Radevormwald Epische Familiensaga im Bürgerhaus

Radevormwald · Das Rheinische Landestheater Neuss hat sich dem Romanklassiker "Jenseits von Eden" von John Steinbeck angenommen. Etwa 200 Besucher bekommen eine intensive, teils auch komische, Vorstellung geboten.

 Der Moment der Wahrheit: Caleb (l.) führt seinem Bruder Aron die Mutter vor - die Hure Cathy.

Der Moment der Wahrheit: Caleb (l.) führt seinem Bruder Aron die Mutter vor - die Hure Cathy.

Foto: B. Hickmann

Die Literatur von John Steinbeck gehört zu den meistgelesenen Werken des 20. Jahrhunderts. Bücher wie "Früchte des Zorns", "Von Mäusen und Menschen", "Die Straße der Ölsardinen" und natürlich "Jenseits von Eden" erzählen oft von den Armen, Entrechteten im Amerika in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts, Steinbeck erzählt aber auch ausufernde Familiengeschichten - wie etwa in seinem wohl beliebtesten Werk, "Jenseits von Eden" von 1952, das drei Jahre später in der Filmversion von Regisseur Elia Kazan für den Durchbruch von James Dean sorgen sollte. Das Rheinische Landestheater Neuss hat sich dem epischen Romanstoff genähert und ihn am Mittwochabend ins Bürgerhaus nach Radevormwald gebracht.

Etwa 200 Besucher wollen sich die Geschichte der Familie Trask anschauen. Und sie werden mit einer ganz anderen Herangehensweise konfrontiert, als man sie aus Steinbecks teils recht ausuferndem Erzählstil gewohnt ist. Schnell, teilweise sogar fast comichaft und dadurch bisweilen tatsächlich auch komisch ist es, was das hervorragende Ensemble unter der Leitung von Michael Lippold aus dem Steinbeckschen Stoff gemacht hat. Das tut jedoch dem dramatischen Stoff keinen Abbruch. Und es geht um sehr viel: "Sind wir verdammt zur Erbsünde, zum Brudermord, zum ewig andauernden Krieg? Sind wir Jenseits von Eden?", so bringt der Regisseur die Geschichte auf den Punkt. Dennoch, bei allem Drama: Das kleine bisschen Komik hat dem über zweieinhalbstündigen Epos sehr gutgetan - trotz schwerer Sätze wie: "Wenn Götter stürzen, dann purzeln sie nicht bloß."

Das hat schon bei den Zwischentiteln angefangen, die die verschiedenen Szenen verorten: Einem Nummerngirl beim Boxen gleich, das auf- und abstolzierend die jeweilige Rundenzahl auf einer Tafel präsentiert, tragen die Schauspieler immer wieder grob gezimmerte Holzschilder über die Bühne, auf denen etwa "Vor langer Zeit in Connecticut" steht. Dazu kommt die abwechslungsreiche - und live gespielte - Musik von Ingmar Kurenbach: Mal kommt da der angedeutete Hochzeitsmarsch auf der E-Gitarre, als Adam Trask (tragisch: Stefan Schleue) die Dirne Cathy Ames (undurchsichtig: Juliane Pempelfort) heiratet. Oder eine dezente Akustikgitarre, zu der das Ensemble immer wieder "Hang Down Your Head Tom Dooley" anstimmt. Oder der Mamas-&-Papas-Klassiker "California Dreaming", als Adam vorschlägt, nach Kalifornien zu gehen.

Die Handlung hat Regisseur Michael Lippold deutlich gestrafft. Als dramaturgisches Element hat er dazu auf den erzählenden Schauspieler zurückgegriffen: Immer wieder fungieren die Schauspieler - allen voran mit sehr sonorer Stimme: Joachim Berger als Horace Quinn - als Erzähler, um quasi die jeweilige Szene vorzustellen. Und so wird das Publikum praktisch im par-force-Ritt durch mehrere Jahrzehnte gebracht: Von den Anfängen, als Charles (verzweifelt: Richard Lingscheidt) und Adam Trask um die Gunst ihres Vaters Cyrus Trask (fies: Pablo Guaneme Pinilla) kämpfen und die Brüder sich entfremden.

Und die Geschichte, das ist die tragische Quintessenz aus "Jenseits von Eden", wiederholt sich in der folgenden Generation. Bis es zur Katastrophe kommt. Man verfolgt die Geschehnisse auf der simpel, aber effektiv dekorierten Western-Bühne gebannt, und als die letzte Szene vorbei ist, fühlt man sich bestens unterhalten: "Besser als im Kino", dieser Kommentar einer Besucherin beim Herausgehen, bringt das sehr gut auf den Punkt.

(RP)
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