Radevormwald Die Folgen der Güllekatastrophe

Radevormwald · Rundgang mit Revierförster Volker Leipzig durch das Naturschutzgebiet an der Neye-Talsperre, die unter der Einleitung von 50 000 Kubikmetern Gülle leidet.

 Auch einen verendeten Fuchs hatte der Revierförster entdeckt.

Auch einen verendeten Fuchs hatte der Revierförster entdeckt.

Foto: Leipzig

Seit 28 Jahren ist Volker Leipzig Revierförster, daher kennt er das Naturschutzgebiet rund um die Neye-Talsperre wie seine Westentasche. Die Umweltkatastrophe vom 18. März, als 1,7 Millionen Liter Gülle von einem landwirtschaftlichen Betrieb in Halver in den Neyebach und dann in die Talsperre liefen, habe für das Ökosystem Auswirkungen, die noch gar nicht abzusehen seien. Über die sichtbaren Auswirkungen und mögliche Maßnahmen, um wieder Leben in den toten Bereich des Baches und die 16 Teiche zu bekommen, spricht er bei einem Gang rund um die Talsperre.

Nicht nur im Bereich des Neyebachs vor der Talsperre, auch in den Teichen unterhalb davon hat die Gülle ihre Spuren hinterlassen. Denn die meterhohe Fontäne im ersten Teich wird von der Talsperre gespeist. Sie wurde abgestellt, nachdem die Güllekatastrophe erkannt wurde. Aber da war schon belastetes Wasser in den Teich gelangt.

Das Wasser in den Teichen ist trüb, auch am Uferbereich der Talsperre ist eine Trübung festzustellen. Wobei nicht auszuschließen ist, dass es sich um Blütenstaub handelt. Verstärktes Algenwachstum zeigt sich im Bach und allen betroffenen Teichen. Um zu beurteilen, wie stark die Schäden seien, müssten aber umfangreiche Untersuchungen erfolgen, da es eine vergleichbare Güllekatastrophe in Deutschland nicht gegeben habe und es keine Erfahrungen mit Folgeschäden gebe. "Das ist ein dankbares Forschungsgebiet für Universitäten", sagt der 53-jährige Förster.

Eine wissenschaftliche Untersuchung könne auch Wege aufzeigen, wie das Nitrat aus dem Wasser und dem Boden geholt werden könne. Zurzeit werde überlegt, die Teiche etwa mit einem Hochdruckschlauch auszuspritzen und den belasteten Schlamm dann zu entsorgen. Eine andere Möglichkeit sei beispielsweise, Schilf anzupflanzen, das besonders viel Nitrat aufnehmen könne.

Um wieder Kleinlebewesen in den toten Neyebach zu bekommen, könne ein alter Graben aktiviert werden, der die beiden Neyearme früher verbunden hat, schlägt Leipzig vor. Er setzt sich dafür ein, Ideen zu sammeln und Machbarkeitsstudien vorzunehmen, wie der gesamte Bereich wieder belebt werden kann und wünscht sich ein breite Unterstützung, nicht nur der Naturschutzverbände. Mögliche Maßnahmen würden natürlich auch Geld kosten.

Kurz nach der Güllekatastrophe hatte Leipzig einen toten Fuchs, später einen toten Reiher gefunden. Bei dem Rundgang stößt er auf einen Bussard, der erst vor kurzer Zeit verendet ist. "Das kann natürlich Zufall sein", sagt der Förster. Aber wirklich glauben kann er nicht, dass das gar nichts mit der Güllekatastrophe zu tun hat. Dafür kennt er sein Revier nach 28 Jahren zu gut.

In dieser Zeit hat er viele Veränderungen beobachtet. So gibt es hier heute deutlich mehr Wildschweine als früher. Gänse haben sich angesiedelt, und Kolkraben und auch Schwarzstörche sind hier wieder heimisch. "Doch wie lange noch?", fragt Leipzig, denn die Frösche und Kröten sind durch die Gülle verendet. "Es wird eine ganze Generation im nächsten Jahr fehlen", ist er überzeugt. Damit fehle auch die Nahrungsgrundlage für Reiher und Störche.

Die Wasseramsel und auch der Eisvogel, vor dem Sterben des Baches noch zu beobachten, haben sich bereits ein anderes Revier gesucht.

(RP)
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