Radevormwald Gut 30.000 Euro mehr für neun Politiker

Radevormwald · Eine vom Landesinnenministerium beschlossene Aufwandsentschädigung bringt Ausschussvorsitzenden rückwirkend zum 1. Januar 2017 monatlich fast 300 Euro mehr. Bürgermeister Johannes Mans hält das für absolut gerechtfertigt.

Radevormwald: Gut 30.000 Euro mehr für neun Politiker
Foto: Hertgen Nico

Gute Nachricht für neun Ausschussvorsitzende: Das Landesinnenministerium hat entschieden, dass sie eine zusätzliche Aufwandsentschädigung erhalten. "Es geht um eine Anerkennung und Aufwertung des kommunalen Ehrenamtes", sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Die Vorsitzenden erhalten rückwirkend zum 1. Januar eine Aufwandsentschädigung von 290,20 Euro pro Monat - Mehrbelastung für den Radevormwalder Haushalt: 31.341,60 Euro.

Bürgermeister Johannes Mans hält die Zahlung für angemessen. "Wenn wir auf ehrenamtliche Hilfe zurückgreifen, müssen wir angemessene Anreize schaffen, um attraktiv zu bleiben", sagt er. Der enorme Zeitaufwand der Lokalpolitiker müsse honoriert werden, sonst breche das Ehrenamtssystem zusammen. "Ich sehe die Gefahr, dass es immer weniger Ehrenamtliche in der Politik gibt, die qualifiziert und fundiert entscheiden können", sagt er. Die Unterstützung des Ehrenamtes sei das Gebot der Stunde.

Renate Schmidt, Leiterin des Hauptamtes, betont, dass der Rat entscheiden muss, ob er die vom Land beschlossene Neuregelung übernimmt oder Ausschüsse vielleicht auch rausnimmt. Nicht betroffen sind der Seniorenbeirat (Beiräte sind keine Ausschüsse des Rates), der Haupt- und Finanzausschuss und der Wahlausschuss, die von Mans geleitet werden, sowie der Wahlprüfungsausschuss, der unter dem Hauptausschuss geführt wird.

Die Leiterin des Hauptamtes kündigt an, dass der Rat die Hauptsatzung ändern muss. Darin wird auch der Verdienstausfall für Rats- und Ausschussmitglieder geregelt. Bislang lag der pauschal bei 20 Euro, ab sofort zwischen neun und 80 Euro - je nach Tätigkeit und Stundensatz.

Neu ist auch, dass die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden eine Extra-Entschädigung bekommen, wenn die Fraktion mindestens acht Mitglieder (bisher zehn) hat. Davon profitieren CDU und SPD: Die Politiker erhalten als Pauschale 435,30 Euro.

Die Fraktionsvorsitzenden bekommen 870,60 Euro, bei kleineren Fraktionen sind es 580,40 Euro - jeweils plus neue Aufwandsentschädigung und Sitzungsgeld. "Wir brauchen aber keinen Nachtragshaushalt, das kriegen wir untergebracht", sagt Schmidt.

Jürgen Fischer (CDU), Vorsitzender des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt, hält die zusätzliche Entschädigung für sinnvoll, über die Höhe lasse sich aber sicher streiten. "Wir geben ohnehin einen Teil des Geldes an die Partei ab und unterstützen damit die Arbeit der Fraktion oder den Wahlkampf", sagt Fischer. Es sei ein enormer Aufwand, den er für die Vorbereitung einer Ausschusssitzung betreiben müsse. "Ich opfere viel Freizeit, deshalb kann ich mit gutem Gewissen sagen, dass die neue Aufwandsentschädigung gerechtfertigt ist", sagt er.

Dietmar Stark, Fraktionsvorsitzender der SPD, und Vorsitzender des Ausschusses für Kultur, Tourismus und Verkehr, glaubt nicht, dass das Geld ein Anreiz ist, sich lokalpolitisch zu engagieren. "Ich sehe das als kleine Anerkennung für den zusätzlichen Aufwand", sagt er. Das Land wisse, dass die politische Arbeit nicht wirklich sexy sei. "Sie müssen den Wunsch haben, Demokratie vor Ort mitzugestalten", sagt Stark. Da müsse die finanzielle Seite auf jeden Fall eine untergeordnete Rolle spielen. "Wenn ich die Stunden zählen würde, die ich in meiner Freizeit kommunalpolitisch aktiv bin, wäre das ein Motivationskiller", sagt er.

Thomas Lorenz (CDU), Vorsitzender des Schulausschusses, wertet die Entscheidung des Landes als "Schlag ins Gesicht aller Ehrenamtlichen". Es gebe genügend Ehrenamtliche in anderen Bereichen, die kein Geld bekommen. Da befürchte er Neid. Er selbst habe Politik nie für eine Aufwandsentschädigung betrieben, sondern weil ihm Schulpolitik Spaß mache. Er halte es für bedenklich, dass es bei der Besetzung von Posten nicht mehr um die fachliche Eignung geht, sondern um die Höhe der Entschädigung. Lorenz spendet mehr als die Hälfte seiner Entschädigungen an die KG Rua Kapaaf, die IG Wiebachtal oder die "Tafel". "Wenn ich einen Vorsitz übernehme, ist diese Zeit ohnehin nicht zu bezahlen, also kann ich es ganz ehrenamtlich machen. Ich habe große Bauchschmerzen bei der neuen Aufwandsentschädigung des Landes", sagt er.

(RP)
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