Radevormwald Freundeskreis – Prozess mit 100 Zeugen

Radevormwald · Die 1. Große Strafkammer am Landgericht Köln verhandelt ab 6. September gegen acht Angeklagte vom Freundeskreis Rade. Vorwurf: Bildung einer kriminellen Vereinigung und 14 weitere Straftaten. 20 Verhandlungstage sind angesetzt.

Es dürfte voll werden in Saal 210 am Kölner Landgericht, wenn am Freitag, 6. September, acht Angeklagte mit ihren Verteidigern Platz nehmen. Nach der Razzia der Polizei in Rade im April 2012, bei der Wohnungen und das Fraktionsbüro der rechtspopulistischen Partei "Pro NRW" durchsucht wurden, hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen acht Mitglieder des "Freundeskreis Rade" erhoben.

Nach jetzigem Stand dürfte bei sechs Angeklagten das Jugendstrafrecht und bei zwei das Erwachsenenstrafrecht zur Anwendung kommen. Der Vorwurf lautet auf "Bildung einer kriminellen Vereinigung" — damit verbunden 14 weitere Straftaten, die zum Teil sehr schwer wiegen, berichtet der Pressesprecher des Landgerichts, Dr. Achim Hengstenberg.

Hierbei geht es um Volksverhetzung, die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, öffentlicher Aufforderung zu Straftaten, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, gefährliche Körperverletzung, Nötigung, Bedrohung und Sachbeschädigung. Die Anklageschrift umfasst mehr als 60 Seiten.

"Im Januar 2011 soll sich der Freundeskreis Rade gebildet haben, um rechtsextremes Gedankengut zu fördern", berichtet Hengstenberg. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen die Angeklagten Internetseiten genutzt haben und dort ausländerfeindliche und rassische Äußerungen getätigt haben. "Das waren aggressive Angriffe gegen Andersdenkende", sagt der Pressesprecher. Die Angeklagten hätten nicht gespart, wenn es darum ging, andere zu beleidigen.

Die Anklageschrift listet Graffiti-Schmierereien, Aufkleber, Flyer und Plakate mit umgedrehten Hakenkreuzen auf. "Außerdem machten sich die Mitglieder des Freundeskreis Mühe, um neue Mitstreiter zu finden. So soll es von Februar 2011 bis März 2012 immer wieder zu Straftaten gekommen sein. Dabei waren die Angeklagten einzeln unterwegs oder gemeinsam, um ausländische Mitbürger anzugreifen, "vermeintlich auch solche, die links orientiert waren", sagt Hengstenberg.

Dass die Täter nicht zimperlich vorgingen, beweist die Liste der Tatwerkzeuge: Baseballschläger, Steine, Flaschen, Eisenstangen. "Damit sorgten die Angeklagten für erhebliche Verletzungen bei ihren Opfern. Eines erlitt eine mehrfache Fraktur des Augenhöhlenunterbodens und musste mehrmals operiert werden", erläutert Hengstenberg. Immer wieder seien in diesem Zusammenhang auch rechtsextreme Parolen gerufen worden.

"Eine kriminelle Vereinigung zu bilden, geht nur, wenn damit der Zweck verbunden ist, Straftaten zu begehen", erklärt Hengstenberg. Ob die Angeklagten geständig sind, müsse die Hauptverhandlung klären. Einige hätten sich aber bis heute noch nicht zu den Vorwürfen geäußert. Gegen drei Angeklagte (zur Tatzeit) Heranwachsende zwischen 18 und 21 Jahre) war nach der Razzia Haftbefehl erlassen worden, sie kamen wenige Tage später wieder aus der U-Haft frei. "Damit ist der Haftbefehl aber nicht aufgehoben, sondern nur außer Vollzug gesetzt", sagt Hengstenberg. Grundsätzlich bestehe Fluchtgefahr, die werde aber durch Auflagen gemindert.

Das Strafmaß hängt davon ab, nach welchem Strafrecht die Angeklagten schließlich verurteilt werden — in der Regel gibt es für die Bildung einer kriminellen Vereinigung nach Angaben von Hengstenberg Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren, Rädelsführer erhalten bis zu zehn Jahre.

Für gefährliche Körperverletzung sind bis zu zehn Jahre Haft möglich. Im Jugendstrafrecht liegt die Höchststrafe bei bis zu fünf Jahre.

Die acht Angeklagten gelten nicht als Intensivtäter, sind nicht erheblich vorbestraft. "Aber die angeklagten Taten haben sie schon mit erheblicher krimineller Energie begangen", sagt Hengstenberg.

(RP)
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