Radevormwald Finanzspritze – dringend gesucht

Radevormwald · Der Verkauf des Wartburghauses und des Paul-Gerhardt-Hauses in Herbeck standen bei der Gemeindeversammlung der lutherischen Kirchengemeinde Stadt im vergangenen Oktober auf der Tagesordnung – vom Verkauf hat die Gemeinde nun zunächst Abstand genommen. Das wurde am Sonntagnachmittag während der zweiten Versammlung innerhalb weniger Monate bekannt gegeben. „Es hat sehr viele, nicht immer einfache Gespräche gegeben“, berichtete Pfarrerin Manuela Melzer.

Eine Folge davon war, dass ab Februar ein von der Landeskirche besoldeter Fachmann die Finanzlage der Gemeinde unter die Lupe nehmen soll. „Dessen Eindrücke wollten wir nicht vorwegnehmen“, sagte Melzer. Wie lange die Finanzprüfung dauern wird, das steht noch nicht fest. Seine Arbeit in Radevormwald ist nach Aussage von Melzer „zunächst unbefristet“. Fest steht jedoch der Zeitrahmen, in dem die Gemeinde ihre finanzielle Schieflage in den Griff bekommen muss. „Wenn wir weiter so arbeiten, sind wir in drei Jahren platt“, sagte Melzer. Gemeindeamtsleiter Volker Wolf hatte mit etlichen Balkendiagrammen zu verdeutlichen versucht, was die Gemeinde viel Geld kostet. 70 000 Euro schlagen für die Kirchenmusik zu Buche, 100 000 Euro für Küster und Hausmeister, 50 000 Euro für die Jugendarbeit, 60 000 Euro für die Kindergärten und rund 180 000 für die Verwaltung. Bei der Prognose für 2011 geht lediglich der Verwaltungsanteil auf rund 125 000 Euro runter, die restlichen Summen entwickeln sich trotz Wegfalls einer Pfarrstelle in etwa gleich.

Besuchsdienst gefordert

Weitere Einsparungen im Verwaltungsbereich hielt Wolf auch angesichts sinkender Gemeindegliederzahlen für unwahrscheinlich: „Ob sie 2000 Gemeindeglieder mehr oder weniger haben, das macht den Kohl nicht fett. Die Arbeit selbst bleibt.“ 10 154 Euro Einzelspenden brachte ein Aufruf vor einigen Wochen, die größten zweckgebundenen Positionen beziehen sich auf den Erhalt der beiden Häuser.

Sollten diese kurzfristig dennoch veräußert werden müssen, werden die Spenden zurückgezahlt. Kritik an der Arbeit der Gemeinde wurde jedoch auch unabhängig von der Finanzsituation laut. Dietrich Lunderstädt beklagte, dass er in den vergangenen Jahren nicht mehr von der Gemeinde besucht worden sei. Dass Besuchswünsche bei vielen Menschen existierten, war auch Pfarrerin Melzer bewusst: „Ich bedauere das auch, aber bei 2500 Gemeindegliedern pro Pfarrstelle ist das nicht so ohne weiteres zu schaffen.“ Normalerweise folge sie einer solchen Bitte aber umgehend. Anders sehe das bei regelmäßigen Besuchswünschen aus. Hier bemühe man sich, ehrenamtliche Besuchsdienste aufzubauen. Die Bereitschaft, sich langfristig zu engagieren, sei aber bei den wenigen vorhanden. Zudem werde die Situation durch den Wegfall der dritten Pfarrstelle nicht einfacher.

(RP)
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