Politik in Radevormwald Das Rats-TV kommt nun doch nicht
Radevormwald · Mit hauchdünner Mehrheit bei einer geheimen Abstimmung hat sich der Stadtrat in seiner Sitzung am Dienstag gegen das Streamen von Ratssitzungen ausgesprochen. Nur mit einer Stimme Mehrheit wurden die Pläne gekippt.
Die Idee, die politischen Diskussionen im Stadtrat zu streamen, also über Videoaufzeichnung im Internet bereitzustellen, so dass Bürger die Sitzung entweder live von zu Hause aus mitverfolgen oder gar zu einem späteren Zeitpunkt sehen können, ist nicht neu. In vielen anderen Kommunen, wie Leverkusen, Langenfeld und Monheim, Bochum und Witten oder aber auch in unmittelbarer Nähe, etwa in Wuppertal und Solingen gehört das Rats-TV mittlerweile zum Standard.
Auch Radevormwald, so der Vorschlag der UWG-Fraktion, sollte politisch interessierten Menschen, die aus Zeitgründen oder wegen eines Handicaps nicht als Zuschauer den Sitzungen im Bürgerhaus beiwohnen können, diese Möglichkeit bieten. Jede Fraktion ging in Klausur, informierte sich über Erfahrungen in anderen Kommunen, besuchte einen eigens dafür ausgerichteten Workshop der Stadt und diskutierte – jeder für sich – das Für und Wider eins Radevormwalder RatsTV. Grundsätzlich, so die Aussage der Verwaltung, sei mit einer gewissen Investition die technische Einrichtung eines Rats-TV möglich. Doch eine unverbindliche Umfrage unter den Ratsmitgliedern zeigte auf, dass nicht jeder der gewählten Vertreter bereit ist, sich während einer Sitzung filmen zu lassen. Eine Grundsatzentscheidung in der jüngsten Ratssitzung sollte daher Klarheit über das weitere Vorgehen der Verwaltung bringen.
Dejan Vujinovic (CDU) teilte mit, dass das Thema in seiner Fraktion „sehr intensiv“ beraten wurde, Erfahrungen aus anderen Kommunen eingeholt wurden, man sich über Datenschutz und Technik informiert habe. Fraglich sei die Kosten-Nutzen-Rechnung. Die Anschaffung der benötigten Kameras und die Bereitstellung der aufgezeichneten Inhalte seien mit erheblichen Kosten verbunden. Deutlich schwerer wog aber die persönliche Einstellung der Fraktionsmitglieder. Eine gemeinsame Entscheidung schien nicht möglich. „Die Persönlichkeitsrechte und das Recht am eigenen Bild sind unser höchstes Gut. Deswegen sollte jedes Ratsmitglied für sich entscheiden können. Wir beantragen daher eine geheime Wahl“, sagte Vujinovic.
Teilhabe und Integration, so begründete Vorsitzender Bernd-Eric Hoffmann die Entscheidung seiner UWG-Fraktion, für das Streaming, überwiege für sie bei allen anderen technischen, finanziellen und rechtlichen Fragen. Ein zusätzlicher Effekt könnte sein, dass durch diese Art der Öffnung der Ratssitzungen, auch Attraktivität und Interesse an der Kommunalpolitik gesteigert werden könnte, brachte Rolf Ebbinghaus (AL) bei seinem Plädoyer für das Rats-TV ein.
Die Grünen, verkündete Elisabeth Pech-Büttner, hätten sich schon immer dafür ausgesprochen. „Es ist wichtig, dass die Bürger sehen können, was hier passiert. Eine Speicherung der Aufzeichnung halten wir ebenfalls für sinnvoll.“ So können sich Bürger die Sitzung auch im Nachgang noch anschauen.
Der Fraktionschef der Sozialdemokraten, Dietmar Stark, kündigte an: „Die SPD-Fraktion wird sich einstimmig für das Streaming aussprechen.“ Er sei froh über die Grundsatzentscheidung und dankbar, dass die UWG-Fraktion eine alte SPD-Idee jetzt wieder aufgegriffen hätte. Damals habe es zu viele Schwierigkeiten und Probleme bei der Umsetzung eines solchen Angebots gegeben. „Ich bin verwundert, dass sich hier einige Sorgen über ihre Persönlichkeitsrechte machen“, teilte er dann mit. „Soweit ich weiß, hat sich jedes Ratsmitglied hier um ein öffentliches Amt beworben und hatte während des Wahlkampfs auch kein Problem damit, öffentlich auf Wahlplakaten zu sehen zu sein.“
Trotz dieser vielen positiven Aussagen scheiterte bei der geheimen Abstimmung das Vorhaben. Jedes Ratsmitglied ging einzeln an die Wahlurne. Bei 47 Anwesenden stimmten 23 für und 24 gegen das Streaming der Ratssitzungen – damit ist das Projekt eines Rats-TV in der Bergstadt fürs erste von der Tagesordnung.