uns, wir sind richtig stolz", sagt RSCB-Jugendtrainer Markus Müller am Rande der Veranstaltung, bevor er loszieht und den ersten Kurs feststeckt.

Vanessa Gregor macht sich startbereit. Dann dreht sie sich noch einmal um. "Und ich bin stolz, dass ich von diesem kleinen See komme und vorne mitsegel", sagt sie noch. Dann nutzt die 17-Jährige den Wind.

(RP)
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