Jürgen Dzuballe "Den Tatort gucke ich mir gerne an"

Radevormwald · Der neue Wachleiter in Wipperfürth über die Arbeit mit Journalisten, den "Tatort" und die Sicherheit in Oberberg.

Jürgen Dzuballe: "Den Tatort gucke ich mir gerne an"
Foto: pixabay

Herr Dzuballe, vermissen Sie denn die Arbeit als Pressesprecher schon? Sie stehen sicherlich seltener in der Zeitung.

JÜRGEN DZUBALLE Das war eine sehr, sehr interessante Zeit, die ich nicht missen möchte. Aber ich habe mir einen Zeitraum von grob zehn Jahren gewählt, um mein Tätigkeitsfeld zu verändern. Die Arbeit der Polizei bietet so vielfältige Aufgaben, dass ich schon manchmal was anderes sehen will. Das heißt natürlich nicht, dass ich schnelle Wechsel mache. Eigentlich war ich überall recht gleichmäßig.

Wie hat es bei Ihnen denn angefangen mit der Polizeiarbeit?

DZUBALLE Erst bin ich fünf Jahre lang Streife gefahren, dann habe ich drei Jahre lang die Fachhochschule besucht. Nach einer Station bei Köln an der Autobahnpolizei wollte ich mal wieder näher an die Heimat. Als ich gut 30 Jahre alt war, das war 1995, bin ich in den Oberbergischen Kreis zurückgekehrt. Bis zu meiner Pensionierung in gut zehn Jahren würde ich gerne hier bleiben.

Fiel es Ihnen leicht, auf den Umgang mit der Presse umzustellen?

DZUBALLE Die Arbeit in der Pressestelle war sehr speziell, nicht sonderlich polizeispezifisch. Man hat mit anderen Leuten zu tun, nicht mit der üblichen Kundschaft. Daran musste ich mich gewöhnen. Dafür habe ich auch Lehrgänge zum Thema Presserecht besucht und das journalistische Schreiben gelernt. Auch das Verhalten vor der Kamera musste ich erstmal in einem Medientraining lernen. Man muss schon ein Händchen dafür haben. Aber der Vorteil ist, dass man mit vielen anderen Leuten zu tun hat und das ganze Spektrum der Polizeiarbeit kennenlernt. Da bekommt man einen sehr guten Einblick in alles.

Haben Sie am Anfang Fehler gemacht?

DZUBALLE Wenn Presse und Polizei aufeinandertreffen, dann birgt das Konfliktpotenzial. Die Journalisten wollen möglichst alles wissen, die Polizisten möglichst wenig sagen. Am Anfang war ich sogar übervorsichtig. Wenn ich abends zuhause war, dann habe ich mich gefragt: Was habe ich da bloß gesagt? War das in Ordnung? Und morgens habe ich zuerst immer die ganzen Beiträge durchgesehen, ob auch ja alles richtig war.

Gibt es Fälle aus den neun Jahren, die Sie geprägt haben?

DZUBALLE Da fallen mir eigentlich drei Sachverhalte ein, die interessant, aber auch sehr belastend waren. Auf einer Feier wurde mal ein Junge verprügelt und der Umgang mit der Anzeige später ist nicht gut gelaufen. Der Junge war jüdisch und die Schläger waren Rechte, das ist durch das ganze Land gegangen, sogar die "taz" in Berlin hat darüber berichtet. Da standen wir heftig in der Kritik. Das hat mich zwei Wochen gekostet, die Aufarbeitung, ich werde das bestimmt nicht vergessen.

Was sind die Fälle zwei und drei?

DZUBALLE 2009 war in Radevormwald ein Bus in die Wupper gestürzt. Fünf Menschen sind damals gestorben. Als ich dort angekommen bin, habe ich überall nur Kameras und Mikrofone gesehen. Am liebsten wäre ich sofort wieder weggefahren, aber das ging natürlich nicht. Das war sehr belastend, an der Stelle Interviews zu geben, wo gerade fünf Menschen ihr Leben verloren haben.

