Radevormwald Ein historischer Stadtrundgang durch die Stadt auf der Höhe

Radevormwald · Wer dem Flyer "Historischer Stadtrundgang" in Radevormwald folgt, stößt auf geografische Hindernisse. Ein Testlauf von einem, der noch nie hier war.

 Im alten Pastorat der Lutherischen Gemeinde an der Burgstraße 8 wird geheiratet - und hier treffen sich Ausschüsse zu ihren Sitzungen.

Im alten Pastorat der Lutherischen Gemeinde an der Burgstraße 8 wird geheiratet - und hier treffen sich Ausschüsse zu ihren Sitzungen.

Foto: jürgen moll

Laut meiner Karte muss hier das Rathaus sein. Was ich sehe: Bastelarbeiten in Fenstern, einen Leiterwagen der Feuerwehr, viele Autos und ein grau-grässliches Gebäude. Ein Schild zeigt einen Pfeil nach rechts und trägt die Aufschrift: "RATHAUS". Aha. Rechts aber ist das grau-grässliche Gebäude, und irgendwie hatte ich erwartet, dass der "historische Stadtrundgang", den mein Flyer mir verspricht, festlicher beginnt. Die Türen, hinter denen ich das Rathaus vermute, sehen nämlich aus wie der Diensteingang zu einem Appartementhotel.

In der Stadtverwaltung gibt es diese Broschüre für den historischen Stadtrundgang mit Übersichtskarte und durchnummerierter Erläuterung. Der Kollege in der Redaktion drückte dem ortsfremden Gast das Papier in die Hand und trug ihm auf, den Nummern hinterherzulaufen. Immerhin war ich noch nie in meinem Leben in der Stadt, nur höchstens bei einem Handballspiel vor Jahren.

 Die Vorderfront des Rathauses an der Hohenfuhrstraße.

Die Vorderfront des Rathauses an der Hohenfuhrstraße.

Foto: dörner (archiv)

Also mache ich mich auf, folge den Anweisungen des Navigationsgerätes und parke mein Auto an einer Straße, von der ich glaube, dass sie zentral gelegen sein könnte. Dann geht es los. Ich suche Punkt Nummer eins: das Rathaus.

Auf meinem Zettel steht: "Bis ins 19. Jahrhundert stand das Rathaus am Markt." Warum man es wohl nicht dort gelassen hat?, frage ich mich. Verwirrt vom Rathaus, wende ich mich ab auf der Suche nach dem alten Pastorat der Lutherischen Gemeinde an der Burgstraße 8. Ein bergisches Haus mit Schiefertafeln und grünen Fensterläden. Hübsch. "Zu beachten ist der Kurfürstenhut im Giebel", sagt der Flyer. Um den zu entdecken, muss ich ein paar Schritte zurückgehen. Die Tafel an dem Haus gibt leider nicht mehr Informationen her als mein Zettel.

Vorbei an der Drei in meinem Plan, der Lutherischen Kirche, suche ich nach dem Gartenhaus von 1772. Ich versuche, mich an Straßennamen zu orientieren, aber es gibt gar keine Schilder. Vor mir liegt so etwas wie eine Hauptstraße, dahinter ein kleiner Park. "Parc de Châteaubriant" heißt er - und nach ein paar ziellosen Schritten ahne ich, was das Gartenhaus ist. Es steht dort, etwas verwunschen und schüchtern, aber doch so hübsch im Nichts. Das Rokoko-Gartenhaus ist das einzige Gebäude der Stadt, das den Stadtbrand 1802 überdauert hat, lerne ich. Ein Anlass zur Freude.

Als nächstes laufe ich einen längeren Weg und frage mich ein weiteres Mal, ob ich wohl richtig bin. Mir begegnet das ehemalige Pfarrhaus von 1843, die Nummer fünf im Flyer, ich laufe weiter. Vorbei am "Zero Pub", wo es Kölsch gibt, an "Hero Nails" und einem Haarstudio und leeren Ladenlokalen. Plötzlich stehe ich auf einem Platz, von dem ich nicht weiß, wie er heißt, aber ich erahne, dass es der Schlossmacherplatz sein muss. Eine kleine Tafel kündigt eine Lesung mit Autor Sebastian Fitzek an, hier ist also die Stadtbücherei im Bürgerhaus. Meine Broschüre verspricht mir einen Brunnen aus Mühlsteinen, aus dem aber kein Wasser sprudelt. Ach, der Winter.

Richtig historisch ist das Bürgerhaus von 1981 natürlich nicht, auch wenn es älter ist als ich. Ich gehe in Richtung des Markts mit der Friedenseiche, der mir zu Beginn auf der Suche nach dem Rathaus schon begegnet ist. Vor der Reformierten Kirche von 1804 hängt am Zaun eine Deutschlandfahne mit der Aufschrift: "Pray for Berlin", Betet für Berlin. Die Friedenseiche, sie hat zuletzt wohl schon bessere Zeiten erlebt. Bei meinem Besuch steht sie im Schatten eines Weihnachtsbaums, etwas entrückt, aber immer noch mahnend. Mir gefällt die Symbolik.

Das Graben in der Historie Rades ist nicht allzu einfach. Die Broschüre gibt ein paar Häppchen Informationen, die Tafeln an den Gebäuden auch, aber meistens würde ich gerne etwas mehr wissen. Es fehlen Straßenschilder, die Orientierung fällt mir ohnehin schon nicht so leicht, da würden mir ein paar mehr Namen gut tun. Ich komme noch an zwei schmucken Kirchen vorbei, den Nummern zehn und elf im Plan. Erst liegt die Katholische Kirche an der Bischof-Bornewasser-Straße auf meinem Weg, dann die Alt-lutherische Kirche. Ziemlich viele Kirchen, denke ich.

Der letzte Punkt auf meinem Zettel ist das Heimatmuseum, ich bin froh, es zu sehen, weil ich mich doch nicht verlaufen habe. Als ich mich umdrehe, lese ich: "Rathaus". Ich merke, das vorhin war nur der Hintereingang.

Historischer Stadtrundgang: Den Flyer gibt es an verschiedenen Stellen im Rathaus, aber auch bei der Wirtschaftsförderungsgesellschaft, Hohenfuhrstraße 6, Tel. 02915 6892213.

(her)
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