Ansichtssache Die Schüler haben die Kritiker und Nörgler überrascht

Gute Stimmung herrschte gestern bei der Schüler-Demonstration an der Ecke Hermannstraße/Kaiserstraße. Und der Unterricht wurde auch nicht geschwänzt.

  STEFAN    GILSBACH

STEFAN GILSBACH

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Die Radevormwalder Schüler haben in dieser Woche für eine Überraschung gesorgt. Viele Erwachsene haben geglaubt, die junge Generation sei selbstbezogen, wehleidig und an Politik nicht interessiert.

Nun, das scheint sich zu ändern, wenn man die Demonstrationen gegen die Klimapolitik betrachtet. Natürlich kann man darüber streiten, ob dafür unbedingt Schulunterricht ausfallen muss – aber ohne diese Provokation wäre das Echo auf die Aktionen wohl nicht so gewaltig. In Rade haben die Schüler des Schulzentrums gestern zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Sie zeigten, dass sie für eine andere Klimapolitik sind, zeigten aber auch, dass sie den eigenen Lebensstil hinterfragen.

Viele Kritiker der „Fridays for Future“-Demos hatten ja darauf hingewiesen, dass so mancher, der da mitmarschiert, sich täglich mit der Dieselschleuder zur Schule bringen lässt. Und so haben die Schüler auch gegen die morgendliche Lawine von Elterntaxis protestiert. Das ist ein erster Schritt – es wäre etwas viel verlangt von den Jugendlichen, die Eltern sofort zur Verschrottung der Familienkutsche zu zwingen.

Übrigens: Unterricht ist gestern in Rade so gut wie keiner ausgefallen. Und mit Sicherheit haben die Schüler etwas gelernt, nämlich wie man öffentlichen Protest organisiert und sich Gehör verschafft. Das ist in einer Demokratie gutes Recht für jedermann.

In der Rader Politik brauchen Vorhaben etwas länger, bis sie die Gremien passiert haben. Auch die Entscheidung über die Zukunft der Katholischen Grundschule Lindenbaum wird nicht einfach werden – diesen Eindruck konnte man aus dem jüngsten Schulausschuss mitnehmen. Die Verwaltung hatte ein Konzept für den Umbau der Schule vorgestellt, das sie für sinnvoll hält, denn die Schule kann an ihrem Standort bleiben und es wird deutlich kostengünstiger als ein Neubau.

Angesichts der zweifelnden Gesichter bei manchen Fraktionen, etwa der Unabhängigen Wählergemeinschaft oder der Alternativen Liste, ist zu befürchten, dass die Sache durch eine ganze Reihe von Gremien geschleppt werden muss. Die Schulleitung findet das Konzept übrigens in Ordnung. Und die Schüler wären wohl froh, wenn sie bald nicht mehr unter Raumnot leiden würden. Aber im Rat gelten andere Regeln.

Das Thema Müll hat unsere Zeitung in den vergangenen Wochen mehrfach beschäftigt. Nun stellt die Verwaltung in Aussicht, im kommenden Jahr wieder mit der Organisation der Aktionen „Rade räumt auf“ zu beginnen. Diese Aufräumtouren von Ehrenamtlern, Schülern, Mitarbeitern örtlicher Unternehmen und anderer Freiwilliger hatten viel Resonanz erhalten und ein Zeichen gegen die Sorglosigkeit gesetzt, mit der manche Personen öffentliche Flächen verschmutzen.

Natürlich heißt das nicht, dass man bis zum nächsten Jahr warten muss. Der Bürgerverein der Wupperorte beispielsweise möchte schon vorher gründlich aufräumen. Die Stadt stellt dazu Säcke, Handschuhe, Zangen zur Verfügung. Und wer in einem anderen Ortsteil mit dem Müllsammeln schon einmal beginnen möchte, findet bei der Verwaltung sicher ein offenes Ohr.

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