Gab es denn auch etwas Positives in der Zeit?

DZUBALLE Ja, unbedingt. Das war die Gala zum 40. Geburtstag der "Tatort"-Krimis in Köln. Ich war mit unserer Hundeführerin Elke Laegner hingefahren, weil die ARD uns mit dem Polizeihund eingeladen hatte. Der Hund sollte Drogen im Publikum aufspüren. Die meisten "Tatort"-Kommissare waren vertreten, Frank Plasberg moderierte. Wir sind sogar mit denen ins Gespräch gekommen, das war eine Supersache.

Sind Sie etwa "Tatort"-Fan?

DZUBALLE Kein Fan, aber ich gucke mir das gerne an. Meine bevorzugten Teams sind Münster und natürlich Köln. Bei der Gala damals habe ich auch ein Foto mit Jan-Josef Liefers (spielt in Münster Rechtsmediziner Boerne, Anm. d. Red) gemacht.

Können Sie ganz unbefangen solche Krimis sehen? Denken Sie nicht die ganze Zeit, das müsst ihr doch anders machen?

DZUBALLE Eine ähnliche Frage hat mir auf der Gala ein Intendant gestellt. Aber wenn die einfach nur die polizeiliche Realität, den ganz normalen Ablauf einer Mordermittlung, zeigen würden, dann schaltet doch keiner ein.

Was ist bei Ihrem neuen Posten als Wachleiter in Wipperfürth nun anders?

DZUBALLE Die Aufgaben haben sich komplett geändert. Als Erstes habe ich bemerkt, dass das Telefon nicht mehr im Sekundentakt klingelt. Es ist nun nicht mehr dieses Tagesgeschäft, also, Sie wissen ja, es gibt nichts Älteres als die Zeitung von gestern. Jetzt geht es mehr um strategische Dinge, um Controlling. Der Laden muss laufen, die Kollegen sollen zufrieden sein. Das ist nun meine Aufgabe.

Wenn es wie jetzt im Herbst abends früher dunkel wird, gilt das als Hochsaison für Einbrecher. Wie ist die Situation in Rade und Hückeswagen?

DZUBALLE Mit ganz wenigen Ausnahmen ist die Einbruchssituation eher ruhig. Wir zählen zu den sichersten Kreisen in ganz Nordrhein-Westfalen. Die Einbrüche passieren an Orten, die schnell zu erreichen sind, also an Bundesstraßen oder der Autobahn liegen. Das ist hier nicht gegeben, die Wohngebiete liegen weit von der Autobahn weg. Das merkt man an den Zahlen. Wenn allerdings dann doch mal jemand einbricht, dann reagiert die Bevölkerung hier deutlich sensibler, und die Nachbarschaft weiß schnell über alles Bescheid.

Gibt es denn Kriminalitätsschwerpunkte?

DZUBALLE In Radevormwald hatten wir Probleme mit den Rechten. Die Lage hat sich zwar noch nicht vollständig, aber zum größten Teil beruhigt. Wir sind aber natürlich noch ganz sensibel und prüfen Zusammenhänge in dem Bereich. Wenn es überall so gut wäre wie in Hückeswagen, dann wäre ich sehr zufrieden. Natürlich geschehen aber auch dort Straftaten. Das lässt sich ja nirgendwo verhindern.

Zuletzt hat es zwei tödliche Unfälle in Hückeswagen gegeben. Beobachten Sie die Stelle?

DZUBALLE Vor allem die Straßen außerorts sind unsere Probleme. Die Direktion Verkehr ist dafür zuständig und kontrolliert dort regelmäßig die Geschwindigkeit und zeigt Präsenz. Auf diesen Straßen haben wir die meisten Unfälle. Das ist sowieso im Fokus.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE HENNING RASCHE.

(RP)
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