Bergischer Geschichtsverein Wie Rade nach 1945 wieder auf die Beine kam

Radevormwald  · Hans Aldermann war der erste Redakteur der Bergischen Morgenpost. Sein Sohn hat in einem Vortrag Zeitdokumente präsentiert. Sie stammen aus der Zeit des Wiederaufbaus und des folgenden Wirtschaftswunders.

 Noch waren nicht alle Trümmer im Stadtbild beseitigt, als im Jahr 1950 die Menschen den Schützenzug verfolgten. Wer erkennt auf Anhieb die Straße?

Noch waren nicht alle Trümmer im Stadtbild beseitigt, als im Jahr 1950 die Menschen den Schützenzug verfolgten. Wer erkennt auf Anhieb die Straße?

Foto: Archiv Aldermann

Lokaljournalismus wurde in Radevormwald in der Nachkriegszeit maßgeblich durch Hans Aldermann geprägt. Er war der erste Reporter, der in der Kleinstadt das Zeitgeschehen in Wort und Bild für die Bergische Morgenpost festhielt. In seinem Archiv, das von Sohn Lutz Aldermann verwaltet wird, findet man historische Aufnahmen aus der Zeit des zweiten Weltkrieges und des Wirtschaftswunders. Viele Fotos und Berichte sind nie veröffentlicht worden.

Lutz Aldermann hat einen Vortrag für den örtlichen Geschichtsverein zusammengestellt, der die Stadt zerstört zeigt, aber auch den Wiederaufbau abbildet. Kriegsberichterstattung war verboten und so kommen nun zum ersten Mal Bilder an die Öffentlichkeit, die bei Bombenangriffen auf die Kleinstadt entstanden sind.

Nachdem der Vortrag von Lutz Aldermann mehrfach verschoben werden musste, wurde er am Freitagabend digital gezeigt. 20 Bürger loggten sich ein, um die Stadt auf der Höhe durch die Linse von Hans Aldermann zu betrachten.

„Mein Vater konnte 1945 endlich seinen Traumberuf ergreifen und Journalist werden. Während des Dritten Reichs war ihm das verwehrt“, sagt Lutz Aldermann. Ab Oktober 1949 war der Journalist für die Lokalausgabe seiner Heimatstadt verantwortlich.

Bilder, die in den Jahren zwischen 1940 und 1945 entstanden sind, zeigen den Luftkrieg über den Feldern, kontrollierte Sprengungen von Blindgängern und Bombenkrater, die zum Beispiel in der ersten Uelfe entstanden sind. Im Juni 1940 fielen an einem Tag elf Bomben. Diese Details hat Hans Aldermann in nie veröffentlichten Artikeln festgehalten. „Er durfte nicht über das örtliche Kriegsgeschehen berichten, bekam aber Anfragen aus anderen Städten, die an dem Material interessiert waren. Die Bombenkrater wurden für die Bewohner der Stadt zu beliebten Ausflugszielen“, sagt Lutz Aldermann.

Er hat aus dem Archiv seines Vaters, das über 20 000 Bilder umfasst etwa 2000 eingescannt. Dokumentiert sind auch Bombeneinschläge im Bereich der Siepenstraße und die große Zerstörung der Innenstadt. Am 14. August 1945 wurden die Schulen wieder geöffnet. Hans Aldermann hat die Englische Besatzung vor der Lindenbaum-Schule fotografiert. Die Adventsbeleuchtung 1945 wurde an zerstörten Gebäuden angebracht.

Wie sich Radevormwald in den Jahren nach dem Krieg entwickelt und rekonstruiert hat, wird in der Berichterstattung des Lokaljournalisten deutlich. Seine Arbeit eröffnet neue Blickwinkel. Nicht nur auf die Stadt im Bergischen, sondern auf Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg. Die Fotos und Artikel von Hans Aldermann sind ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie wichtig Lokaljournalismus für die Dokumentation eines Zeitgeistes ist.

Er hat den Bau der Sparkasse und des Krankenhauses begleitet und Kinder vor gefüllten Schaufenstern fotografiert. Anrührende Erinnerungen an Menschen mit Hoffnungen und Träumen. „An der Kaiserstraße füllten sich die Schaufenster langsam wieder. Die Mädchen blickten auf die Puppenhäuser, die Jungen auf die Metallbaukästen“, beschreibt Lutz Aldermann das historische Bild.

Nach dem Krieg bekam Radevormwald den ersten Müllwagen, obwohl es kaum Abfall gab. Alles wurde verbrannt. „Im Müll landete meistens nur die Asche.“ 1954 versteigerte der Städtische Bauhof das letzte Pferdefuhrwerk. „Die Landwirte interessierten sich nur für die Pferde. Der Braune wurde für 900 Mark, der Schwarze für 760 Mark ersteigert.“

Im gleichen Jahr haben in der Innenstadt viele Fachgeschäfte eröffnet und eine weitere Baulücke, heute die Bergische Apotheke, wurde geschlossen.

Dokumentiert hat Hans Aldermann aber nicht nur den Wiederaufbau der Stadt, sondern auch Kuriositäten, wie einen Jungbullen, der die Stadt auf Trapp hielt. Er war 1955 auf dem Weg ins Schlachthaus abgehauen.

 Ein Treffpunkt war Tabak Louis in Bergerhof – dort gab’s natürlich auch die Bergische Morgenpost zu kaufen.

Ein Treffpunkt war Tabak Louis in Bergerhof – dort gab’s natürlich auch die Bergische Morgenpost zu kaufen.

Foto: Archiv Aldermann
 Fotos Aldermann

Fotos Aldermann

Foto: Archiv Aldermann
 Im März des Jahres 1955 waren die Zeichen des Wiederaufbaus nicht mehr zu verkennen. Dieses Bild zeigt die Kaiserstraße nahe des Schlossmacherplatzes.

Im März des Jahres 1955 waren die Zeichen des Wiederaufbaus nicht mehr zu verkennen. Dieses Bild zeigt die Kaiserstraße nahe des Schlossmacherplatzes.

Foto: Archiv Aldermann

Zu verdanken ist dem Journalisten auch die Wiedereröffnung des Wochenmarktes. „Mein Vater hat sich in mehreren Artikel für den Wochenmarkt eingesetzt. Der erste Markttag war ein voller Erfolg.“ Mit seinem Vortrag hat Lutz Aldermann nicht nur an die Arbeit seines Vaters erinnert, sondern auch an historische Zeiten in Radevormwald.

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