Politik in Radevormwald Debatte über Steuererhöhungen entbrannt

Radevormwald · CDU und UWG reagieren auf den Offenen Brief von 21 Radevormwalder Unternehmern, die sich über den Ratsbeschluss beschweren. Beide versichern, dass sie die Interessen der Wirtschaft durchaus ernst nehmen.

 In Zeiten der Corona-Pandemie machen sich viele Unternehmen Sorgen um Geschäft und Umsatz. Deshalb haben sich in einem Offenen Brief Unternehmerinnen und Unternehmer kritisch zu den im März beschlossenen Erhöhungen der Gewerbe- und Grundsteuergeäußert.

In Zeiten der Corona-Pandemie machen sich viele Unternehmen Sorgen um Geschäft und Umsatz. Deshalb haben sich in einem Offenen Brief Unternehmerinnen und Unternehmer kritisch zu den im März beschlossenen Erhöhungen der Gewerbe- und Grundsteuergeäußert.

Foto: dpa/Lino Mirgeler

Nach der Veröffentlichung eines Offenen Briefes von 21 Unternehmerinnen und Unternehmern aus Radevormwald, in dem die Entscheidung zur Anhebung von Gewerbesteuer und Grundsteuer B deutlich kritisiert werden, haben sich zwei Fraktionen, die in der Ratssitzung am 9. März für diese Erhöhungen gestimmt hatten, nun reagiert.

So versichern der Fraktionsvorsitzende Dietmar Busch, Bürgermeisterkandidat Jürgen Fischer und Stadtverbandsvorsitzender Gerd Uellenberg, dass man die Nöte und Sorgen der Unternehmen in der Stadt sehr ernst nehme, besonders in der aktuellen Corona-Pandemie. „Wir haben als CDU Radevormwald schon früh einen Handlungsbedarf erkannt und hier auf eine politische Umsetzung gedrängt. Bereits zu Beginn der Corona-Krise haben wir angeregt, eine Möglichkeit für die Unternehmen zu schaffen bereits in 2020 Stundung beziehungsweise die vorläufige Aussetzung der Gewebesteuer zu beantragen.“

Die nun im Rat beschlossene Steuererhöhungen seien notwendig für die Haushaltskonsolidierung, die im Jahr 2022 abgeschlossen sein soll. Die Erhöhungen werden erst 2021 zum Tragen kommen. Die Christdemokraten verweisen darauf, dass „der von SPD, Grüne und AL getragene Bürgermeister in seinem ursprünglichen Entwurf zum Haushalt eine drastischere Erhöhung der Gewerbesteuer“ vorgeschlagen hat, welche die CDU abgelehnt habe. Die wiederum von SPD, Grünen und Alternative Liste vorgeschlagene Lösung einer generellen Ein-Prozent-Kürzung sei „schlichtweg nicht umsetzbar“. Dass diese drei Fraktionen dem Haushaltsentwurf des Bürgermeisters nicht zugestimmt hätten, sei zudem fragwürdig.

Die CDU stehe für solide Finanzpolitik und habe sich intensiv mit der Entwicklung beschäftigt: „Wir haben Sparpotenziale vorgestellt, sodass die Erhöhung deutlich geringer ausgefallen ist, als ursprünglich vom Bürgermeister vorgeschlagen. Zudem haben wir betont, dass wir einer Steuererhöhung nur zustimmen, um die Handlungsfähigkeit der Stadt beizubehalten. Weiterhin ist unsere Forderung klar: Senkung der Steuersätze nach erfolgreicher Haushaltkonsolidierung.“

Deutliche Kritik an der Allianz aus SPD, Grünen und AL äußert auch die Fraktion der Unabhängigen Wählergemeinschaft (UWG). Deren Vorschlag einer „globalen Minderung“ sei schon im März schon falsch gewesen und werde durch die neue Situation nicht besser: „Eine einprozentige Einsparung in allen Haushaltsbereichen ist schon wegen der vielen Pflichtaufgaben der Stadt nicht möglich. Somit müssten zur Erreichung des haushaltswirksamen Effekts Einsparungen bei den freiwilligen Leistungen geschehen.“

Das bedeute im Klartext ein Kürzen bei Kultur, Alten- und Behindertenhilfen, Sport- und Freizeitangeboten. „Also vieles, was unsere Stadt für unsere Bürger, auch die Mitarbeiter unserer Unternehmen, lebens- und liebenswert macht“, geben die UWG-Mitglieder zu bedenken.

Allerdings räumt die UWG ein, dass die Corona-Pandemie die Situation verändert habe: „Der bisherige Ratsbeschluss muss sicher neu durchdacht werden, auch wenn die Auswirkungen erst 2021 zum Tragen kommen.“ Um die Unternehmen nicht zu gefährden, habe die UWG auch schon Lösungsansätze: „Zum einen sollte die Landesregierung prüfen, ob das Haushaltssicherungskonzept um mindestens zwei Jahre verlängert werden kann. Darüber hinaus brauchen wir verlässliche Angaben, mit welchen Mitteln unsere Stadt aus dem Kommunalen Sozialpakt 2020 rechnen kann.

„Diese Steuererhöhung ist wirklich kontraproduktiv“, erklärt die FDP-Fraktionsvorsitzende .Annette Pizzato. „Unternehmern brechen Aufträge und Einnahmen weg, viele kämpfen ums Überleben.“ Viele Arbeitnehmer bangen um ihre Arbeitsplätze oder müssen Einkommenseinbußen, zum Beispiel durch Kurzarbeit, in Kauf nehmen. Dennoch sollen diese für die Finanzlücken im städtischen Haushalt bezahlen, die Unternehmer, indem sie direkt erhöhte Gewerbe- und Grundsteuern zahlen, die Bürger, indem sie die höhere Grundsteuer über die Mietnebenkosten zahlen. „Dabei könnte man den Haushalt auch durch Einsparungen sanieren“, meint Pizzato. „Ich spreche ausdrücklich nicht von der Bücherei oder ähnlichen Einrichtungen. Aber muss man auf jeden Förderzug aufspringen? Kann man einige Projekte nicht verschieben?“

Auch Thomas Lorenz, Bürgermeisterkandidat der Radevormwalder Unabhängigen Alternative (RUA), hat sich zum Offenen Brief der Unternehmer geäußert. Er warnt vor einem „ideologischen Verteilungskampf“, ob Bürger oder Unternehmen die Zeche zahlen. Man müsse neue Wege beschreiten, „dabei kann es nicht um ,Lagerdenken’ zwischen Unternehmern und Bürgern oder zwischen Parteien gehen, sondern nur um Möglichkeiten miteinander faire, ethisch vertretbare, und ausgleichende ,Win-Win-Lösungen’ zu finden.“

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