Theater in Radevormwald Weltliteratur auf der Rader Bühne
Radevormwald · Das Rheinische Landestheater zeigte „Herz der Finsternis“ von Joseph Conrad in Radevormwald. Ein textreicher Theaterabend.
Der Kulturkreis Radevormwald unter der Leitung von Michael Teckentrup ist für sein abwechslungsreiches Programm bekannt. In dieser Woche brachte er mit „Herz der Finsternis“ ein Stück Weltliteratur ins Bürgerhaus, denn die Erzählung von Joseph Conrad ist genau das. Die autobiographischen Details des Romans beleuchten eine prägende Erfahrung in dem Leben des ungewöhnlichen Schriftstellers, der als Sohn einer polnischen Familie in der Ukraine geboren wurde und die Wende vom 19. zum 20. Jahrhunderte maßgebliche prägte. Als ungewöhnlich kann man Joseph Conrad nicht nur beschreiben, weil seine Biografie viele Gründe für Spekulationen liefert, sondern auch weil er die englische Sprache angeblich nie flüssig sprechen konnte, seine Werke jedoch Teil der klassischen englischen Literatur sind. Von den 20 Romanen und den zahlreichen Erzählungen, die er nach seiner Zeit als Seemann geschrieben hat, ist „Herz der Finsternis“ einer der bekanntesten. Das Werk ist aus den traumatischen Erlebnissen hervorgegangen, die Joseph Conrad auf seiner Schifffahrt auf dem Kongo erlebt hat. Er wusste bereits mit 15, dass er Seemann werden wollte und verwirklichte diesen Vorsatz zwei Jahre später und ging als junger Mann auf weite Reisen. Im Herzen Afrikas wurde er am Ende des 19. Jahrhunderts mit der brutalen Kolonialpolitik der europäischen Mächte konfrontiert. Die Ausbeutung und der Massenmord an der einheimischen Bevölkerung verfolgten ihn sein Leben lang.
Das Rheinische Landestheater Neuss (RLT) adaptiert den Roman mit einem einfachen, aber wirkungsvollen und interaktiven Bühnenbild, das die Stimmungen der aufreibenden Reise aufgreift. Der Seemann Marlow ist für eine belgische Handelsgesellschaft auf einem Dampfschiff unterwegs und soll den mysteriösen Handelsagenten Kurtz aufspüren. Angetrieben von düsterer Faszination begegnet Marlow traumatisierender Brutalität und erkennt das die Bewohner Afrikas im Auftrag von König Leopold II. geknechtet werden.
Der Grad zwischen Zivilisation und Barbarei wird immer kleiner und genau diese Gratwanderung verkörperten die Schauspieler Pablo Guaneme Pinilla, Philipp Alfons Heitmann, Josia Krug, Linda Riebau und Stefam Schleue am Mittwoch gut. Sie wechselten immer wieder zwischen der Rolle des Seemanns, dem Erzähler und anderen Figuren, die ihm auf seiner Reise begegnen. Die Inszenierung von Reinar Ortmann und die Dramaturgie von Sebastian Zarzutzki lässt Raum für die sorgfältige Sprache. Jule Dohrn-van Rossum ist für das Bühnenbild verantwortlich, das durch seine Einfachheit kraftvoll die Handlung unterstützte.
Das RLT Neuss überzeugte auch in dieser Woche mit einem durchdachten Theaterabend und seinen talentierten Schauspielern.