Radevormwald Die Zehn Gebote auf Rader Platt
Radevormwald · Der Senioren-Treff hatte am Wochenende einen besonderen Programmpunkt. Die Zehn Gebote wurden neu übersetzt.
Hans-Joachim Harnischmacher ist ein Rader Original. Er hat sein ganzes Leben in der Innenstadt gelebt und ist bekannt wie ein bunter Hund. Er lässt sich immer wieder Ideen einfallen, um die Geschichte seiner Heimatstadt zu bewahren, weiterzugeben und neu zu entdecken. Teil davon ist auch die Rader Mundart, auch Rader Platt genannt, die nur noch wenige beherrschen und auszusterben droht.
Am Samstag war der 90-Jährige zu Gast im Senioren-Treff der Martini-Gemeinde, der traditionell im Haus an der Uelfestraße stattfindet. Nach der Begrüßung durch Pfarrer Florian Reinecke, der die Leitung des Senioren-Treffs übernommen hat und nach einem geselligen Kaffeetrinken, trat Hans-Joachim Harnischmacher mit Norbert Ulrich vor die Gesellschaft.
Zusammen trugen sie die Zehn Gebote auf Rader Platt vor. Norbert Ulrich schlüpfte dabei in die Rolle des Pfarrers aus der Gemeinde in Remlingrade und Hans-Joachim Harnischmacher in die des Bauern Wilhelm - natürlich mit blauem Hemd und rotem Halstuch.
Er übersetzte die Zehn Gebote in die Rader Volkssprache, damit sie alle aus dem Dorf und der Stadt richtig verstehen. "Wir wollen mit dem Schauspiel an einen wichtigen Teil unserer Geschichte erinnern, die Sprache und die Zehn Gebote zusammen in den Mittelpunkt rücken", sagt Harnischmacher. Er ist nicht nur bekannt für sein geschichtliches Wissen, sondern auch für seinen Humor.
Und so glucksten die Senioren schon vergnügt los, als er sein Bauern-Kostüm mit einer Schirmmütze abrundete. Die Entführung in die Zeit der Reformation gelang den beiden Darstellern spielend, denn ihre Darbietung war treffend und die Interpretation der Bibeltexte typisch bergisch. Das Rade, wie es vor 500 Jahren war, wurde im Gemeindehaus zum Leben erweckt und Besucher wie Otto Cords, selber Mundart-Experte, amüsierten sich über die Übersetzungen. Zimperlich darf man, wenn es um die Sprache des Volkes geht, aber nicht sein.
"Unsere Übersetzungen sind schon relativ deftig und kennen keine Zurückhaltung", sagt Hans-Joachim Harnischmacher. Vor dem Hintergrund der geringen Schulbildung der meisten Dorfbewohner und dem pragmatischen Verstand wirkte das aber authentisch. Für das Schauspiel bekamen er und Norbert Ulrich viel Applaus. "Wir wollen mit dem Programm gerne noch mehr auftreten und auch junge Zuhörer wieder von unserer Mundart begeistern."
Ein weiteres Anliegen des Radevormwalders ist es, über die Kriegsjahre und die NS-Zeit aufzuklären. Das macht er, an Schulen und in Kirchengemeinden, genauso schonungslos, wie bei der Darbietung am Samstag.